Achern 1914 Januar- Juli

Wochenschau Achern 1914 - erlesen und recherchiert aus dem Acher- und Bühler Boten Januar-Juni


 Kalenderwoche 01
 

 „Alles hat ein Ende, auch unsere Geduld! Jener Postillon hat gesagt, warm muss ich werden! Man nenne uns, was man will. Folgendes muss in die Öffentlichkeit: Erstens trägt dieser Tage der Postbote F. die durch die Post versandten Programme zur Unterhaltung des Gesangsvereins Frohsinn aus und lädt dazu noch mit folgenden Worten ein: Da gehen sie nur hin, da wird schön. Das andere Spiel (gemeint ist das vom Kirchenchor) war ja nur für die Bettschwestern! Da empfiehlt er nix. 
Alle Mitspieler und Zuschauer der Kirchenveranstaltung verbitten sich entschieden diese Ungezogenheiten eines Postbeamten. Wir fragen: Will der obige Postbeamte in Zukunft nur die Geschäfte der Post oder auch noch im Nebenamte Hetzgeschäfte besorgen? Wenn ja, dann können wir ihm bei seiner Behörde mit Verschiedenem aus der Vergangenheit dienen, und wir werden uns gestatten, weiterhin ein scharfes Auge auf ihn zu haben.“ 
 „In hiesiger Gemeinde Urloffen kamen letztes Jahr vor: 73 Taufen (acht weitere im Jahr 1913 geborene Kinder wurden erst im neuen Jahr getauft), zehn Trauungen und 52 Beerdigungen. Urloffen hätte demnach 24 Geburten mehr als Sterbefälle. Unter den Geburten sind 15 Knaben mehr als Mädchen, wie hier in den meisten Jahrgängen die Zahl der Knaben die der Mädchen überwiegt. Die Folge davon ist, dass im heiratsfähigen Alter Mädchen fehlen, der Altersunterschied zwischen Bräutigam und Braut gewöhnlich ein beträchtlicher ist und die Mädchen meistens sehr jung heiraten.“
 

„In einer der letzten Nächte wurde in der Kirche Ottenau bei Gernsbach eingebrochen. Dem Dieb gelang es, die mit den neuesten Schlössern versehenen Türen zu öffnen. Er erbrach den Opferstock, wobei ihm ungefähr zehn Mark in die Hände fielen. Die Messgegenstände blieben unversehrt. In derselben Nacht wurde noch an mehreren Orten eingebrochen, so auch in der Kirche in Hörtzen und in der Güterhalle Gernsbach. Anscheinend handelt sich es sich um eine Diebesbande.“ (Autorin: Hannelore Deya)
 
 
Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 02


 „Der Tod hat wieder einen unserer Veteranen eingeholt zur großen Armee, den 72 Jahre alten Maurer Franz Xaver Hils, gebürtig von Seebach, seit 1871 wohnhaft in Glashütte, Gemeinde Lauf. Der Verstorbene hat als Fahrkanonier den Feldzug anno 1866 mitgemacht und ebenso den siebziger Krieg, wo er fünf Wochen lang vor dem belagerten Straßburg und vorher besonders in der Schlacht bei Wörth fürs Vaterland focht. Er bekam, seit einigen Jahren leidend, die Veteranenunterstützung und war ein fleißiger braver Mann. Möge er in Frieden ruhen!“ 
 

 „Gestern Nachmittag tagte zum ersten Mal der neue Vorstand der Allgemeinen Ortskrankenkasse für den Amtsbezirk Achern im Kassenlokal. Zweck der Versammlung war in erster Linie die Neuwahlen vorzunehmen. In Anbetracht der großen Verdienste um die Ortskrankenkasse Achern wurde der bisherige Vorsitzende derselben, Herr Privatier Jakob, einstimmig als solcher für die Kasse gewählt. Als Stellvertreter desselben wurde ebenfalls einstimmig Herr Betriebsleiter Köfer gewählt. Die Herren danken für die Ehrung und gaben das Versprechen, der Kasse ihre vollen Kräfte zuwidmen. Nach dreistündiger ernster Tagung konnte die erste Sitzung geschlossen werden.“
 

 „Der Winter hat zum zweiten Mal seinen Einzug gehalten. In der Nacht vom Sonnabend auf Sonntag ist sowohl in der Ebene wie im Schwarzwald erneut starker Schneefall eingetreten. Zurzeit haben wir eine Winterlandschaft mit Schneebahnen, die kaum schöner sein kann. Die letzt verflossene helle Mondnacht hat ein Winterkleid in ihrer Schönheit gebracht.“
 

 „Das Preiskegeln, das schon seit Wochen hier im Ratskellerkeller stattgefunden, wurde gestern zum Abschluss gebracht. In die acht Gewinne teilen sich nur drei Kegler und zwar erhielten: Schneidermeister Otto Ochs den ersten und dritten Preis; Fotograf J. Renn den zweiten, vierten, fünften und achten Preis; Metzgermeister Römer den sechsten Preis. Die drei erste Preise waren: ein Fahrrad, eine goldene Herrenuhr und ein Regulateur.“ (Autorin: Hannelore Deya)
 
Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 03

 

 „Notiz für Schlittschuhläufer. Eine Minute von unserer Eisenbahnstation Oensbach entfernt befindet sich wirklich eine ca. 10-12 ha große, prächtige, spiegelglatte Schlittschuhbahn, worauf wir Freunde dieses schönen Wintersports aufmerksam machen.“
 

 „Das an der Hauptstraße gegenüber dem Leopoldsdenkmal gelegene Anwesen der Frau Blechnermeister Allgeier, Witwe, ging in der gestern stattgefundenen Zwangsversteigerung zum Preise von Mark 16.100 in den Besitz des Herrn Kaufmann und Krankenkassenrechner David Alldecker über. Der geringe Kaufpreis zeigt, dass der Häuserwert in unserer Stadt zurzeit ein recht niedriger genannt werden muss. Vor Jahren wurde für das Allgeiersche Haus weit mehr als die doppelte Summe des gestern erzielten Preises geboten, ohne dass ein Verkauf zustande kam. Der schleppende Geschäftsgang, hoher Zinsfuß etc. dürften Hauptursachen des bedauerlichen Rückgangs der Immobilienwerte sein.“
 

 „Die hiesige Gemeindeverwaltung Oberachern kaufte die beiden Grundstücke links der Landstraße Achern-Oberachern, oberhalb der Pappelallee. Um die Bautätigkeit zu fördern, werden dieselben zu Bauplätzen zusammengelegt und sollen im Selbstkostenpreis wieder abgesetzt werden, mit der Bedingung, dass die Plätze innerhalb zwei Jahren bebaut werden müssen. Das Vorgehen der Gemeinde ist zu begrüßen, da auf diese Weise der Gemeinde dauernde Einnahmenquellen geschaffen werden, ohne die Gemeindekasse zu belasten. Derartige Förderung der Bautätigkeit hat sich an anderen Orten, wie erinnern an einzelnen Gemeinden an der Bergstraße, sehr gut bewährt und dürfte auch für sonstige Gemeinden zur Nachahmung empfohlen werden.
 

 „Das hiesige Amtsgefängnis Achern, im Volksmund Hotel Hammel genannt, ist zurzeit derart überfüllt, dass neue Pensionäre nicht mehr aufgenommen werden können und einige Kunden bereits auswärtig einlogiert werden mussten. Von dem sonst anderwärts beklagten lauen Geschäftsgang ist hier nichts bemerkbar.“ (Autorin: Hannelore Deya)
 
 
Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 04

 

 „Im Alter von 54 Jahren starb gestern in Achern nach längerer Krankheit Herr Josef Koelfer, Branntweinbrennerei in der Eisenbahnstraße 34. Er war ein geborener Lothringer und hatte zahlreiche Abnehmer seiner Produkte in Frankreich, insbesondere in der Stadt Paris. Die Beerdigung des Verstorbenen findet Mittwochnachmittag 8 Uhr statt.“
 

 „Ein seltenes Jubiläum konnte in diesen Tagen der Stuhlmacher Friedrich Kropp in Achern begehen. 45 Jahre ist der Herr Kropp nunmehr ununterbrochen in der Stuhlfabrik von Josef Hoffmann als tüchtiger und leistungsfähiger Arbeiter tätig. Der Jubilar hat so ein Leben harter Arbeit hinter sich, aber diese Arbeit ist ihm nicht zur Last gewesen, er hat sie auf sich genommen im Vertrauen auf Gott und war bestrebt seine Pflicht, die er in seiner Arbeit erkannt, nach Möglichkeit zu erfüllen und ihr gerecht zu werden.“
 

 „Der Verein Gabelsberger Stenografen in Achern hielt am 20. des Monats seine Jahreshauptversammlung ab. Seine Mitglieder konnten beim letztjährigen Verbandswettbewerbschreiben in Rastatt Preise mit nachhause nehmen: Es wurden errungen: mit 160 Silben zwei erste Preise mit Ehrenpreisen dazu, bei 140 Silben 2 erste Preise mit ihren Ehrenpreisen, bei 100 Silben ein erster Preis mit Ehrenpreis und bei 80 Silben zwei Preise von zwei Anfängern. Die Neuwahl des Vorstandes ergab: Vorsitzender Herr Zizlewagen, Kassierer Herr Elison, Schriftführer Herr Dr. Schmidt-Sasbach und Schriftführerin Fräulein Olga Schindler. Möge der Verein auch in diesem Jahr weitere schöne Erfolge erzielen. An alle jungen Leute, die sich für Stenografie interessieren, ergeht die Bitte, sich dem obigen Verein anzuschließen, wo Sie Gelegenheit finden.
 

 „Das Haus des Verstorbenen Blechnermeisters Allgeier in Achern, dass bei der vor wenigen Tagen stattgefunden Versteigerung von Herrn Kaufmann Allbekker erworben wurde, ging nun durch abermaligen Verkauf in den Besitz des Herrn Blechnermeisters Knopf hier über. Herr Knopf wird sein Geschäft in das Anwesen verlegen.“ (Autorin: Hannelore Deya)
 
 
Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 06
 

 Februar

 „Herrn Hilfsarzt Dr. Pfunder, dahier wurde eine etatmäßige Arztstelle an der Anstalt Illenau übertragen. Eine eben solche Stelle wurde den Arzt Dr. Weißenborn der Heil- und Pflegeanstalt Emmendingen übertragen. - In Bruchsal ist letzten Sonntag im Alter von 58 Jahren Herr Bezirksarzt Medizinalrat Herr Edmund Kamm gestorben, derselbe war ein Sohn des einzigen hiesigen Bezirksarztes Kamm. - Herr Postassistent Karl Rückgriffs in Karlsruhe Uhr wurde das Achern versetzt. - Der Stadtpfarrer Dr. Huck wurde zum erzbischöflichen Schulinspektor ernannt.“ 
 

 „Mit der Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr für unsere Gemeinde Waldum soll es jetzt ernst werden. Nächsten Sonntagnachmittag 15.00 Uhr findet im Gasthaus zum Kreuz dahier eine allgemeine Versammlung statt, in welcher Zweck und Ziele der Feuerwehr im Allgemeinen und für Waldum besprochen werden sollen. Die Behörden, die Bürgerschaft und alle sonstigen Interessenten sind zu dieser Versammlung freundlich eingeladen. Der Architekt Schnur aus Achern, Kommandeur der dortigen Feuerwehr, hat bereits in freundlicherweise seine Mitwirkung bei der Gründung einer Feuerwehr zugesagt. Derselbe hat zugesagt nächsten Sonntag das Referat in der Versammlung zu übernehmen. Mögen diesem Beispiel recht viele Folgen und die Bürgerversammlung am Sonntag sich eines zahlreichen Besuchs erfreuen. Dem Nächsten zur Wehr, und Gott zur Ehr.“
 
 „Die Severinsche Glasfabrik wird im Laufe dieses Jahres durch Erstellung eines weiteren Ofens eine bedeutende bauliche Erweiterung finden wird. Die Fabrik, die bisher nur zu Versuchszwecken und zum Ausbau der Severinschen Flaschen-Patente diente und Eigentum einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung war, ist jetzt in den alleinigen Besitz des Herrn Heinrich Severin übergegangen. Herr Severin will die Fabrik nunmehr zur Fabrikation von Flaschen einrichten. Dadurch erhält die Stadt Achern ein weiteres bedeutendes, industrielles Unternehmen, das einer größeren Anzahl Arbeitern lohnenden Verdienst bringen wird. Auch im Interesse der Bauhandwerker ist die Erweiterung der Fabrik zu begrüßen. Doch einige Tage später folgte das Dementi durch Herrn Severin selbst in der Zeitung, der um Richtigstellung des Artikels bat. Tatsächlich handelte es sich weiterhin nur um „Experimente“ und um keine Betriebserweiterung, noch um Schaffung von Arbeitsplätzen etc. (Autorin: Hannelore Deya)
 

Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 07

 

 „In dem Gebäude der früheren Brauerei Koch hat sich ein neuer Betrieb aufgetan. Herr Lenz, früher in Ettlingen, betreibt darin die Fabrikation von Hefe, deren Absatzgebiet in der kurzen Zeit ihres Bestehens schon ein recht ausgedehntes geworden ist. Verschiedene Bäckerinnungen des Landes haben bereits den Bezug dieser erstklassigen Qualität an Hefe beschlossen. Auch dieses in Unternehmen ist eine wertvolle Bereicherung der blühenden Industrie unserer Stadt. Herr Bauunternehmer Knapp dahier hat die in der Allerheiligenstraße, zwischen der Villa des Herrn Zimmermeister Meyer und jener des Herrn Maste gelegene Bauplätze häuslich erworben. Herr Knapp wird vorerst im Laufe des Frühjahrs zwei neue Häuser erstellen. Mit diesen Bauten wird die Allerheiligenstraße auf der linken Seite bis zur Oberacherner Gemarkungsgrenze ganz ausgebaut.“
 

 „Es ist wieder Zeit in Oberachern, die Beiträge für den Borromäusverein zu bezahlen. Die hiesige Bibliothek zählt über 500 Bände. Wie zeitgemäß solche Büchereien sind, zeigt die rege Teilnahme. Im Jahre 1913 wurden über 1100 Bücher ausgeliehen.“
 
 „Am letzten Sonntag hatte auch der hiesige katholische Arbeiterverein seine Generalversammlung. Dieselbe war von zwei Dritteln der Mitglieder besucht. Die Zahl beträgt 94. Die Kassenberichte zeigten günstige Ergebnisse. Die Kasse hat einen Überschuss von 124 Mark, obschon bei einem Monatsbeitrag von nur 0,29 Mark 60 Pfennig Krankengeld bezahlt wird. Die Sterbekasse hatte gar keine Ausgaben. Durch die Einkaufskasse wurden für etwas über 2100 Mark Waren (Kohlen und Kartoffeln) bezogen und den Mitgliedern ein Gewinn von etwa 500 Mark verschafft. Die vom Vorstand ausscheidenden Mitglieder wurden alle wieder gewählt. Manch interessante Anregungen ergingen noch von den Mitgliedern. Die gute Sache der Arbeitervereine verdient eigentlich eine viel zahlreichere Beteiligung von Seiten der Arbeiter. (Autorin: Hannelore Deya)
 

Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 08

 

 „Ein Unglückstag für unsere Gemeinde Urloffen war der letzte Freitag. Am Morgen wurde der hiesige verheiratete Xaver König, Vorarbeiter in dem Sägewerk Appenweier, von einem Stamm so unglücklich auf den Hinterkopf getroffen, dass er auf der Stelle verschied. Sodann fiel Landwirt Xaver Ochs so unglücklich von der Leiter in der Scheune, dass er eine schwere Verletzung des einen Fußes erlitt und endlich hackte sich ein Bursche beim Holzhacken einen Finger ab. Wie schnell ist doch ein großes Unglück geschehen. Den Betroffenen wendet sich allgemeine Teilnahme zu, insbesondere der Witwe und den Kindern des zu rasch hinweggerafften Xaver König. Die überaus große Beteiligung an seinem heutigen Leichenbegräbnis bezeugt dies. Gott tröste die trauernden Hinterbliebenen und lindere den Verletzten ihre Schmerzen.“
 
 „Schnell wurden in Achern wieder die Zigarrenanzünder, Streichhölzer, Kerzen oder Petroleumlampen hervorgeholt, um notdürftig Wohnung und Geschäftslokale zu erhellen. Anfänglich glaubte man nur an eine momentane Störung, aber das erwartete Licht erschien vorerst nicht wieder. Auf der Straße, wo infolge Fehlen des Mondes ägyptische Finsternis herrschte, war der Verkehr fast unmöglich. Doch nach einer halben Stunde setzte glücklicherweise das Straßenlicht wieder ein, nicht aber das in den Häusern. Erst nach anderthalbstündigem Warten, etwa halb 11.00 Uhr, trat auch hier die Beleuchtung in den Häusern wieder in Tätigkeit. Wie uns die Direktion des Elektrizitätswerkes mitteilt, wurde die Störung hervorgerufen durch das Durchschlagen eines Endverschlusses. Seit der Brandkatastrophe im Dezember 1911 sind derartige Lichtstörungen, von denen man vorher hier nichts wusste, leider wiederholt vorgekommen. Es ist zu hoffen und sehr zu wünschen, dass mit der endgültigen Vollendung des Neu- und Umbaus des Werks auch diese unliebsamen Störungen ein Ende nehmen möchten. (Autorin: Hannelore Deya)
 

Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 09

 

 „Ein bedauerlicher Unfall ist am gestrigen Tage einem hiesigen Fuhrmann bzw. einem seiner Pferde zugestoßen. Derselbe hatte zu einer Fuhre ein Pferd des Bierbrauers Solana gemietet. In der Nähe von Sasbachried ging das Pferd durch, in einen Augenblick, da es vom Wagen befreit war, und lief bis Achern und von dort bis zum Güterbahnhof. Hier kann das Pferd auf einem Neben- bzw. Anschlussgleis zu Fall und brach eines seiner Hinterbeine. Das Pferd musste getötet werden, wodurch dem Betroffenen ein bedeutender Schaden erwächst.
 

 „Eine Trauernachricht durchlief gestern in den Abendstunden unsere Stadt, die in den weitesten Kreisen herzliche Teilnahme findet. Nach ganz kurzer Krankheit starb unser früherer Apotheker und jetzige Privatmann Joseph Weingart im Alter von 63 Jahren. Er war auch Apotheker in Renchen und Durmersheim. Vor ca. 15 Jahren ist derselbe in unsere Stadt gezogen und hat sich an der Saßbacherstraße ein Haus erbaut, mit anschließendem schönen Obstgarten, den zu pflegen dem Manne eine Erholung und Freude war. Mit Herrn Privatier Weingart verliert unsere Stadt einen hoch geachteten Bürger und Mitbewohner. (Autorin: Hannelore Deya)
 

Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 10

 

März

 „Hier in Oensbach wurde am Dienstagabend im Gasthaus zum Adler beschlossen einen neuen Verein ins Leben zu rufen und zwar einen Junggesellenverein. Die endgültige Gründung findet nächsten Samstagabend im Adler statt. Der provisorische Vorstand lädt alle Junggesellen hierzu ein. Wir sind überzeugt, die Oensbacher Fräulein werden Mittel und Wege finden und Gegenmaßregeln zu treffen wissen, um die finsteren Pläne der dortigen Junggesellen durchkreuzen zu können.“ 
 

 „Der Bürgerausschuss von Oberachern hat in seiner gestrigen Sitzung den Gemeindevoranschlag für 1914 genehmigt, wonach die Umlage um einen Pfennig herunter geht, nämlich 34 statt 35 Pfennig. Ein günstiges Zeichen für die wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde Oberachern. Wie lange braucht ein Postpaket, um von Achern noch Oberachern zukommen. Antwort, drei Tage. Wird es am Samstag zum Abend aufgegeben, so bleibt es am Sonntag liegen, und kommt erst Montag früh an seine Adresse. So geschehen im Jahrhundert des Schnellverkehrs.“
 

 „Über die verheerenden Nachtfröste im Frühjahr vorigen Jahres an den Frühobstbäumen (Aprikosen, Pfirsiche, Frühzwetschen und frühblühendem Kernobst) bringt der Bericht der Kreisverwaltung Baden interessante Angaben. Der gesamte erzielte Obstertrag des Jahres 1913 überstieg zwar den des Jahres 1912 um rund 20000 Zentner, er kann jedoch kaum als der 5. Teil einer zu erwartenden Ernte angesehen werden. Die Erdbeerernte ist dagegen sehr gut gewesen und hat dazu beigetragen, den Ausfall weniger fühlbar zu machen. Wieder ein Unglücksfall ereignete sich in der Woche, aber diesmal in Oberwasser: „In der hiesigen Sägemühle verunglückte ein dort beschäftigte Sieger und brach sich das Bein. Hoffentlich nimmt die Heilung einen guten Verlauf und lässt keine weiteren Nachteile für den Mann erwarten.“ (Autorin: Hannelore Deya)
 

Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 11

 

 „In der letzten Sonntag im Gasthaus zum Ochsen stattgefundenen Generalversammlung des Gesangsvereins Sängerbund wurde der bisherige verdiente Vorsitzende des Vereins, Herr Zimmermeister Franz Meyer, wiederum einstimmig als solcher gewählt. Zum Dirigenten wählte der Verein Herrn Diplomingenieur Adolf Prestel aus Baden-Baden. Herr Prestel hatte den Verein schon früher einige Zeit geleitet und ihn zu großer Blüte gebracht. Der Verein dürfte auch jetzt wieder unter seiner Leitung eine erfolgreiche Weiterentwicklung finden. 
Mit Genugtuung darf es für die hiesige Stadt, insbesondere für die Obstzüchter begrüßt werden, dass die Stadtgemeinde demnächst eine neue Holderer-Baumspitze mit Hochdruck erhält und solche den Obstzüchtern zum Gebrauch überlässt.“ 
 

 „Hier starb dieser Tage Herr Geheimer Rechnungsbetrag Paul Klose. Derselbe war im Jahr 1847 in Trzametzno (Posen) geboren. Er machte den Feldzug von 1870/71 mit, in welchem er in der Schlacht bei Gravelotte schwer verwundet und mit dem Eisernen Kreuz erster Klasse ausgezeichnet wurde. Nach seiner Wiederherstellung trat er 1872 in die Elsass-Lothringische Steuerverwaltung ein. Wegen Erkrankung suchte 1910 um seine Versetzung in den Ruhestand ein. Nach einiger Zeit verschlimmerte sich sein Zustand, so dass er in der Heilanstalt Illenau Linderung suchen musste.“ 
 

 „Das Portierhäuschen der früheren Tonwarenfabrik Achern in der Eisenbahnstraße, dass bei deren Abbruch vorerst erhalten blieb, hat nun auch dem Zahn der Zeit seinen Tribut zollen müssen. Vor kurzer Zeit wurde das Haus, in den sich der Hausschwamm gezogen hat, zum Abbruch versteigert und ist nun in den letzten Tagen niedergelegt worden. Der geräumige Platz liegt es ganz leer und harrt der Neubebauung, möchten sich recht bald Unternehmer finden, die den in der Nähe der Bahn günstig gelegenen Platz zu verwerten wissen. Mit dem verschwundenen Portierhäuschen konnte, in dem einst die große Wage der früheren Cichorienfabrik untergebracht war, verschwindet ein Haus, das klein von Ansehen, aber für die Landwirtschaft betreibende Bevölkerung des Bezirks seiner Zeit von nicht unterschätzender Bedeutung war. (Autorin: Hannelore Deya)
 
Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 12

 

„Dieser Tage machte Herr Friedrich Burkard aus Oberachern, Küfer dahier, in Karlsruhe die Meisterprüfung mit gutem Erfolg. Dem jungen Meister als Mitinhaber des vor kurzer Zeit neu errichteten Küfer- und Küblergeschäfts so die beste Gratulation. Wir wünschen dem angehenden Küfermeister, sowie dessen Bruder, der im vorigen Jahr in München Meisterprüfung mit Auszeichnung bestanden hat, im neuen Unternehmen den günstigsten Erfolg.
 

 „Unter zahlreicher Beteiligung von hier und seitens seiner Kollegen von auswärts wurden heute in Unzhurst früh die sterblichen Überreste unseres sehr verdienten Ratsschreibers Dionis Hauntz zu Grabe getragen. Der Verblichene war 42 Jahre lang Ratsschreiber und war in Gemeindesachen ein sehr sachkundiger und erfahrender Mann. Vor Jahren wurde Hauntz mit der silbernen Verdienstmedaille ausgezeichnet. Bürgermeister Knab legte in Anerkennung seiner Verdienste namens der Gemeinde einen Kranz am Grab nieder. Möge der Verstorbene in Frieden ruhen.“
 

 „Das an der Fautenbacherstraße in Achern gelegene stattliche Gebäude der früheren Brauerei Koch, ging vor einigen Monaten in das Eigentum des Herrn Leinz, früher in Ettlingen, über. Der neue Besitzer hat in dem Anwesen nun die Fabrikation von Presshefe aufgenommen. Einer freundlichen Einladung des Herrn Fabrikanten folgend, hatten wir gestern Gelegenheit, die Einrichtung der Fabrik und deren Betrieb zu besichtigen. Im ersten Stockwerk des Gebäudes nimmt der Prozess der Hefebereitung, zu der in der Hauptsache Gerste und Mais verwandt wird, seinen Anfang. Eine größere Anzahl Maschinen arbeiten automatisch mit und nebeneinander, so geht der Betrieb vier Stockwerken durch, bis im ersten Geschoss die fertigen Hefestücke geschnitten und zum Versand bereit fertig gestellt sind. 
 „Das Gasthaus zur Linde in Sasbachwalden ging durch Kauf in das Eigentum des bisherigen Pächters Springmann über. Der Kaufpreis soll 17.000 Mark betragen. Auch hier ist, wie anderwärts, ein starker Preisrückgang in Immobilien wahrzunehmen. Vor ca. 15 Jahren wurde dasselbe Gasthaus zu 32.000 Mark verkauft. Das Anwesen ist somit seit jener Zeit nahezu zur Hälfte im Preise gesunken.“ (Autorin: Hannelore Deya)
 
 
Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 13

 

 „ Der Stuhlfabrikant Meder erwarb den in der Ratskellerstraße, zwischen dem Postgebäude und dem Dahlmeierschen Hause gelegenen Bauplatz, zu Eigentum. Der Platz schließt sich direkt an den Neubau der Mederschen Schuhfabrik an und erhält diese so einen unmittelbaren Zugang von der Ratskellerstraße aus und von da in den Mittelpunkt der Stadt. Der Verkaufspreis beträgt pro Quadratmeter 3,50 Mark.“ 
 

 „Die landwirtschaftliche Ein- und Verkaufsgenossenschaft Achern, früher Konsumverein, kann in diesen Tagen auf ein fünfundzwanzigjähriges Bestehen zurückblicken. Aus diesem Anlass findet morgen, Sonntagabends 8 Uhr, im Saale zum wilden Mann, eine kleine Festveranstaltung statt. Vorstand des Vereins ist zurzeit Herr Kirchenfondsrechner Josef Winter.“ 
 

 „Der Turnverein Achern strebte schon längere Zeit danach in seinem Verein eine Sängerriege zu gründen und ist dieser lang ersehnte Wunsch einzelner Mitglieder nunmehr erfüllt. Die Sängerriege wurde in einer am Donnerstag am Tivoli abgehaltenen Sitzung gegründet und haben sich hierzu gleich eine stattliche Anzahl Sänger angemeldet. Die Singstunde findet jeweils freitags abends 9 Uhr beginnend im Tivoli statt. Die Leitung liegt in guten Händen und hoffen wir, dass der strebsame Verein mit seiner Sängerriege immer mehr aufblüht und noch recht gute Erfolgen erzielt.
 

 „Das in der Hauptstraße gelegene Anwesen des verstorbenen Herrn Metzgermeister Braun ging bei der am Donnerstag stattgefunden lebhaften Versteigerung an die Herren Otto Billinger und Joseph Bechtel zum Preise von 18.100 Mark. Der Anschlag betrug 24.000 Mark. Herr Bauunternehmer Boldt steigerte den Acker am Kirchweg für 5910 Mark. Anschlag 5500 Mark. Herr Landwirt Josef Striebel-Oberasbach erwarb den Acker im Brachfeld für 1260 Mark, Anschlag war 1100 Mark.

 

„Musik und Gesang erfreut das Menschenherz. Dieses Sprichwort liegt zurecht in den Sinn des Wortes, und hat sich auch hier in Moos gezeigt. Am letzten Sonntag konnten die beiden Kirchen Sänger Alois Friedman, Schreinermeister und Karl Haunas II hier ihr silbernes Jubeljubiläum feiern. Dasselbe wurde im engsten Kreise abgehalten.“ (Autorin: Hannelore Deya)
 


Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 14

 

„Gestern Nachmittag fand eine Sitzung des Bürgerausschusses statt. Als Nachfolger für den verstorbenen Apotheker a. D. Weingart trat Herr Obst Nutzer Giesler in den Bürgerausschuss ein. Der erste Punkt der Tagesordnung hatte zum Gegenstand „Erlassung einer Dienst- und Ruhegehaltsordnung für die städtischen Beamten und Bediensteten“, die nach Erläuterung und Diskussion angenommen wurde. Ebenso wurden ohne weitere Debatten die Anträge: „Abänderung der Leichen- Friedhofstaxordnung“, „Aufstellung von Schuldentilgungsplänen“, „Überweisung von Pfründkapitalien von Spitalfonds an die Stadtgemeinde“ einstimmig angenommen. Zu Letzterem teilte der Vorsitzende mit, dass die Gesamtstiftungen für den Spitalfonds, respektive für das Krankenhaus, nunmehr rund 73.000 Mark betragen, gleichzeitig sprach er Herrn Wurzler in Brooklyn für die seinerzeit zu diesem Zwecke überwiesenen 5000 Mark öffentlich den Dank aus, ebenso dem Kreisausschuss für die neuerdings bewilligten 5000 Mark; die Zuwendung des Kreises beträgt nunmehr 15.000 Mark.“
 „Gestern Abend fand im oberen Saal Zum Engel die Generalversammlung der Ortskrankenkasse Achern statt. Ein gedruckter Rechenschaftsbericht war diesmal aus Sparsamkeitsgründen den Mitgliedern nicht zu zugegangen, was in Anbetracht der jetzigen Sachlage zu begreifen ist. Herr Kassier Albecker gab den Revisionsbescheid. Die durchschnittliche Mitgliederzahl betrug im Rechnungsjahr 1913 1200. Die Einnahmen betrugen 33.909,85 Mark, während sich die Ausgaben auf die Summe von 33.148,38 Mark beliefen, so dass ein Restbestand von 161,45 Mark verbleibt. Die Ausgaben sind im abgelaufenen Jahr um rund 5000 Mark gestiegen, während die Einnahmen fast gleich blieben. Für die Vorarbeiten zur neuen Kasse mussten dem Reservefonds 3000 Mark entnommen werden, denen im Betriebsjahr 1914 bis jetzt weitere 2000 Mark folgen mussten.“
 „Der letzte Schultag ist an Ostern für viele Schüler gekommen. Unser einheimischer Dichter Löhr hat den Gefühlen der Schüler an diesem Tage mit stimmungsvollen Versen, die wir an anderer Stelle der vorliegenden Nummer zum Abdruck bringen, Ausdruck gegeben. In der hiesigen Volksschule hat die Schlussfeier heute Vormittag stattgefunden. Für die der Schule entlassene Jugend sind die Tage der Kindheit vorüber, es beginnt der Ernst des Lebens.“ (Autorin: Hannelore Deya)
 
 
 
Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 15

 

 „Herr Kunstmaler Otto Graf, ein Sohn unserer Stadt, hat den ehrenvollen Auftrag erhalten, für eine der ersten industriellen Firmen Badens ein größeres Gemälde anzufertigen; das von der Stadtgemeinde Köln bei der Ausstellung „Alt- und Neuköln“ und späterhin in Düsseldorf aufgestellt werden wird. Herr Otto Graf als derzeitiger Meisterschüler der Großherzoglichen Akademie Karlsruhe, der seit einigen Jahren unter Professor Fehrs bewährten Leitung studiert, hat in der zurzeit durch seine flotten, stofflich geschickten Bilder, die sowohl in der Komposition als auch der frischen Farbenbehandlung auffallen, die Aufmerksamkeit von Fachkennern und sachverständigen Kunstliebhabern auf sich gelenkt, die wohl mit die Ursache für den gegenwärtigen Auftrag sind.“
 „Die gestern Nachmittag stattgefundene Sitzung des Bürgerausschusses wurde von Herrn Bürgermeister Schächter eröffnet und geleitet. Eingangs gab derselbe einen kurzen Blick auf das letzt verflossene Wirtschaftsjahr. Die wenig günstige wirtschaftliche Lage beeinflusse natürlich auch das Gemeindebudget. Große Sparsamkeit sei notwendig, um mit dem seitherigen Umlagegesetz von 0,33 Mark auszukommen. Doch ist es gelungen die Bilanz des städtischen Haushalts mit diesem Satze im Gleichgewicht zu halten. In der Versammlung wurden weiterhin verschiedene Wünsche angebracht: Gustav Wilhelm wünscht bessere Pflege der städtischen Anlage auf dem Adlerplatz. Dieter Merk wünscht einen Wegweiser Ecke der Haupt- und Eisenbahnstraße. Bürgerausschussmitglied Armbruster wünscht Wiederinstandsetzung des Brunnens in der Brigittenstraße bei. Bürgerausschussmitglied Stank wünscht Pflasterung einiger Straßenübergänge Mitglied Kranz wünscht eine Nachtlampe in der Lindenbrunnenstraße und Mitglied Oskar Peter ein besseres Schutzgeländer der Anlage beim Jubiläumsbrunnen.
Bei Straßenteerung setzte eine lange bis längere Diskussion ein, an der sich Bürgerausschussmitglied Berger gegen die Teerung aussprach. Er empfahl ein Asphaltmittel für Staubbindung, dass sich besser als Teerung bewährt. Bei Position Unterstützung der Feuerwehr beantragte Mitglied Josef Schnur im Betrag von einer Mark auf 500 zu erhöhen.“ (Autorin: Hannelore Deya)
 
 
 
Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 16

 

 „Eine Besichtigung des Elektrizitätswerks Achern findet seitens der sozialen Ferienvereinigung Achern-Bühl-Baden am Donnerstag den 16. April statt. Treffpunkt ist der Bahnhof Achern. Über Fragen, die in das Gebiet der Elektrizität fallen, wird ein Herr des Werkes sprechen. Das Elektrizitätswerk Achern ist eine sehr interessante Besichtigungsstelle. Das Werk hatte eine große Bedeutung für unser badisches Mittelland. In diesen Tagen wird der elektrische Betrieb der Bahnhöfe Oos, Rastatt und Baden und von Achern aus mit elektrischer Kraft versehen werden. Auch wird von Achern aus die Stadt Baden elektrische Kraft erhalten, bis das Murgtalwerk fertig gestellt ist.“
 

 „Die Pläne und Kassenberechnungen für unsere Wasserleitung in Renchen sind nun fertig gestellt und weisen uns, trotzdem die Preise der einzelnen Position reichlich bemessen sind, rechnerisch ein sehr günstiges Bild auf. Für etwaige Brandfälle sind 65 Hydranten vorgesehen. Die Herstellungskosten belaufen sich auf 175.000 Mark. Hiervon können aus vorhandenen Mitteln (außerordentlicher Holzhieb und Sparkassenüberschüssen) 55.000 Mark gedeckt werden, so dass uns noch eine Schuld von 70.000 Mark bleibt. Wird diese mit 6 % amortisiert, so erfordert die Tilgung der Schuld 29 Jahre. Es sind jährlich 4200 Mark zur Amortisation zu beschaffen.“
 

 „Bei der Prüfung für das höhere Lehramt 1914 wurden in Sasbach  24 Kandidaten für Lehrbefähigung in Lateinisch und Griechisch als Hauptfächer der Prüfung, 56 Kandidaten und Kandidatinnen in den Hauptfächern auf dem Gebiet der neuen Sprachen und der Geschichte und 34 Kandidaten und Kandidatinnen aus dem mathematisch-naturwissenschaftlichen Gebiete für befähigt erklärt. Unter den 24 Altphilologen, die die Staatsprüfung bestanden haben, befindet sich auch ein hiesiger Bürgersohn, Herr William Straub. Unsere herzliche Gratulation den neuen Lehramtspraktikanten.“ (Autorin: Hannelore Deya)
 
 
 
Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 17

 

 „Aus dem schriftlich vorliegenden Jahresbericht der Schulleitung der Gewerbe- und Handelsschule zu Achern ist zu ersehen, dass die Schule (1913-14) insgesamt von 231 Schülern besucht war und zwar von 206 Klassenschülern und von 25 Teilnehmern an den Vorbereitungskursen. Die Klassenschüler verteilen sich auf die Handwerker- und die Handelsabteilung. Erstere zählte 155 Schüler, Letztere 51. Aus der Stadt Achern zählte die Handwerkerabteilung 128 Schüler, die Handelsabteilung 48, von auswärts zählte die Handwerkerabteilung 27 Schüler, die Handelsabteilung deren drei. Eine Statistik der Schülerzahl vom Jahre 1909 bis heute zeigt das ständige Wachstum der Schülerzahl, sie ist von 155 im Jahr 1909 auf 206 im Jahre 1914 gestiegen. In der Schule waren im letzten verflossenen Jahr folgende Lehrer tätig: Edgar Wolbert, Vorstand; Karl Groß, Handelslehrer; Diplom-Ingenieur Gottfried Grimmer, Gewerbeschulkandidat; Karl Heinrich Weick, Unterlehrer und Unterlehrer Theodor Höfele als Aushilfslehrer. Vorstand der Schule ist Herr Gewerbelehrer Wolbert.
 

 „In der Nacht entstand in Stadelhofen ein großer Brand, durch den auch Geschäftsleute aus Achern in Mitleidenschaft gezogen sind. Die dortige Fabrik für Holzbiegerei der Firma Wolf, Stähle und Komp. ist vollständig niedergebrannt. Das Feuer ist gestern Abend kurz nach 10:00 Uhr, wahrscheinlich infolge selbst Entzündung, in den Lagerräumen ausgebrochen. Gar bald stand das ganze Fabrikanwesen in Flammen, die an den reichen Holzvorräten große Nahrung fanden. Die Maschinen sind total vernichtet. Nur einige Teile der Umfassungsmauern stehen noch, alles andere ist dem verheerenden Elemente zum Opfer gefallen. In dem Anwesen, das ganz bedeutende Wasserkräfte besitzt, wurde früher eine Mahlmühle betrieben. Durch Kauf erwarb es obige Gesellschaft vor etwa einem Jahr und errichtete in demselben eine den modernsten Anforderungen entsprechende Holzbiegerei, die in der letzten Zeit einen guten Aufschwung genommen hat. Nun ist aller Arbeit dort selbst vorliegen vorläufig ein Ende gesetzt. Der Schaden soll sich angeblich auf ca. 40.000 Mark belaufen, der zum großen Teil durch Versicherung gedeckt ist, doch sollen die Eigentümer erheblich geschädigt sein, da die Holzvorräte zurzeit nicht voll versichert waren. Anwesend waren zur Bewältigung des Feuers die Wehren Stadelhofen, Renchen, Ulm und Oberkirch. Ihre Haupttätigkeit musste sich auf den Schutz der stark bedrohten Nachbarhäuser beschränken. Nachschrift: Wie im Laufe des Tages bekannt wird, soll der Vorarbeiter Stefan Zimmermann, wegen Verdacht der Brandstiftung vorläufig Untersuchung genommen sein. (Autorin: Hannelore Deya)
 
 
 
Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 18

 

 „Eine Sitzung der katholischen Kirchengemeindevertretung fand gestern Abend unter dem Vorsitz des Herrn Stadtpfarrers Dr. Huck im alten Schulhaus statt. Verschiedene kleinere Reparaturen an der Kirche, sowie an der Heizungsanlage, letztere bereits ausgeführt, verursachen einen Kostenaufwand von ca. Mark 1800, der aus den vorhandenen Überschüssen aus der allgemeinen Kirchensteuer gedeckt werden soll. Die Vorlage fand einstimmige Annahme seitens der Kirchengemeindevertretung. Dem verstorbenen Mitglied dieser Körperschaft, Herrn Privatier Josef Weingart, widmete der Vorsitzende einen herzlichen Nachruf, die Mitglieder erhoben sich zum Zeichen ehrenden Andenkens von ihren Sitzen. Am Ende der Versammlung ist als Ersatzmann in den Kirchengemeinderat Herr Finanzsekretär Otto Maier einstimmig gewählt worden.“ 
 

„In die hiesige Volksschule sind 108 Schüler neu eingetreten; entlassen wurden 52 Schüler, die Zahl hat somit um 56 zugenommen. Unter solchen Umständen müssen natürlich, soll der Unterricht nicht notleiden, zumal die einzelnen Klassen die gesetzlich vorgeschriebene Schülerzahl vorher schon weit überschritten habe, die Lehrkräfte eine Vermehrung erfahren. Die Errichtung einer neuen Hauptlehrerstelle zum 1. Oktober des Jahres ist bereits vorgesehen, aber auch damit dürfte das Lehrpersonal noch nicht voll ergänzt sein. Die Zahl der Schüler an der hiesigen Schule hat sich, wie die Statistik nachweist, innerhalb der letzten 20 Jahre geradezu verdoppelt.“ 
 

 „Die Stelle des Kaminfegers für den Kehrbezirk II (Renchen) mit dem Wohnsitz Renchen und umfassend die Gemeinden Renchen, Wagshurst, Gamshurst, Großweier, Fautenbach, Oensbach und Waldum ist erledigt. Die Stelle ist mit Frist bis zum 20. Mai zur Bewerbung ausgeschrieben. Bewerbungen müssen mit den erforderlichen Nachweisen an das Bezirksamt Achern gerichtet werden.“
 „An den letzen Probefahrten mit dem neuen Dieselwagen der Wagonfabrik Raststatt beteiligten sich auch der Finanzminister Dr. Rheinboldt und Ministerialdirektor Schulz.“ (Autorin: Hannelore Deya)
 

Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 19

 

 „Ein interessanter Hergang bildete sich gestern im Achertal bei Seebach ab. Der Ballon „Karlsruhe“, der in Baden-Baden nachmittags 16:30 Uhr aufgestiegen war, musste daselbst gegen 18:30 Uhr aus irgendeinem Grunde eine Landung vornehmen. Anfangs schien der Ballon in den Tannen niedergehen zu wollen, doch kam er anscheinend durch Auswerfen von Ballast noch einmal in die Höhe, um dann unter schwierigen Umständen am Waldrand des Elsaweges zu landen. Eine große Menge Talbewohner hatte sich zu diesem nicht alle Tage wiederkehrenden Schauspiel eingefunden und leistete bei der Bergung der Hülle hilfreiche Hand. Die vier Insassen fuhren per Auto nach Achern, um sich von da mit der doch zuverlässigeren Eisenbahn nach Baden-Baden wieder zurückzubegeben. 
 

 „Wie uns mitgeteilt wird, sucht ein Kolporteur in hiesiger Stadt Abonnenten zu gewinnen für eine Modezeitung mit dem Hinweis, er komme im Auftrage der Buchhandlung Unitas, durch diese werde den Bestellern die Zeitschrift übermittelt werden. Diese Angaben sind falsch. Die Unitas hat keinen Kolporteur und weiß von einer solchen Vermittlung nichts. Wohl kann dieses Modeblatt wie andere derartige Zeitschriften in der Buchhandlung Unitas bestellt werden, aber mit dem fraglichen Kolporteur hat dies nichts zu tun.“
 

„Herr August Huber, Sohn des Bäckermeisters Anton Huber in Achern, hat in Karlsruhe die Gesellenprüfung im Präparatorengewerbe mit Erfolg bestanden. Für Herrn Huber und seinen Lehrmeister, Herrn Klump aus Moos, darf es eine besondere Ehre sein, da dies die erste Prüfung sei, die im Großherzogtum Herr Baden in diesem Berufen abgelegt worden ist. Wir wünschen dem jungen Meister fernerhin Glück und Erfolg in seinem künstlerischen Berufe.“
„Fräulein Rosa Genter aus Fautenbach hat sich in Karlsruhe der Meisterprüfung im Kleidermachen unterzogen und dieselbe mit gutem Erfolg bestanden. Der junge Meisterin unsere Gratulation.“
 

„Auch in Kappelrodeck will man in patriotischer Betätigung nicht zurückstehen, und dem Andenken von anno 1870 ein Kriegerdenkmal errichten, das unserem Ort als Zierde dienen und den kommenden Geschlechtern Zeugnis geben soll von einer großen Zeit. Über die Platzfrage ist man sich noch nicht einig. Im Vorschlag ist der Marktplatz, der jedoch heute schon allzu knapp ist. Ein günstiger Platz wäre vielleicht der vor Herrn Schreinermeister Schindler Haus gelegene, der ein freier Platz ist.“ (Autorin: Hannelore Deya)
 

 

Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 20

 

Dreister Dieb am helllichten Vormittag in der Wohnung des Herrn Bezirksgeometers Groß: „Während die Frau in der Waschküche beschäftigt war, betrat ein gut gekleideter Mann die Wohnung, in welcher in diesem Moment niemand war. Die Gelegenheit benutzend zog der Dieb die obere Schublade einer Kommode heraus und eignete sich aus derselben verschiedene Etuis mit Inhalt an. So fielen ihm eine Uhr mit Kette, ein goldener Ring, eine goldene Brosche und ein silbernes Armband in die Hände. Außerdem ließ er noch eine Schachtel mitgehen, die außer einem 20 Markschein noch etwa 8-10 Mark Silbergeld enthielt. Als darauf die Wohnung verließ, kam die Frau des Hauses aus der Waschküche und fragte nach seinem Begehr. Doch als armer Reisender sich vorstellend, gab ihm die Frau noch einen kleinen Zehrpfennig, worauf der Dieb verschwand. Erst einige Stunden später bemerkte die Frau den Diebstahl und setzte die Gendarmerie in Kenntnis. Andern sei dieser Fall zur Warnung und soll der Hauseingang stets verschlossen bleiben.“ 
 

 „Gestern fanden auf dem hiesigen Sportplatz Pokalspiele statt, die von dem Verein für Rasenspiele ausgearbeitet und in Szene gesetzt wurden. Eine zahlreiche Zuschauermenge hielt die Umgebung des Platzes besetzt und verfolgte die einzelnen Spiele mit Interesse. Karlsruhe gab nach eingelegtem Protest das Spiel vor dem Ende auf und verlor damit seine Anwartschaft auf den Siegespreis, den zu holen dieser Verein die beste Aussicht hatte. Nach schneidigem Spiel gingen hierauf Freiburg und Straßburg mit gleicher Torzahl als Sieger hervor, während Kehl den 3. Platz erobern konnte. Abends sind die Sport-Vereine unter heiteren Gesängen von den Hiesigen zur Bahn begleitet worden.“ 
 

Probe der Freiwilligen Feuerwehr: „In der Hauptsache war diese Probe eine Besichtigung der Ausrüstungsgegenstände. Auch die sonstigen Utensilien wurden einer Prüfung unterworfen. Schadhafte Utensilien etc. werden repariert, bzw. neu angeschafft, so dass die Feuerwehr in ihrer Ausrüstung auf der Höhe der Zeit steht. Nach der Besichtigung fanden einige kleinere Übungen statt, woran sich die Spezialproben in den einzelnen Abteilungen anschließen werden. Herr Bürgermeister Schechter sei ebenfalls anwesend gewesen und fand später eine gemütliche Zusammenkunft der Mannschaft statt.“ (Autorin: Hannelore Deya)
 
 
Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 21
 

 „ Der Vorstand bzw. die Kommission er Allgemeinen Ortskrankenkasse für den Amtsbezirk Achern hat sich in vielen Sitzungen mit dieser Angelegenheit befasst. Sie kam im Anfang zu der Ansicht, dass sich die Ärzte mit einer 50-prozentigen Erhöhung der Kopfpauschale, von 4 auf 6 Mark zufrieden geben möchten. Doch in schroffer Weise lehnten die Herren Ärzte dieses Anerbieten ab und verlangten ihrerseits eine Pauschale bzw. Höchsttaxe von 8 Mark pro Kopf und Mitglied. Das wären in runder Summe 32000 Mark bei einer Gesamteinnahme von 100000 Mark. Der Vorstand lehnte diese Forderung der Ärzte seinerseits als zu weitgehend ab, kam aber den Ärzten insoweit entgegen, als eine Pauschale von 7 Mark pro Kopf und Mitglied, wodurch den Herren eine Aufbesserung von 75 Prozent zugebilligt worden wäre. Dieses Anerbieten sei von der hiesigen Ärzteschaft rundweg abgelehnt worden. Jetzt sei ein neuer Vermittlungsvorschlag vonseiten des Versicherungsamts abzuwarten. Die Lage habe eine ernste Wendung genommen.“ 
 

Jubiläum bei der Bäckerinnung. „Unter dem Vorsitz des Herrn Bäckermeisters Glatt tagte gestern Morgen im Nebenzimmer „Zur Hoffnung“, die Mitglieder der Bäckerinnung. Außer einigen internen Angelegenheiten kam auch der Maiausflug zur Sprache. Nach längerer Diskussion einigte man sich auf einen Besuch der Stadt Freiburg. In Anerkennung langjähriger Zugehörigkeit und in Anbetracht der Feier seines 80. Geburtstages wurde unter ehrenden Worten dem Bäckermeister Anastasius Wörter ein schöner Ruhesessel überreicht. Alsdann sei der gemütliche Teil zu seinem Recht gekommen.“
 

 Schwarzwaldverein. „Der Voranschlag für das neue Geschäftsjahr wurde genehmigt, er enthält verschiedene Wegverbesserungen, insbesondere im Bienenbuckel, sowie im sonstigen Sektionsgebiet. Allgemein wurde dem Bedauern Ausdruck gegeben, dass es trotz aller Bemühungen des Vorstandes bis jetzt immer noch nicht möglich war einen besseren Zugangsweg zur Gaishütte sowie einen besseren Aufstieg zum Brigittenschloss herzustellen. Alle Bemühungen scheiterten bisher an dem geringen Entgegenkommen der betreffenden Grundstücksbesitzer. Eine Verbesserung der genannten Wege läge vor allem im Interesse der Gemeinde Sasbachwalden selbst, da doch ihr in erster Linie der finanzielle Nutzen des regen Fremdenverkehrs zukommt. Der Vorstand sei beauftragt worden, weitere Schritte in dieser Sache zu tun.“ (Autorin: Hannelore Deya)
 
 

Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 22

 

„Zu der gestern Abend stattgefundenen Frühjahrsprobe der Feuerwehr Achern waren die einzelnen Mannschaften fast vollzählig erschienen. Als Vertreter der Behörden war Herr Oberamtmann Popp anwesend. Die einzelnen Leistungen der Mannschaften zeigten, dass in den vorausgegangenen Spezialproben tüchtig gearbeitet wurde. Die gute Schulung kam auch beim Hauptangriff deutlich zur Geltung. Nach Beendigung der Probe gings im Zuge zu Kamerad Ronecker Zur Hoffnung, allwo Kommandant Schnurr das Resultat der Probe einer Kritik unterzog, die indes ziemlich milde ausfiel und nur geringe Fehler zu rügen hatte. Zugleich sprach der Kommandant den einzelnen Wehrmännern Dank und Anerkennung für ihre opfervolle Hingabe aus. Auch Herr Oberamtmann Dr. Popp ließ der Wehr sein Dank und seine Anerkennung für ihre Leistungen aussprechen. Weiter machte der Kommandant bekannt, dass in diesem Jahre, anlässlich des fünfzigjährigen Bestehens des Landesverbandes, in Freiburg eine Feuerwehrschau stattfinden soll. Über die Beteiligung bei derselben setzte eine lebhafte Debatte ein. Beschluss darüber wird der Verwaltungsrat in einer näheren Besprechung fassen. Die gestrige Probe hat erneut gezeigt, dass unsere Wehr auf der Höhe steht und das volle Vertrauen der Einwohnerschaft zu rechtfertigen weiß.
 

 „Die Präpositionen zu den diesjährigen, am 23. Juni und 5. Juli stattfindenden Rennen in Achern, sind soeben im Wochenkalender Nummer 36 erschienen und von Interessenten vom Sekretariat des Rennvereins Achern zu beziehen. Die Herrenreiten beider Tage bewegen sich im letztjährigen Rahmen, da trotz des durch die verringerten Renntage des letzten Jahres verursachten ungünstigen Abschlusses, die seitherigen Preise gehalten werden konnten. Für die landwirtschaftlichen Rennen ist eine kleine Änderung eingetreten. Außer den beiden Trabrennen, die die Renntage einleiten, werden die Rennen Preis vom Mummelsee und Preis vom Wildsee als Flachrennen geritten, die Propositionen sind so günstig gestellt, dass gerade diese Rennen zu den Interessantesten des diesjährigen Aachener Meetings zählen werden. 
 

„Der Vorstand des Jungdeutschland-Bundes, Ortsverein Achern, legt Wert auf die Feststellung, dass die am letzten Sonntag abgehaltene Veranstaltung, über die wir auch berichtet haben, nicht das Stiftungsfest des Ortsvereins, sondern das Jugendvereins Jung-Achern gewesen ist, der allerdings wie die anderen Jugendvereine dem Jungdeutschlandbund angeschlossen ist.“ (Autorin: Hannelore Deya)
 


Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 23

 

„Die aufheiternde Witterung hat auf die Feiertage alle Autos wieder mobil gemacht. Unzählig sausten sie wieder die Straße auf und ab, die ganze Gegend in Staub und Gestank verhüllend. Es ist zum Verzweifeln, dass gegen die Belästigung nicht eingeschritten, oder durch Teeren der Straßen etc. Abhilfe geschaffen wird. In der Stadt selbst, ebenso wie in den Straßen, ist es wie ausgestorben. Wer noch kann, rennt und flüchtet ins Gebirge. Feld und Wald wimmelt von Leuten. Alles, um dieser lästigen Plage zu entgehen. Ich wünschte nur, dass Herr Freiherr Böcklin von Böcklinsau diese 2 Tage an der Landstraße Achern-Sasbach hätte stehen müssen. Er würde dann gewiss das nächste Mal in der ersten Kammer anders reden, als wie in der Sitzung vom 30. April 1914. Dann sei dieser Herr gewiss zu der Überzeugung gelangt, dass hier etwas geschehen müsse und wenn es auch auf Kosten der Autofahrer geschehe.“ 
 

 „Vom Tabak dürfte man anfangs auch wieder reden, er hat zwar, der alte Botaniker, keinen so guten Klang mehr, manche langjährige Freunde kehren ihm den Rücken. Die Setzlinge sind meist noch ziemlich zurück, die Witterung war für sie immer zu kühl und windig. Der Anbau geht dieses Jahr rapid, voraussichtlich um ein Drittel zurück. Die Aussichten auf hohe Preise sind, wenn das Gewächs nicht ausnahmsweise gut wird, nicht die besten, es liegt und sitzt noch viel Tabak von 1912- und 13-er Jahrgängen herum und das Geschäft hierin ist sehr flau. Bei den zurzeit niedrigen Schweinepreisen sei es für den Landwirt besser einzusehen, dass er im Tabakbau eine Kultur habe, die nicht so ohne weiteres aus der kleinbäuerlichen Betriebsweise verschwinden solle.“ 
 

 Gesellenvereinsfest: Es fand „ein kleiner Ausflug durch die romantische Gaishölle nach dem Bischenberg statt. War der Aufstieg für manchen alten Gesellen auch etwas herb, so konnte er sich nachher beim Karl-Toni rasch wieder die nötige Erholung verschaffen. Unter der Leitung des Hochw. Herrn Kammerer Mati, der zur Freude alle Teilnehmer sich auch eingefunden hatte, ging der Abstieg nach Sasbachwalden in rasend schnellem Tempo auf Um- und Irrwegen vor sich! Am Ende seien alle Beteiligten überaus zufrieden gewesen und schloss Herr Kaplan Weick mit dem Gruß: Gott segne das ehrbare Handwerk!“ (Autorin: Hannelore Deya)
 
 
 
Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 24
 
  „Das Finanzministerium hat angeordnet, dass die Wehrbeitrags-Veranlassungsbescheide (Forderungszettel) beginnen, und den Wehrbeitragspflichtigen eingehändigt werden. Ferner werden demnächst auch die so genannten Feststellungsbescheide zugestellt werden, die dann erteilt werden, wenn sich bei einem zur Abgabe der Vermögenserklärung Verpflichteten nur ein beitragsfreies Vermögen ergeben hat. Der hierin festgestellte Vermögensstand ist für eine Veranlagung zur Besitzsteuer maßgebend. Es empfehle sich daher diese Bescheide sorgfältig aufzubewahren.“ 
 

 Kunstausstellung in Karlsruhe: „Acherner Künstler erfahren für ihre im Badischen Kunstverein in Karlsruhe ausgestellten Gemälde, eine recht schmeichelhafte Kritik. Die Badische Presse schreibt über die Bilder unserer einheimischen Kunstmaler: „Der Fehrschüler Otto Graf hat einen weichen Pinselstrich, der ihn sympathisch macht. Sein „französischer Soldat“ ist eine prächtige Leistung; ebenso das Selbstbildnis und die Stillleben. Man gratuliere zu der besonderen Anerkennung fanden.“ 
 Geländekauf in der Stadt: „Herr Architekt Josef Schnurr kaufte für Herrn Heinrich Severin, Fabrikant in Sasbach-Achern, in unmittelbarer Nähe der Severinschen Fabrik, an der Fautenbacher Gemarkungsgrenze, ein größeres Stück Baugelände. Herr Fabrikant Severin beabsichtigt, auf dem Gelände mehrere Arbeiterwohnungen zu erstellen. Mit dem ersten Bau werde so bald als möglich begonnen, da hier ein großer Bedarf an Wohnungen bestehe.“
 

Musikverein Achern: „Herr Musikdirektor Klump, Leiter des Gesangsvereins Liederkranz, liegt seit Wochen krank darnieder, bis zu seiner Wiederherstellung dürfte noch einige Zeit verstreichen. Die Teilnahme des Gesangsvereins Liederkranz an dem in Baden-Baden stattfindenden Ortenau-Oosgau-Sängerfest war hierdurch in Frage gestellt. In liebenswürdiger Weise hat sich nun Herr Gaudirigent Uhl in Baden-Baden bereit erklärt, die Direktion des Liederkranzes bei dem genannten Sängerfest zu übernehmen. Die erste Probe unter der Direktion des Herrn Uhl habe bereits gestern Abend stattgefunden und sei erfolgreich verlaufen, so dass die Leitung bis zur Wiederherstellung des Herrn Klump gesichert sei.“ (Autorin: Hannelore Deya)
 
 
Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 25
 

Besuch aus dem fernen Amerika, nämlich aus Brooklin, woher Herr Privatier Wurzler mit Frau und Töchtern kam: „Mit eigenem Auto, das von einem Neger als Chauffeur gesteuert wurde, trafen die gerne gesehenen Gäste gegen 6 Uhr abends, von Bremen kommend, hier ein und haben im Hotel zur Post Wohnung genommen. Sofort begrüßte Herr Wurzler seine hier im elterlichen Haus lebende Schwester, Frau Litograph Brecht, die ihren Bruder samt Familie herzlichst willkommen hieß. Alsbald stattete Herr Wurzler mit seiner Familie auch dem neu erbauten städtischen Krankenhaus, zu dessen Baukosten Herr Wurzler seinerzeit wie bekannt, in hochherziger Weise einen erheblichen Beitrag geleistet, einen Besuch ab. In den Abendstunden fand sich bei Herrn Wurzler und Familie der Stadtrat mit Herrn Bürgermeister Schechter zur Begrüßung ein. Gleichzeitig sei von der Stadtmusik ein Ständchen gebracht worden.“ 
 

 Ärger mit den Automobilisten: „Gestern kam ein Auto durch die Ratskellerstraße gesaust, das bei Einbiegen in die Hauptstraße mit knapper Not am Hotel Post ohne Zusammenstoß vorbeikam. Im Zickzack ging es dann gegen das Stadtbächle und herüber zum Gasthaus Zur Sonne. Die Passanten wussten nicht wohin sie sich flüchten sollten vor dem rasenden Schnauferle, das von einem ehemaligen Metzger, der offenbar des Fahrens unkundig ist, gesteuert wurde. Zum Glück waren kein Fuhrwerk und kein Radler unterwegs. Ansonsten sei ein Unglück unvermeidlich gewesen.“
 

 Geplatztes Bauvorhaben: „Die vor einiger Zeit zur Versteigerung gekommenen Bauplätze oberhalb der Pappel-Allee erhielten in der gestern stattgefundenen Bürgerausschusssitzung nicht die Genehmigung, obwohl in einer vertraulichen Vorbesprechung sich nur eine Stimme dagegen aussprach. Ob der Bürgerausschuss für oder gegen die Interessen der Gemeinde hierdurch sein Veto eingelegt hat, wird die Zukunft lehren. Unseres Erachtens würde die Gemeinde am besten gefahren sein, wenn sie die Bauplätze möglichst rasch veräußert hätte, zumal die Bedingung an den Kauf geknüpft war, die Bauplätze müssen innerhalb 3 Jahren verbaut sein. Innerhalb dieser Zeit wären so 10 Häuser mit ca. 15 Wohnungen dort entstanden. Dass dadurch sowohl Hauseigentümern wie Mietern eine erhebliche Summe an Umlage erwirtschaftet würde, ist klar. Ob die Gemeinde später mehr für die Plätze erlösen würde, dürfe füglich bezweifelt werden.“ (Autorin: Hannelore Deya)
 
Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 26

 

Erfolge der Acherner Turner beim Ortenauer Turngau, der sich mit den Herren Otto Kunzmann, Heinrich Jäger, Heinrich Kropp, Ferdinand Röckel und Albert Wurster beteiligte. Im Fußballspiel, das von morgens 8 Uhr bis abends 7 Uhr dauerte, kämpfte sich der hiesige Turnverein bei scharfer Konkurrenz und großer Beteiligung bis zur Entscheidung durch, musste sich jedoch vom Turnerbund Offenburg, mit dem er am Schluss auf gleicher Punktzahl stand, und mit dem er um die Entscheidung spielen musste, in diesem Entscheidungsspiel mit wenigen Bällen Minderheit als geschlagen bekennen. Im Tambourinspiel dagegen, in welchem sich nennenswerte Gegner nicht fanden, erhielt der Turnverein Achern die Gaumeisterschaft. Der Turnverein Achern war insgesamt sehr erfolgreich und steht nun an zweiter Stelle unter all den Vereinen des großen Ortenauer Turngaues.“
 
Katholischen Gesellenverein: „Die neue Fahne des katholischen Gesellenvereins, die über die Pfingstfeiertage ihre kirchliche Weihe erhielt, ist in diesen Tagen im Schaufenster der Buchhandlung Unitas dahier zur Besichtigung ausgestellt. Die Fahne wurde angefertigt im Provinzhaus der Barmherzigen Schwestern zu Hegne. Sie ist ein Meisterwerk der Stickereikunst. Und gereiche den Barmherzigen Schwestern zur hohen Ehre.“
 
 Allgemeine Ortskrankenkasse: „Als Vorstand des Ausschusses wurde Herr Kessler-Oberachern auf die Dauer von 4 Jahren gewählt. Derselbe berief als Beisitzer Herrn Fabrikant Romberg-Achern und Herrn Blust-Oberachern. Als Schriftführer fungierte Herr Fuchs aus Ottenhöfen. Anhand des Berichtes sei man in eine lebhafte Diskussionsrunde getreten. Doch nachdem der Gesamtvorstand nach kurzer Beratung auf der Annahme des vorgelegten Voranschlages, welcher eine Erhöhung der Beiträge von 3 auf 4 Prozent vorsieht, bestehen blieb, wurde nach nochmaliger Diskussion bei der 2. Abstimmung die Erhöhung mit 15 gegen 14 Stimmen angenommen. Die Karenzzeit von 3 Tagen wurde wieder eingeführt, so dass in Zukunft nur bei Betriebsunfällen das Krankengeld vom ersten Tag an gezahlt wird. Bei allen anderen Krankheiten werde die Vergütung erst nach den ersten 3 Tagen gewährt.“(Autorin: Hannelore Deya)


 
Wochenschau Achern 1914 Kalenderwoche 27

 

 „Die Einweihung des Friedrich-Hilda-Heimes (vorher Hotel Bärenstein) auf der Bühler Höhe war frühmorgens auch in Achern zu bemerken. Eine stattliche Anzahl Touristen aus dem Kaufmannsstand durchzog unter Spiel und Gesang unsere Stadt, um auf dem Höhenweg das schöne Kurhaus zu erreichen. Das Heim wurde unter Anwesenheit des Großherzogs-Paares als Kaufmannsheim seiner neuen Bestimmung übergeben.“
 

Abschied von Musikmeister Klump, den Dirigenten vom „Liederkranz“: „Eine heimtückische Krankheit hinderte Herrn Klump in den letzten Jahren leider wiederholt seinen Verpflichtungen so nachzukommen, wie er es als wünschenswert erachtete und so entschloss er sich, den Dirigentenstab, den er so lange mit Meisterschaft geschwungen, niederzulegen. Nach mehr als zwei Jahrzehnten sah sich der Liederkranz in die wenig angenehme Lage versetzt, nach einem neuen Dirigenten Umschau zu halten. Einer eingesetzten Kommission, zur Lösung dieser Aufgabe, war es gelungen, schon gestern mit Erfolg vor die aktive Sängerschar treten zu können. Herr Hauptlehrer Uhl in Baden-Baden, der erfolgreiche Dirigent der dortigen „Konkordia“, hat sich zur Freude der Sänger bereit erklärt, vorerst sich dem Verein zur Verfügung zu stellen. Allerdings habe der neue Dirigent dargelegt, dass er zunächst keine bindende Zusage geben könne.“
 

Vorbereitungen für die Rennsaison: „Unsere Stadt steht im Zeichen der Rennsaison. Auf den Rözerwiesen wird fieberhaft gearbeitet, um den Besuchern der am Sonntag stattfindenden Pferdrennen den Aufenthalt so angenehm als möglich zu machen. Die Tribünen prangen zum Teil schon in ihrem Schmuck, an ihrer weiteren Fertigstellung wir soeben die letzte Hand angelegt. Die Rennbahn ist in ausgezeichneter Verfassung und hat an der Oberacherner Seite eine weitere Rundung erhalten. Die Rennen selbst versprechen äußerst interessant zu werden. Sind doch in jedem Rennen eine große Anzahl von Pferden genannt, von denen bereits einige hier eingetroffen sind. Man habe gerade erfahren, dass die Murgtal-Automobilgesellschaft für die Renntage einen Automobilverbindung Freudenstadt-Achern einrichte.“ (Autorin: Hannelore Deya)
 
 
 

Achern 1914 Juli-Dezember
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