Wochenschau Achern 1915 - erlesen und recherchiert aus dem Acher- und Bühler Boten Januar-Juni
Kalenderwoche 01
Erlebnisbericht eines Soldaten aus Kappelrodeck vom Weihnachtsabend an der Front. „… Ich befand mich gerade über Weihnachten auf Feldwache. Wir unterließen es nicht, am Heiligen Abend einen Christbaum zu machen, geziert mit Äpfeln, Nüssen, Backwerk und dergleichen, es war ein hübscher Christbaum. Der Heilige Abend wurde durch Weihnachtslieder gefeiert und verschönert, es wurde aus voller Kehle gesungen, so dass es die Franzosen hörten. Sämtliche Wachleute wurden durch Herrn Bataillons-Kommandant am Heiligen Abend beschert, derselbe hielt dabei eine ergreifende Ansprache, so dass mancher Krieger, selbst die Offiziere, die Tränen verbergen mussten. Um 12 Uhr sei er wieder auf den Posten gezogen, gleich nachher wurde aus weiter Ferne furchtbarer Kanonendonner vernommen. Der Ernst des Krieges kenne nicht einmal die Feier des heiligen Weihnachtsfestes.“
Tabakverkauf: „Eben wird in den Tabakorten der Tabak aus dem Kriegsjahr 1914 verwogen. In einigen Orten ist die Verwiegung bereits glatt vor sich gegangen. Das Gewächs zeigt sich als ein gesundes, leichtes, brauchbares Gewächs, das nicht so schlecht wie manche Pflanzer meinten, eben weil es gesund ist, ins Gewicht fällt. Der Preis ist ein sehr annehmbarer 40-45 Mark per Zentner. In Tabakorten der Pfalz ist der Preis in letzter Zeit retour gegangen. Allgemein hört man sagen, der Tabakbau werde für dieses neue Jahr im Interesse der Volksernährung verboten, doch an maßgebender Stelle weiß man nichts davon. Allerdings könnte evtl. der Anbau beschränkt werden, wo wichtigere Kulturen für die Ernährung im Krieg infrage kommen. Tabakjahre mit einem guten Preis haben naturgemäß eine Steigerung des Anbaues im Gefolge. Man rate aber nicht zu viel Tabak anzubauen, denn das Produkt variiere sehr im Preis und wenn, was Gott geben möge, einmal Frieden kommen, gebe es auch wieder viel ausländischen Tabak.“
Erneute Preissteigerung: „Wie aus dem Inseratenteil der heutigen Nummer zu ersehen ist, haben die Milchhändler von Achern und Umgebung beschlossen, infolge der erhöhten Einkaufspreise den Verkaufspreis der Milch per Liter von 20 auf 22 Pfennig zu erhöhen.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 02
Vorsicht. „In den Ortschaften der Amtsbezirke Achern und Bühl sucht ein Reisender z. Zt. Bestellungen auf Trauerandenken an gefallene Krieger für die Druckerei Unitas, also für unser Geschäft zu machen. Die Geschäftsleitung erklärt hierdurch ausdrücklich, dass wir mit diesem Reisenden nicht zu tun haben und bitten freundlichst, eventl. Bestellungen auf Trauerandenken an gefallene Krieger direkt bei unseren Geschäftsstellen in Bühl und Achern aufzugeben und dem angeblich für unsere Firma reisenden die Türe zu weisen. Die unreelle Art und Weise, mit der solche Leute Aufträge suchen, lässt fast immer auch auf eine ganz minderwertige Ausführung der Aufträge schließen. Es werde darauf hingewiesen, dass die Zeitung dagegen nur mit erstklassigen Kunstanstalten in Verbindung stehe.“
Kriegsteilnehmern im Fernen Osten. „Ein früheres Mitglied des Lehrerkollegiums der hiesigen Realschule, Herr Professor Dr. Rappenecker, der in letzter Zeit an einer deutschen Schule in China tätig war, nahm nach Kriegsausbruch an den Kämpfen in Tsingtau gegen die Japaner teil. Wie die Freiburger Tagespost von seinen dortigen Angehörigen erfährt, ist Dr. Rappenecker noch am Leben und befindet sich mit anderen Kampfgenossen in japanischer Gefangenschaft. Möge es den mutigen Kämpfern vergönnt sein, wohl behalten und gesund in ihre Heimat zurückkehren zu können.“
Fehlmeldung, denn „irrtümlicher Weise wurde seinerzeit die Nachricht verbreitet, Herr Lehrer Acker von hier, der seit Kriegsausbruch im Felde stehe, habe das Eiserne Kreuz erhalten. Wie Herr Lehrer Acker selbst mitteilte, ist die Meldung falsch und beruht anscheinend auf einer Verwechslung.
Um die falsche Nachricht zu berichtigen, sendet er uns folgende Verse: Wir sind schon lange zu Hause fort / Durchreisten schon manchen fremden Ort / Wir kämpfen mit stets freudiger Hand / Für unser geliebtes Heimatland. / Schon manche Nacht ist schlaflos durchwacht, / Geschlagen schon manche blutige Schlacht. / Wie oft schon wurde Hunger gelitten / Wohl auch schon ums tägliche Brot gestritten / Wir leben heute im Überfluss / Morgen jedoch in harter Buß. / Ich hab schon viele Hasen geschlachtet, / Manch belgischen Hahn nach dem Leben getrachtet / Das Licht ist bei uns schon schrecklich teuer / doch war bei Kerzen die Weihnachtsfeier. / Ich nahm auch etwas ab von Gewicht / Abers Eiserne Kreuz verdient ich noch nicht. / Josef Acker.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 03
Angebot für persönliche Erinnerungsstücke aus Urloffen von Malermeister Dinse: „Kriegsangebot Ölporträts. Übernehme Vergrößerungen bis zu Lebensgröße nach jeder Photographie farbig gemalt, in Öl, Pastell, Aquarell, in jeder gewünschten angegebenen Uniform - auch wenn die Photographie nicht in Uniform ist. Für künstlerische Ausführung und Ähnlichkeit wird Garantie geleistet. An unbekannte Besteller nur gegen Nachnahme. Carl Dinse, Malermeister Urloffen.
Ergebnisse der Roten Kreuz-Sammlung aus Sasbach. „Bei der im November von der Gemeinde hier vorgenommenen Sammlung, zu Gunsten des Roten Kreuzes, sowie für hilfsbedürftige Familienangehörige unserer Krieger, ging die Summe von 417,50 Mark ein. Herr Privatier Oberle spendete zu dem gleichen Zweck 200 Mark. Der hiesige Frauenverein erhielt als zweite Spende von der Lenderschen Lehranstalt 30 Mark. Allen Gebern sei gedankt und die Gemeindeverwaltung erwarte auch weitere Gaben.“
Ein Plädoyer fürs Brot. „In dieser ernsten Kriegszeit dürfte jeder für das allgemeine Wohl bedachte Alkoholiker sich in der Einmaischung von Frucht zu Alkohol etwas Abbruch auferlegen. Bedenkt, dass Brot nötiger zum Fortbestehen einer gesunden Generation ist wie Alkohol und deshalb lasst die Frucht zur Brotbereitung. Verflossenes Jahr war an Material, Kirschen, Zwetschgen und Obst aller Art für Alkoholbereitung ein sehr gesegnetes, daher weg mit der Fruchteinmaischung, entzieht dadurch euern Kindern nicht das Brot. Für Kinder sei Brot lebenswichtig und nicht der Schnaps.“
Information für die Familienangehörigen über die Besuchsmöglichkeiten zu kranken oder verwundeter Krieger in den Lazaretten in Belgien und Frankreich. „… nach amtlicher Auskunft des stellvertretenden Kriegsministers (stehe) im Allgemeinen keine Bedenken mehr entgegen. Der Reisende muss jedoch im Besitz eines vom stellvertretenden Generalkommando vorschriftsmäßig ausgefertigten Ausweises sein. Weiblichen Angehörigen wird der Aufenthalt in Belgien nur ausnahmsweise erlaubt. Besuche in Frankreich können z. Zt. noch nicht gestattet werden. Dies sei dringend zu beachten.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 04
Versorgung eines durchgehenden Flüchtlingstransports in Appenweiher: „Etwa 800 Flüchtlinge aus den von den Franzosen beschossenen Ortschaften in der Nähe von Verdun und Toul sind vorgestern hier eingetroffen und wurden von der Acherner Bahnhofs-Sanitätskolonne in guter und ausreichender Weise bewirtet. Die Erwachsenen erhielten Suppe mit Gulasch, die Kinder Milch und Brot. Um das Essen rechtzeitig fertigstellen zu können, wurde die ganze vorausgegangene Nacht hindurchgearbeitet. Die männliche Bevölkerung im Alter von 15 bis 50 Jahren wurde nach Rastatt verbracht. Die Frauen und Kinder seien durch die Schweiz nach Südfrankreich weiter befördert worden.“
Bedingungen für eine Pferdeversteigerung von der badischen Landwirtschaftskammer: „… von 9 trächtigen Stuten und 9 kriegsunbrauchbaren Pferden. Zur Versteigerung zugelassen werden nur solche Personen aus Baden, welche eine Erklärung unterschreiben, dass sie Pferde bei der Aushebung anlässlich der Mobilmachung abgeben mussten und zum Zwecke der Durchführung ihres eigenen landwirtschaftlichen Betriebes die Erwerbung eines Pferdes dringend bedürfen. Die Versteigerungspreise sind bar zu bezahlen. Wiederverkäufer und Händler sind ausgeschlossen. Übersteige der Gesamterlös den Schätzungspreis der Pferde und Unkosten, so werde der Steigerer finanziell berücksichtigt.“
Wettermeldungen zu Kenntnis: „Der lang erhoffte Witterungsumschlag ist nun eingetreten. Auf die lange Regenperiode der Herbst- und Wintermonate ist endlich leichter Schneefall mit mäßigem Frost gefolgt. Wünschenswert war dieser Wechsel für die Natur und auch im Interesse der Gesundheit unserer Truppen im Feld, so ist die trockene Witterung sehr zu begrüßen. Die Soldaten hatten bisher unter der Nässe sehr zu leiden. Nach den Feststellungen des amtlichen badischen Wetteramts war das Wetter im Dezember und in der ersten Hälfte des Januar, von einigen wenigen mäßig kalten Tagen abgesehen, überaus mild, dabei trüb und reich an Niederschlägen …“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 05
Vereinslazarett von Achern: „In die Eintönigkeit des Lazarettlebens brachte letzte Woche das Konzert des hiesigen katholischen Kirchenchores sowie die Vorträge von Herrn Stadtpfarrer Spitzer den verwundeten Kriegern hochwillkommene Abwechslung. Gestern fand wieder eine Unterhaltung mehr ernsterer Art statt; Herr Hauptmann Siebigk, welcher auch als Patient im Lazarett der Genesung harrt, hielt anhand des Hindenburg´schen Feldberichtes einen höchst belehrenden und packenden Vortrag über die Heldentaten des deutschen Heeres auf dem östlichen Kriegsschauplatz. Im Namen der Lazarettkommission dankte Herr Leutnant Löffel dem Vortragenden für seine überaus klare Darstellung, der demnächst auch das Friedrichs-Kreuz für Verdienste im Krieg erhalten werde.“
Verwundetentransport: „Gestern Nachmittag trafen wiederum eine Anzahl Verwundeter Krieger, 32 Mann, im städtischen Krankenhaus dahier ein. Es waren meistens schwer verwundete Leute, die aus einem Feldlazarett kamen. Sie hatten an den Kämpfen bei Soissons teilgenommen. Der Lazarettzug, mit dem sie hierher befördert wurden, fuhr das Geleis der Achertalbahn entlang bis zur Haltestelle. Von dort wurden die Leute durch die Sanitätskolonne und andere hilfsbereite Männer unter ärztlicher Leitung ins Krankenhaus getragen. Hoffentlich werde es der Kunst der Ärzte und der aufopfernden Pflege der Schwestern gelingen, die Braven wieder voll herzustellen.“
Verordnungen aus dem Bezirk von der Bäcker-Innung Achern bekannt, indem „laut Innungsbeschluss vom 19. des Monats das Schwarzbrot, der große Laib 60 Pfg., der kleine Laib 30 Pfg. koste, usw. Das sind sehr unbestimmte Begriffe, was ist zu verstehen unter einem großen, was unter einem kleinen Laib? Jeder andere Geschäftsmann setzt seine Ware nach einem bestimmten Maß oder Gewicht (Pfund, Meter, Liter usw.) ab, nur dem Bäcker, der uns das Notwendigste, das tägliche Brot liefert, soll es überlassen sein, seine Maße nach eigener Willkür einzurichten; schon im Hinblick auf die vielen armen, mit zahlreichen Kindern gesegneten Familien, denen in jetziger Kriegszeit die Beschaffung des täglichen Brotes so schwer fällt, wäre eine behördliche Einteilung über das Gewicht am Platz, damit der Käufer auch genau informiert werde. Die Bäckerinnung habe sich in der Kriegszeit verschiedenen Verordnungen zu unterwerfen, aber auch die Kundschaft zu informieren.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 06
Ein tollkühner Flieger: „Die Stadt Achern stellt in diesem Krieg auch bei der Fliegerabteilung ihre Hilfstruppen. Schon früher wurde bekannt, dass der Sohn des Glasmachers Rapedius bei der Fliegerabteilung tätig ist und seinerzeit auf einer der Tragflächen stehend, eine halbe Stunde über Berlin flog. Der wackere Flieger hat in der Zwischenzeit eine Reihe hervorragender Flüge im Heeresdienst ausgeführt, wobei er einer größeren Anzahl von Beschießungen standhalten musste. Für seine Leistungen erhielt er schon eine Auszeichnung in Form einer Medaille. Ein dienstlicher Flug habe ihn nun nach Mannheim geführt und den nutzte er zu einem Besuch in der Heimat.“
Vermisster Missionar Pater Albert Rexter aus hiesiger Stadt: „Durch das brutale Vorgehen der Engländer gegen die deutschen Kolonien im fernen Afrika, wurden auch die dortigen katholischen Missionen und insbesondere die Missionäre mit den Angehörigen der Missionsstationen hart betroffen. Unter den Missionaren, die im deutschen Kolonisierungsgebiet unter den englischen Gewalttaten zu leiden haben, befindet sich auch eine Acherner Bürgersohn, Pallottiner Pater Albert Rexter, Sohn des vor Jahren verstorbenen Briefträgers Joseph Rexter. Pater Rexter, der mit kurzer Unterbrechung, seit einer Reihe von Jahren in dem Kameruner Missionsgebiet tätig ist, befand sich bei Aufbruch des Krieges in Ikassa. Im Mutterhaus der Pallottiner in Limburg a. d. L. dem das Missionsgebiet Kamerun zugeteilt ist, fehlt seit September jede Nachricht. Nur soviel sei bekannt, dass diese Station, wie mehrere andere auch, von den Engländern beschossen und großer Materialschaden verursacht worden sei. Man müsse das Schlimmste befürchten.“
Aktuelle Verbote für das Bäckergewerbe: „Es ist ihm nicht mehr gestattet Weizen- und anderes Mehl ohne Weiteres zu verarbeiten, sondern nur nach den Bestimmungen des Bundesrats. Auch die Arbeitszeit in den Bäckereien ist beschränkt, die Nachtarbeit ist ganz verboten. Bezüglich der Arbeit an Sonntagen herrschte Unklarheit in den Bestimmungen des Bundesrats. Wie der Obermeister der Bäckerinnung Achern mitteilt, erhielt er auf eine Anfrage beim Vorsitzenden des Landesverbandes in Karlsruhe die Mitteilung, dass nach einer Bestimmung des Ministeriums an Sonn- und Feiertagen die Arbeit in den Bäckereien von morgens 7 bis 11 Uhr vormittags gestattet ist.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 07
Zum Turenne-Denkmal in Sasbach: „Das Großherzogliche Ministerium des Innern hat mit Entscheidung vom 30. Januar 1915 auf Grund §§ 1 und 2 der Verordnung des Bundesrats vom 20. November 1914 das im Eigentum der Staatsdomäne Frankreich befindliche Grundstück - Turennedenkmal - in Sasbach unter zwangsweise Verwaltung gestellt. Zum Verwalter sei Herr Bürgermeister Kühner in Sasbach bestellt.“
Wollsammlung für die Soldaten im Kampf gegen die Kälte. „Gebt eure alten Wollsachen ab. Wie bekannt übersteigt der Bedarf an Wolle in Deutschland weitaus den zurzeit vorhandenen Vorrat. Die Wollmengen wiederum müssen lediglich zur Herstellung von Strümpfen und Tuchen verwendet werden. Infolgedessen ist anzunehmen, dass in absehbarer Zeit in Bezug auf die Beschaffung der für die Schützengräben so notwendigen wollenen Decken und der ebenso erforderlichen warmen Unterkleidung für die Truppen und selbst im Wege der freien Liebestätigkeit erheblicher Mangel an Material eintreten wird. Deshalb ist es so notwendig, die in den Familien überflüssigen warmen Sachen, Woll-, Baumwoll- und Tuchsachen (sowohl Herren- wie Frauenkleidung, wie auch Unterkleidung) in möglichst großem Umfang der Verarbeitung namentlich zu wollenen Decken … zuzuführen. Aller Wahrscheinlichkeit seien noch zahlreiche überflüssige warme Sachen in den deutschen Familien vorhanden.“
Am 10. Februar informierte der ABB zur allgemeinen Kartoffelversorgung in Achern und Umgebung: „Die ungünstige Ernte an Kartoffeln in Baden und die Schwierigkeit der Beschaffung von Kartoffeln aus anderen Gegenden unter der Geltung der jetzigen Höchstpreise macht sich in einem Mangel an Speise- und Futterkartoffeln in den Städten sowohl wie in gewissen Landbezirken bemerkbar. Die Höchstpreise von 2,80 bis 3,05 Mark für den Zentner Kartoffeln ist niedriger, als der Kartoffelpreis in den meisten Friedensjahren. Die Folge davon ist, dass die Landwirte nur wenig Kartoffeln auf den Markt bringen, sie vielmehr gewissermaßen als eisernen Bestand für ihre eigene Wirtschaft zurückhalten, zumal die Kraftfuttermittel sehr teuer und kaum zu bekommen sind und für die Brotgetreide und Hafervorräte die Beschlagnahme bevorsteht. Die Badische Landwirtschaftskammer habe daher erneut die Erhöhung der Höchstpreise angeregt.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 08
Skikurs auf dem Ruhestein: „Der akademische Skiklub Karlsruhe veranstaltet auf dem Ruhestein einen Skiklub. Der Kursbeitrag ist auf 10 Mark festgesetzt, auch wird er auf dem Ruhestein eingezogen werden. Der Pensionspreis beträgt pro Tag und Person 4,40 bis 5 Mark. Näheres hierüber bei Herrn Lüsequist. Gepäck könne von Achern und Otterhöfen aus mit den angegebenen Zügen nach Ruhestein gebracht werden.“
Zu neuesten Regelungen der Bäckerinnung hiesiger Stadt, unter anderem „von Donnerstag ab, keine Milchwecken mehr zu backen. Es gibt von da ab nur noch Wasserweck, zu 3 und 6 Pfg. Die Bäckermeister des Bezirks wurden aufgefordert, ebenfalls nur noch Wasserweck zu backen. Die fernere Ernährung des Volkes verlangt, dass mit dem Weizenmehl sparsam umgegangen wird. Die Bevölkerung wird gewiss auch gerne bereit sein, sich diese kleine Entbehrung aufzuerlegen sein und dem Vaterland zuliebe ein Opfer bringen. Es gelte für alle das Sprichwort zur Tat werden zu lassen: Wer spart in der Zeit/Der hat in der Not.“
Aus Kappelrodeck über die Liebestätigkeit der Gemeinde für die hiesigen Kriegsteilnehmer: „Auch hier im Kappelrodeck, im trauten Kappelrodeck, hat die Gemeindeverwaltung, im alten Jahr noch, ein Paket jedem seiner Soldaten übersandt und zur Auszahlung von 5 Mark in bar pro Mann bewilligt. Aber auch der Militärhilfsverein mit Abteilung Sanitätskolonne vom Roten Kreuz konnte seinen 69 Mitgliedern, die im Feld stehen, dank der Opferwilligkeit seiner passiven, wie aktiven Mitgliedern, sowie hiesiger Geschäftsleute, vorige Woche mit einem Liebespaket erfreuen. Lasst uns so fortfahren, ein jeder nach seiner Art und Können fürs Vaterland.“
Treue Dienste im städtischen Unternehmen: „Anlässlich des Geburtstagsfestes seiner Majestät des deutschen Kaisers, erhielten seitens des Verbandes südwestdeutscher Industrieller, die bei der Firma J. H. Ziegler dahier in Stellung befindlichen Herren Adolf Rest, Bürogehilfe, für 21jährige und G. Vogel, Arbeiter, für 20jährige Dienstzeit, die Verdienstmedaille, für treue Arbeit, nebst Ehrendiplom.“ Den Beteiligten sei der Dank sicher.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 09
Aus Oberachern über ein Familienschicksal in ferner Gefangenschaft: „Unteroffizier Roman Roth erhielt die Großherzog Friedrich-Verdienstmedaille. Unteroffizier Roth ist der Sohn des Zimmermeisters Franz Roth dahier, der seit Kriegsausbruch sich als Zivilgefangener in Russland befindet. Er war zu jener Zeit bei einer deutschen Baufirma in Riga beschäftigt, wurde von Russen interniert und nach Wologda verbracht, wo er sich angeblich noch befinden soll. Mögen Vater und Sohn bald gesund wieder in ihre Heimat zurückkehren.“ Desgleichen kam eine Todesnachricht aus Nordfrankreich: „In St. Quentin starb an Typhus-Erkrankung Lackierer Ferdinand Vollmer von hier. Der Verstorbene diente beim Inf.-Rgt. Nummer 113. Vollmer stand im 36. Lebensjahr, er war verheiratet und Vater von vier Kindern. Ehre dem Andenken des für das Vaterland Gestorbenen. Ferdinand Vollmer war der Schwiegersohn des Herrn Sodawasserfabrikanten Ganz dahier. Anteilnahme begleite die Angehörigen zutiefst!“
Brotverbrauch in Wirtschaften: „Es ist von Interesse, zu erfahren, wie künftig der Brotverbrauch in Wirtschaften geregelt und festgesetzt wird. Hierfür ist der Verbrauch in der Zeit vom 1. bis 15. Februar maßgebend. Nach dieser Zeit erhält die einzelne Wirtschaft, wie es in Mannheim geschieht, von dem in genannter Zeit ermittelten durchschnittlichen Verbrauch drei Viertel, also pro Woche 7 mal ¾ dieses Tagesverbrauchs. In allen Gasthäusern und Wirtschaften dürfen Backwaren. Brot usw. nur noch auf besondere Bestellung des Gastes und gegen besondere Bezahlung abgegeben werden. Das Aufstellen zum beliebigen Genuss sei künftig verboten.“
Story von minderjährigen Abenteurern. „Die Lust Soldat zu sein, hat hier zwei jugendliche Burschen von 12 und 13 Jahren erfasst. Sie fassten den Beschluss miteinander in den Krieg zu ziehen. Wohl wissend, dass sie infolge ihrer Jugend vom Bezirkskommando Rastatt zurückgewiesen werden würden, beschlossen sie direkt gegen den Feind zu marschieren und zu versuchten bei Greffern über den Rhein zu kommen. Sollte auch das misslingen, so wollten sie ihr Glück durch die Schweiz versuchen. Auf die Reise sollen sie sich mit Brot und Speck und auch mit etwas Kleingeld versehen haben. (Ob sie dies, wie zu vermuten ist, den Eltern gestohlen haben, sagt der Einsender nicht). Wie weit die beiden Ritterknappen mit Erfolg unterwegs seien, werde die Zeit lehren. Eine Portion Ungebrannte dürfte ihren Tatendurst wohl am besten stillen.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 10
Verwundetentransport: „Gestern Abend nach 5 Uhr trafen hier wieder eine Anzahl verwundeter Soldaten ein, 55 Mann, um im städtischen Krankenhaus Aufnahme zu finden. Die Mannschaften, die meistens keine allzu schweren Verwundungen aufwiesen, kamen aus Nordfrankreich. Mögen sie hier baldige Heilung und volle Genesung finden. Ein Teil der bisherigen Insassen des Hauses, deren Genesung ziemlich vorangeschritten ist, fanden anderweitig Aufnahme.
Tabakanbau: „Vielfach hörte man sagen, dass dies Jahr der Tabakbau gesetzlich verboten oder doch erheblich eingeschränkt werde. Wie von zuständiger Seite gemeldet wird und auch die Süddeutsche Tabakzeitung berichtet in einer ihrer neuesten Nummern, soll von einer Beschränkung des Tabakbaues mit Rücksicht auf unsere im Feld stehenden Krieger, denen der Tabak- und Zigarrengenuss nicht vermindert werden soll, abgesehen werden. Sowohl der Pfeifentabak, wie auch die billigeren, mittleren Zigarrensorten, die zum großen Teil in Mischung aus unserem Tabak mit ausländischem hergestellt werden, werden jetzt massenhaft vom Militär geraucht. Der Soldat will eine billige Zigarre. Der Anbau von Tabak sollte in diesem Jahre, wie Brot und Futter, Getreide, Kartoffeln, Gemüse etc. im Vordergrund stehen. Allerdings sollte im Sinne der Volksernährung, die fehlenden Arbeitskräfte und der Mangel an künstlichen Düngemitteln berücksichtigt werden, was eine Einschränkung des Tabakanbaues tatsächlich nahe lege.“
Aktuelle Nachrichten zu den Bombenabwürfen über Freiburg, worüber schon verschiedene Versionen in der Öffentlichkeit kursierten: „Nach dem Wolffschen Büro soll jedoch nur ein Flieger über Freiburg erschienen sein. Es gibt die Nachricht in folgender Fassung: Ein feindlicher Flieger warf gestern in Freiburg zwischen halb 3 und 3 Uhr nachmittags drei Bomben in den westlichen Stadtteil. Zwei fielen auf das katholische Mädchen-Institut und richteten erheblichen Schaden an. Eine fiel in die Sedanstraße und verursachte bedeutenden Schaden. Nach dieser Nachricht sei niemand verletzt worden.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 11
Erneut zum Turenne-Denkmal, denn: „mit dem Turenne-Denkmal bei Sasbach haben sich seit Ausbruch des Krieges einzelne Zeitungen wiederholt beschäftigt. Mehrfach wurde dessen Beseitigung verlangt. In der Augsburger Postzeitung beschäftigt sich dieser Tage jemand mit dieser Frage und schreibt: ‘Die alten Sasbacher behaupten sogar, dass noch eigens französische Erde aus Frankreich beigeschafft worden sei, damit ja das Denkmal auf französischem Boden stehe. So erhob sich unmittelbar neben der bekannten Anstalt des Prälaten Lender diese Erinnerung aus Deutschlands trauriger Zeit als eine Art Wallfahrtsort französischer Ruhmsucht. Draußen leuchtete aber die deutsch gewordene Rheinebene, farbig und fruchtbar lag das schwere Land mit seinen zahlreichen Obstbäumen im Segen eines arbeitsamen Friedens, der jetzt durch die Nachkommen jenes Turenne und jener denkmalseifrigen Regierung wieder jäh zerstört ist.’ Nach einigen historischen Ausführungen zur Entstehung und Bedeutung zog der Schreiber sein Resümee: ‘Drüben aber über dem Rhein grüßt an klaren Tagen das Straßburger Münster herüber, als deutsche Antwort auf dieses welsche Denkmal, das jetzt der badische Staat unter zwangsweise Verwaltung gestellt hat. Lasst es stehen, es ist gut für uns, wenn wir an schwere Zeiten erinnert werden und an Zeiten fruchtloser, ja verlästerter Gutmütigkeit. Und dann aber am Schluss, wenn uns Gott gnädig war, dann lasst eine neue Platte in den welschen Obelisken ein und schreibt darauf den Sieg von 1914-15!’ Dann werde das Stück Franzosenland auf unserem Boden wirklich deutsch!“
Jahreshauptversammlung des Vorschussvereins Achern e. G. m. u. H: „Herr Direktor Lott erläuterte eingehend den Geschäftsbericht und hob hervor, dass bei Kriegsausbruch ganz außerordentliche Ansprüche an die Kasse gemacht worden sind, wurden doch in den ersten 14 Tagen ca. Mark 250000.- an Spareinlagen und Depositen zurückverlangt, deren Auszahlung glatt, ohne vorherige Kündigung, erfolgte. Der größte Teil dieser Abhebung sei aber in kurzer Zeit der Kasse wieder zugeflossen, nachdem viele der Abheber eingesehen hatten, dass die anfängliche Angst nicht berechtigt war. Der Umsatz von insgesamt ca. 40 Millionen Mark blieb naturgemäß hinter dem des Vorjahres zurück.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 12
Östlicher Kriegsschauplatz: „An der großen Schlacht in Ostpreußen, die zu dem gewaltigen Sieg über die Russen geführt hat, nahm u.a. auch der Sohn des Herrn Bäckermeisters Friedrich Lott, Ignanz Lott, teil. Leider wurde derselbe, wie seinen Angehörigen inzwischen mitgeteilt wurde, durch einen Schuss in die Lunge schwer verwundet. Er befindet sich zurzeit in einem Lazarett in der eroberten russischen Stadt Suwarki. Ignaz Lott hatte zu Beginn des Krieges die Schlacht bei Mülhausen mitgemacht und nachher an mehreren Gefechten mit Auszeichnung teilgenommen, bis er durch eine Kugel, die ihm in den Fuß drang, verwundet wurde. Nach seiner Heilung kam Lott nach Frankreich, um an den Kämpfen bei Vermelles teilzunehmen. Später ist Lott an die Ostfront gekommen.“
Goldsammlung in Achern, die auf Veranlassung der Direktion der Realschule Schüler der Anstalt durchführten: „Um die Wette durcheilten die Kinder die Straßen der Stadt, klopften Trepp auf Trepp ab an den Türen mit der Frage: ‘Habt Ihr Gold’. Wenn auch an vielen Türen mit einem ablehnenden Bescheid fortgeschickt, war das Ergebnis doch ein sehr erfreuliches. Die Sammlung ergab, wie die heute in der Schule stattgefundene Zusammenstellung zeigte, die anschauliche Summe von Mark 8060.- achttausend und sechzig Mark - welche der Reichsbank zugeführt werden kann. Für ihren an den Tag gelegten Eifer ist den Sammlern ein schulfreier Tag in Aussicht gestellt.“
Über das badische Kriegskochbüchlein, das soeben erschienen war: „Es enthält mancherlei beachtenswerte Winke für die Hausfrauen während der Kriegszeit und wurde von der Vorsteherin der Koch- und Haushaltungsschule des Badischen Frauenvereins Emma Wundt mit Unterstützung der Regierung vom Badischen Frauenverein herausgegeben. Der billige Preis von 15 Pfennig ermöglicht es jeder Hausfrau das Kriegskochbüchlein anzuschaffen, das für sie ein guter Ratgeber gerade in der jetzigen Zeit darstellt. Auch die Hausfrauen sollten sich immer wieder erinnern, dass jedes vernunftgemäße Wirtschaften auch im kleinsten Haushalt die Leistungsfähigkeit unserer Nation erhöht. Das Büchlein ist auch in der Buchhandlung Unitas in Achern erhältlich.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 13
Schulkinder zum Eichelsammeln: „Da auch jetzt noch große Mengen zur Fütterung brauchbarer Eicheln in unseren Wäldern liegen und für die Ernährung der Bevölkerung während des Krieges die Erhaltung eines ausreichenden Schweinebestandes von außerordentlicher Wichtigkeit ist, hat das Unterrichtsministerium an die Schulbehörden und Lehrer der Volksschulen die Aufforderung gerichtet, die Schüler der Volks- und Fortbildungsschulen entsprechend über den augenblicklichen Wert der Eichel zu belehren und zum Einsammeln vom Eicheln in der Schule anzuregen. Über schulfrei für Schüler und Schülerinnen der Volksschule und der Fortbildungsschule zu landwirtschaftlichen Arbeiten werde jetzt beraten.“
Bierteuerung in der Stadt: „Das Biertrinken wird teurer. In der gestern Nachmittag im „Ratskeller“ dahier stattgefundenen Wirteversammlung wurde beschlossen, angesichts der Erhöhung des Bierpreises durch die Brauereien, den Ausschankpreis des Bieres von heute an ebenenfalls um 2 Pfennig zu erhöhen.“ Das Glas Bier kostet somit statt bisher 10 nunmehr 12 Pfennig.“
Goldsammlungen in der Stadt. „Auch die Schüler der hiesigen Volksschule haben bei der in den letzten Tagen vorgenommenen Goldsammlung ein sehr ansehnliches Resultat erzielt. Über Mark 11000 wurden von ihnen an 10 und 20 Marktstücken zusammengebracht und konnten so der Reichsbank zugewiesen werden. Mit der gestern gemeldeten, von den Realschülern gesammelten Summe von Mark 40880, ergab die Goldsammlung der hiesigen Real- und Volksschule die ungewöhnlich hohe Summe von rund Mark 52600 – Zweiundfünfzigtausend Mark -. Diese Summe zeigt, dass immer noch viel Gold unter dem Publikum zu finden ist. Die Sammlung legt aber andererseits beredtes Zeugnis ab, von dem Fleiß und dem Eifer, mit dem unsere Schüler sich opferfreudig der ihnen übertragenden Aufgabe gewidmet haben. Im Kriegsjahr 1915 haben sie sich den Dank des Vaterlandes verdient.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 14
Leseranfrage: „Wann werden Vermisste für tot erklärt? Diese Frage beantwortet das Bürgerliche Gesetzbuch in folgendem Sinne: In Friedenszeiten kann jemand, von dem seit zehn Jahren keine Nachricht mehr eingetroffen ist, jedoch nicht vor dem Ende des Jahres, in dem der Verschollene das 31. Lebensjahr zurückgelegt hätte, für tot erklärt werden. War der Verschollene zurzeit seines letzten Lebenszeichens auf einer Seefahrt und ist das Fahrzeug untergegangen, so läuft diese Frist noch eher ab. Im Kriegsfall kann die Todeserklärung erfolgen, wenn drei Jahre nach dem Friedensschluss von dem Vermissten keine Nachricht eingetroffen ist.“
In der nächsten Ausgabe kam die „Kriegsspionage“ zu Wort: „Die Soldaten nicht ausfragen! Wie wir kürzlich schon mitteilten, hatte man die Beobachtung gemacht, dass sich in diesen Zügen die Reisenden sowohl während der Fahrt als auch auf den Bahnöfen den verwundeten Soldaten nähern und sie ausfragen. Dabei werden nicht selten Einzelheiten über den Verlauf der Gefechte, über die Auffüllung der Truppen usw. preisgegeben und können schließlich dem Feind zu Ohren kommen. Die Generaldirektion der Badischen Staatsbahnen hat deshalb eine Anordnung getroffen, wonach das Zugpersonal und die Stationsbeamten anzuweisen sind, die Annäherung von Zivilpersonen an Verwundete, Begleitmannschaften, Sanitäter möglichst zu verhindern.“
Von Helden aus Oberachern und Achern war in den nächsten Ausgaben zu lesen: „Den Eltern des am 25. Januar des Jahres auf dem Schlachtfeld gefallenen Kriegers Karl Baumgratz von hier, wurde nachträglich für dessen Tapferkeit die Großherzoglich Badische Silberne Verdienstmedaille am Bande der Karl Friedrich Verdienstmedaillen zugesandt und diese Auszeichnung wurde den Eltern überreicht mit einem anerkennenden Begleitschreiben vom Hauptmann des Regiments, bei dem der Verstorbene gedient hat.“
„Letzten Dienstagabend veranstalteten die Sanitätskolonne Achern zu Ehren der beiden auf Urlaub zurückgekommenen Mitglieder, Klein und Hofer, einen Begrüßungsabend. Die genannten Mitglieder stellten sich zu Kriegsbeginn dem Roten Kreuz freiwillig zur Verfügung und waren seit mehreren Monaten im Dienste der Kranken in Lazaretten in Nordfrankreich tätig.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 15
Haushaltsplan der Stadtverwaltung Achern. Die schweren Kriegszeiten bedingten steigende Ausgaben für die in Not geratenden Soldatenfamilien: „Der Voranschlag der Stadt Achern für das Jahr 1915 steht eine Gesamtausgabe von 212 358 Mark vor. In ordentlichen Einnahmen verzeichnet derselbe 70796 Mark, neben Rückständen im Betrag von 28 056 Mark. Der durch Umlage zu deckende Betrag zur Herstellung des Gleichgewichts im städtischen Haushaltsplan beträgt 138253 Mark. Vergleichende Zahlen des neuen Voranschlages mit solchen früherer Zahlen zeigen, dass die Einnahmen nur ein geringes Wachstum aufweisen, während die Ausgaben ganz bedeutend gestiegen sind. Es dürfe jedoch nicht außer acht gelassen werden, dass auch die Steuerwerte größeren Schwankungen unterliegen können und gerade im Jahre 1915 hat das Betriebsvermögen wie der neueste Voranschlag zeige, gegen das Vorjahr eine ganz beträchtliche Minderung zu verzeichnen. Für das laufende Jahr müsse infolge des Krieges mit einer weiteren Minderung der Steuerwerte, insbesondere der Steuerwerte des Betriebsvermögens und der Einkommenssteuersätze gerechnet werden.
Gewachsen sind im städtischen Voranschlag im Laufe des Jahres u. a. die Ausgaben für die Schulen. Im Jahr 1909 erforderte der Aufwand der Stadt für die Volksschule den Betrag von ca. 17500 Mark, im Jahr 1915 einen solchen von 22 600 Mark. Für die Realschule verausgabte die Stadt 1909 die Summe von rund 15700 Mark im Jahr 1915 17800 Mark. Die Gewerbe- und Handelsschule erforderte im Jahr 1909 einen Betrag von 5200 Mark, 1915 einen solchen von 6400 Mark. Bedeutend gewachsen ist ferner der Aufwand für Armen- und Krankenpflege. Im Jahr 1909 erforderte derselbe den Betrag von rund 5000 Mark, im Jahr 1915 einen solchen von 10300 Mark, er ist somit reichlich um den doppelten Betrag gewachsen. Der Armenaufwand habe im Jahr 1914 vergleichsweise 7853 Mark betragen.
Alle diese Zahlen zeigen, dass im städtischen Haushalt äußerste Sparsamkeit geboten ist, sofern die Steuerkraft der Einwohnerschaft nicht über Gebühr belastet und wenn mit dem niedrigen Umlagefuß von 36 Pfennig ausgekommen werden soll.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 16
„Reiche Ernte hält der Tod zurzeit unter den verwundeten Soldaten, die vor wenigen Tagen aus dem Schlachtfeld Frankreich kommend, im hiesigen Krankenhaus eingetroffen sind. Vier tapfere Krieger sind dortselbst in den letzten Tagen gestorben. Die gemeinsame Beerdigung zwei derselben fand gestern Nachmittag unter außergewöhnlich zahlreicher Beteiligung unserer Stadtgemeinde statt. Es waren dies: Wehrmann Benedikt Dick, geboren am 16. Juni 1885 zu Weitbrecht in Württemberg, Landwirt vom Beruf und der Grenadier Ernst Wall, geboren am 3. Januar 1892 zu Storkow in Pommern. Im gemeinsamen Leichenzug, an dem sich auch der Militärverein beteiligte, wurden sie zu Grabe geleitet. Der Erstere war katholisch, der zweite protestantisch, die amtierenden Geistlichen beider Konfessionen folgten den Leichenwagen, beide verrichteten auch nacheinander die kirchlichen Funktionen. Weiter starben im Krankenhaus: Musketier Paul Teichmann, dessen Beerdigung findet heute Nachmittag statt. Ferner starb letztverflossene Nacht Grenadier Wilhelm Gundlach, geboren am 21. Oktober 1892 in Mecklenburg-Strelitz, Lehrer von Beruf.
Auf den nebeneinander liegenden Plätzen reiht sich auf hiesigem Kirchhof Kriegergrab an Kriegergrab. Mit Schmerz und Trauer gedenkt man der tapferen deutschen Helden, die ihr Leben für das Vaterland geopfert haben.“
Zur Verwendung von Kriegsgefangenen als landwirtschaftliche Arbeiter: „Das Großherzogliche Ministerium des Innern hat die endgültig aufgestellten Bedingungen und Grundsätze für die Abgabe von Kriegsgefangenen zur Verwendung als landwirtschaftliche Arbeiter den zuständigen Behörden, Bezirksämtern und Bürgermeisterämtern, bekannt gegeben. Die badische Landwirtschaftskammer nimmt Bestellungen zur Vermittlung von Kriegsgefangenen entgegen und macht drauf aufmerksam, dass größere landwirtschaftliche Betriebe oder Gemeinden rechtzeitig ihren Bedarf anmelden. Die Bedingungen sind bei den Bürgermeisterämtern nachzusehen, auch die zuständigen Landwirtschaftslehrer und die Landwirtschaftskammer geben darüber Auskunft.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 17
Monatsversammlung des katholischen Arbeitervereins: „Herr Stadtpfarrer Dr. Huck hielt einen überaus lehrreichen Vortrag über das Seekabel, h. h. über den überseeischen Telegraph, dessen Herstellung und Bewertung und vor allem seine Bedeutung im heutigen Weltkrieg. In allgemeinen Darlegungen schilderte Redner zunächst die Arbeiten und das Material bei Legung des Kabels, ferner dessen Bedeutung für den internationalen Nachrichtendienst, den zu beherrschen, England von jeher sich angestrengt hat. Herr des Kabels zu sein, war immer das Ziel der englischen Regierungsmänner. Englische Großfirmen legten die Kabel durch die Weltmeere. Deren Lage und Richtung ist unseren Gegnern also bekannt und so wussten sie bei Kriegsbeginn nichts Eiligeres zu tun, als die deutschen Kabeln durchzuschneiden und unseren Nachrichten-Verkehr mit überseeischen Ländern brach zu legen. So waren die ferneren Länder nur auf englische Nachrichten angewiesen und wie diese die Gelegenheit benutzten, Deutschland zu verleumden und anzuschwärzen, ist längst bekannt. Der Vortrag ist lebhaft aufgenommen worden und am Ende ist beschlossen worden, in diesem Jahr eine Wallfahrt zur Gnadenmutter nach Maria-Linden zu unternehmen.“
Unpfändbarkeit der Familienunterstützungen: „Auf die Frage, ob die den Angehörigen der Kriegsteilnehmer auf Grund des Gesetzes vom 18. Februar 1888 in der Fassung des Gesetzes vom 4. August 1914 gezahlten Unterstützungen der Pfändung oder der Aufrechnung unterliegen, hat der Staatssekretär des Innern folgendes erwidert: Nach dem Zweck des genanten Gesetzes stellen sich die Unterstützungen als Beiträge zum Unterhalt dar. Sie sind daher den auf gesetzlicher Vorschrift beruhenden Unterhaltsforderungen gleichzustellen. Mithin unpfändbar. Daraus ergebe sich, dass der Anspruch der Aufrechnung nicht unterliege und nicht abgetreten werden könne.“
Weiter war in dieser Ausgabe zu lesen: „Der öffentliche Wetterdienst wird von den Post und Telegrafenanstalten wie im Vorjahre in der Zeit vom 1. Mai 31. Oktober wahrgenommen werden. Über den Bezugtäglichen Wetter Telegramme und Karten erteilen die Post Telegrafenanstalten nähere Auskunft.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 18
Unlautere Geschäftemacherei auf dem Markt. „Über ländliche Kunst wird heutzutage viel geredet und geschrieben. Über einen bäuerlichen Kunstzweig aber wird geschwiegen, nämlich die Kunst Butter zu verfälschen. Bei den jetzigen unerschwinglichen Butterpreisen ist diese Hantierung recht rentabel. Kaufte da auf dem letzten Wochenmarkt ein Handelsmann von einer Bäuerin einen Ballen Butter. Infolge des ängstlichen Benehmens dieser Dame traute der Käufer dem Landfrieden nicht länger und schnitt die Butter, - leider verspätet - entzwei. Und was zeigte sich da? Eine innige Verbindung mit anderer edler Schmiere! Käufer lasst euch nicht betrügen und prüft rechtzeitig.“
Außerdem gab es schulische Nachrichten, denn „Bei der vorige Woche in Karlsruhe stattgefundenen Dienstprüfung für Lehrerinnen hat Fräulein Seiler, Lehrerin an der hiesigen Volksschule, diese Prüfung mit bestem Erfolg bestanden. Gratulation!“
Am 2. Mai berichtete der ABB über zwei brave Arbeiter, die unverhofft vor das Kriegsgericht kamen: „Zwei junge Burschen waren als Arbeiter bei der Elektrizitätsgesellschaft Achern angestellt. In dieser Eigenschaft richteten sie im nahen Lichtenau elektrische Lichtanlagen ein. Täglich fuhren sie auf ihren Rädern dahin und abends wieder zurück nach Schwarzach. Sie hatten keine Ahnung davon, dass für die paar Schritte von der Ulm-Lichtenauer Grenze bis in diese Großstadt ein vom Festungsgouvernement Straßburg und vom Zivilkommissar in Kehl unterzeichneter Pass nötig sei. Denn wohlgemerkt, Lichtenau gehört noch in den Festungsbereich Straßburg. Nie wurde auch ein solcher Pass von irgendeiner Seite abverlangt. Plötzlich bekommen unsere beiden Burschen auf letzten Freitag Vorladung vor das Kriegsgericht in Straßburg wegen Übertretung des Spionagegesetzes. Dort teilte man ihnen mit, dass von drei Seiten von Lichtenau aus Anzeige gegen sie gemacht worden sei. Jedoch sei von Spionage nichts zu finden gewesen, so wurden sie frei gesprochen. Doch war der Ärger über entgangenen Taglohn, Reisekosten und Zehrung groß gewesen. So sei´s allen ohne gültigen Reisepass gesagt, bleibt von Lichtenau weg und kauft bei hiesigen Geschäftsleuten! (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 19
Eiseinkellerung - besser spät als nie: „Eine mit vier Ochsen bespannte, schwere Ladung Schnee, bestimmt für einen Eiskeller, wurde heute früh durch die Stadt gefahren. Der Schnee stammt vom Fuße der Hornisgrinde. Obschon der Frühling hier unten längst die Herrschaft angetreten hat, lagern dort oben in den nordseitigen Bergkesseln und Schluchten noch große Mengen des winterlichen Produkts. In der Tat, Schnee bilde jetzt einen großen Kontrast zu der blühenden Natur und üppigen Vegetation, deren man sich in den warmen Maitagen erfreue.“
Über das Kriegsschicksal vom Zimmermann Franz Roth aus Oberachern: Er „stand vor dem Krieg bei einer industriellen Straßburger Großfirma in Diensten. Bei Kriegsausbruch befand er sich, wie seinerzeit mitgeteilt wurde, im Auftrag dieser Firma in Riga in Russland. Er wurde von der russischen Regierung als Zivilgefangener festgenommen und ins Innere des Landes verbracht. Jetzt wurde er durch Vermittlung der deutschen Regierung ausgetauscht und ist über Schweden hierher zurückgekehrt. Er war mehrere Monate in der Stadt Wologda interniert gewesen, wo sich noch über 2000 deutsche Kriegsgefangene befinden.“
Versteigerung von 60 kriegsunbrauchbaren Pferden in Achern: „Zur Versteigerung zugelassen werden nur solche Personen aus Baden, welche eine Erklärung unterschreiben, dass die Pferde bei der Aushebung anlässlich der Mobilmachung abgegeben werden mussten und zum Zweck der Durchführung ihres eigenen landwirtschaftlichen Betriebes die Erwerbung eines Pferdes bedürfen. Die Versteigerungspreise sind bar zu bezahlen, Wiederverkäufer und Händler jedoch ausgeschlossen.“
Freiwillige Feuerwehr: „Da die Hälfte der Wehrleute zur Verteidigung des Vaterlandes einberufen ist, musste eine Neuzusammenstellung der einzelnen Abteilungen vorgenommen werden. Die zurückgebliebenen Wehrmänner zeigten Eifer und Fleiß, so dass die einzelnen Abteilungen ihre Aufgaben voll und ganz gerecht wurden. Durch kräftige Hilfe wurde es möglich die Mannschaften in sämtlichen Geräten zu unterrichten, so dass im Ernstfall alle Abteilungen einander unterstützen können. Am Schluss hat Kommandeur Schnurr eine kurze Kritik gehalten, mit einem Dank an alle Wehrmänner ausklingend mit dem Wunsch, dass bald ein ehrenvoller Friede zustande komme. Das walte Gott!“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 20
Veränderungen bei der Achertalbahn. Sie „hat merkwürdigerweise ihren auf den 1. Mai ausgegebenen Fahrplan einige Tage später wesentlich abgeändert. Mehrere Züge haben ganz andere Fahrheiten. Die ausgegebenen Kursbücher und Fahrpläne geben also die Fahrzeiten mehrerer Züge auf dieser Bahn nicht richtig an. Wenn Weisende dadurch den Zug verfehlen und in ihren Reisedispositionen gehemmt und geschädigt sind, so trägt daran nur die Verwaltung dieser Nebenbahn die Schuld. An den nötigen Beschwerden bei dieser Verwaltung werde es in Zukunft also nicht fehlen.“
Am gleichen Tag schrieb der ABB von jungendlichen Umtrieben zu nächtlicher Stunde: „Ermutigt durch die jetzt verminderte Anzahl der Polizisten unternahm eine Schar halbflügger Buben am Samstag einen nächtlichen Sturmangriff auf die Drahthäge und Lattenzäune der Stadt, zum Teil empfindlichen Schaden anrichtend. Auch nahm das nächtliche Gesindel Umgruppierungen von Kanaldeckeln, Steinen usw. dabei vor. Unsere Einwohnerschaft hat ohnehin unter den Wirkungen des Krieges zu leiden und soll nun auch den Schaden, den diese frechen Nachtvögel anrichten, tragen. Die Gendarmerie ist diesen Rohlingen bereits auf den Fersen. Wir sind kein Freund russischer Bräuche, aber 25 echte russische Knutenhiebe auf die übliche Stelle wären bei dieser verdorbenen Jugend eher angebracht, als ein Sommeraufenthalt in der kühlen Villa Hammel.“
„Eine angenehme Überraschung wurde uns dieser Tage zuteil. Auf Anregung der Frau Bruns in New York, einer Tochter des Gemeinderats Roman Ketterer hier, wurde eine Sammlung unter den eingewanderten Sasbachern New Yorks zu Gunsten der Sasbacher Krieger veranstaltet. Das Ergebnis mit 1200,00 Mark wurde von einem Bremer Bankhaus dem hiesigen Bürgermeisteramt übermittelt. Ehre und Dank sei der Veranstalterin, sowie den Spendern ausgesprochen.“
Weiterhin wurde eine Neureglung der Polizeistunde auf Gesellschafts- und Vereinsveranstaltungen bekannt gegeben: „Nach dieser neuen Verfügung ist es verboten, dass in den Städten mit über 10000 Einwohnern nach 12 Uhr nachts und in den übrigen Gemeinden nach 11 Uhr nachts in den Wirtschaften der Wirtschaftsbetrieb fortgesetzt wird. Dieses Verbot erstreckt sich auch auf die Veranstaltungen von Vereinen und geschlossenen Gesellschaften in Wirtschaften, auch wenn nur Mitglieder und persönlich eingeladene Gäste zu den Veranstaltungen Zutritt haben, findet aber keine Anwendungen auf die Verabreichung von Speisen und Getränken an Fremde, welche in Gasthäusern übernachten oder auf der Durchreise in solchen anhalten. Übertretungen können mit bis zu 1 Jahr Gefängnis bestraft werden.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 21
Seelsorgerwechsel in der Illenau: „Zum Seelsorggeistlichen der Anstalt Illenau, als Nachfolger des in den Ruhestand getretenen Herrn Pfarrer Alles wurde von der Kirchenbehörde der hochwürdige Herr Pfarrer Anton Grumann ernannt. Der neue Anstaltsgeistliche hat seinen Posten bereits angetreten.“
Am gleichen Tag erschien aus Furschenbach eine Meldung über einen Gefangenentransport zu Arbeitszwecken in den Steinbruch: „Vorgestern kamen aus dem Gefangenenlager in Rastatt 30 Russen unter Bewachung hier an. Dieselben werden in dem der Bahngesellschaft Achern-Ottenhöfen gehörigen, in unmittelbarer Nähe des Bahnhofes gelegenen Steinbruches beschäftigt und haben Verpflegung und Unterkunft im Gasthaus ‘Zum Rebstock’. Dies Ereignis hatte zahlreiche Neugierige, selbst von auswärts, angelockt. Die seltenen Gäste, von denen in dem jetzigen Weltkrieg schon viel Unrühmliches zu hören gewesen sei, wollte mancher aus eigner Anschauung sehen.“
Veränderte Verwaltungsstrukturen im Großherzogtum. Dabei „ist die Bezirksbauinspektion Achern aufgehoben worden. Die Amtsbezirke Achern und Bühl sind der Bezirksbauinspektion Baden und die Amtsbezirke Kehl nach Oberkirch der Bezirksbauinspektion Offenburg zugeteilt. Ferner werden der Amtsbezirk Ettlingen der Bezirksbauinspektion Karlsruhe, der Amtsbezirks Ettenheim der Bezirksbauinspektion Emmendingen und der Amtsbezirk Breisach der Bezirksbauinspektion Freiburg zugewiesen. Besagte Neureglungen gelten ab dem 1. Juli 1915.“
Am gleichen Tag informierte der ABB zur allgemeinen Kostensteigerung und in besonderer Verlegersache: „Da alle Rohmaterialien, wie Papiere, Farben, Fette, Metalle usw. infolge der Kriegslage teilweise bis zu 300 % und noch mehr im Preis gestiegen sind und auch heute noch andauernd steigen, so werden wir, um wenigsten einen Teil unserer Mehrauslagen zu decken gemäß der Gepflogenheit anderer Zeitungsverleger in Baden und auch über Baden hinaus von heut ab 5 Pfennig für Sonderblätter erheben.
Des Weiteren war von der Stadtverwaltung zu hören: „Um die lästige Staubbildung zu steuern, werden zurzeit die Hauptverkehrsstraßen unserer Stadt, die Allerheiligen- und Hauptstraße, geteert. Die Staub wirbelnden Autos verkehren zwar diesen Sommer weniger zahlreich als in früheren Jahren, trotzdem sind die Anwohner der Straßen für die Neuerung dankbar.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 22
Neue Begriffsregelung auch im persönlichen Verkehr: „Sanitätsmannschaften. Der Ausdruck Sanitäter für das Heeressanitätspersonal oder Angehörige der freiwilligen Krankenpflege soll nicht mehr angewandt werden. Es sind nur folgende Dienstbezeichnungen zulässig: Bei dem Unterpersonal im militärischen Sanitätsdienst heißt es Sanitätsmannschaften, (Sanitätsfeldwebel, usw.) und bei den Angehörigen der freiwilligen Krankenpflege freiwilliger Krankenpfleger, usw. Auch im persönlichen Verkehr solle die Anwendung des Ausdrucks Sanitäter fortan nicht mehr stattfinden.“
Sammlung „von umlauffähigen Geldstücken und ungestempelten Postwertzeichen des Auslandes durch das badische Rote Kreuz. Die kleinen Vorräte an Münzen und Marken haben für sich genommen nur geringen Wert, während sie zu größeren Beständen vereinigt, sich sehr gut in deutsches Geld umsetzen lassen. Auch der Badische Landesverein vom Roten Kreuz wird gerne derartige Münzen und Marken für das Rote Kreuz verwerten, wenn sie durch die Ortsausschüsse vom Roten Kreuz, Frauenvereine, Männerhilfsvereine und dergleichen an die Kassenverwaltung des Badischen Landesvereins vom Roten Kreuz in Karlsruhe, Gartenstraße 49, eingesandt werden. Jedem der Gegenstände der bezeichneten Art im Wert von wenigstens 25 Mark abgibt, werde als Ehrenpreis eine künstlerische von Prof. Gaul entworfene Gedenkmünze, die aus Eisen unter Verwendung von erbeutetem Geschoßmetall hergestellt wird, zugesandt.“
Billigere Backwaren: „Der Kommunalverband für den Bezirk Achern hat die Brotpreise mit Wirkung von 1. Juni etwas herabgesetzt. Der Laib Roggenbrot im Gewicht von 1500 Gramm kostet nunmehr 60 Pfennig, statt bisher 66, der Laib von 750 Gramm 30 Pfennig, statt bisher 33. Auch die Mehl- und Griespreise seien etwas herabgesetzt.
Desgleichen wurde bekannt gegeben: „Wir machen darauf aufmerksam, dass der Badeplatz für Männer und schulpflichtige Knaben das Bad bei den Felsen in der Acher und für schulpflichtige Mädchen die Badeanstalt bei Schöttgen bestimmt ist. Wer an andern öffentlichen Orten bade und dadurch Ärgernis für die Wahrung der städtischen Schicklichkeit hervorrufe, wird an Geld bis zu 10 Mark bestraft. Bürgermeisteramt.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 23
Von der Erdbeerernte, nämlich über den Unmut bei den Produzenten: „Mit dem Ertrag dieser nützlichen Pflanze ist man allgemein zufrieden. Die herrliche Witterung begünstigt die Reife und trägt sehr zum Wohlgeschmack dieser köstlichen Früchte bei. Auch sind dieselben bei trockenem Wetter ungleich leichter zu ernten und sind der Fäulnis nicht so sehr unterworfen, als bei nasser Witterung. Es wird allgemein als Missstand empfunden, dass die Abnehmer oder Unterhändler in den einzelnen Ortschaften nie wissen, was sie bezahlen dürfen und erst bei der Ablieferung an den Großhändler den Preis erfahren. Dies ist sonst bei keinem Verkauf der Fall. Jedermann möchte doch gleich wissen, was er für seine Ware auch bekommt. In den Städten, bei den Konsumenten schwankt der Preis ja selten und dann gewöhnlich nur um einige Pfennig. Es werde darauf hingewiesen, dass die Herren Händler doch diesem Verlangen der Produzenten entsprechen möchten!“
Zum Tod des hiesigen Bürgersohnes Professor Karl Schriever, „der seit den ersten Augusttagen als Offizier unter den Waffen stand, (er) starb vor Przemysl den Heldentod fürs Vaterland. Bis Mitte April war er auf dem westlichen Kriegsschauplatz, wo er für seine Tapferkeit mit dem Eisernen Kreuz geschmückt worden war. Dann kam er auf den südöstlichen Kriegsschauplatz, in die unwirtliche Gegend der Karpaten, von wo er unserm Blatt erst vor Kurzen noch eine interessante Schilderung übersandte. Nun ruht er in einem der vielen Soldatengräber, rings um die in Blut getränkte wiedereroberte Feste.“
Wirtschaftliche Unterstützung in der Kriegsfürsorge: „Die Handwerkeskammer Karlsruhe beschloss in ihrer letzthin abgehaltenen Sitzung die Bildung eines Kriegsfürsorgefonds, für welchen bereits ein Grundstock in Höhe von 13000 Mark vorhanden ist. Aus diesem Kriegsfürsorgefond sollen solche aus dem Krieg heimkehrende selbständige Handwerker im Kammerbezirk Karlsruhe unterstützt werden, deren Geschäft während der Kriegszeit durch die Abwesenheit des Meisters still lag oder zurückgegangen ist. Die Unterstützung werde Schenkungsweise erfolgen.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 24
Über einen Lazarettausflug nach dem Ruhestein: „Um 8 Uhr früh wurde in besonderen Eisenbahnwagen die Reise nach Ottenhöfen angetreten. Dort standen für die nicht marschfähigen Teilnehmer Fuhrwerke bereit. Die marschfähigen Soldaten gingen zu Fuß über das Bosensteinereck auf den Ruhestein. Auf den Bosensteinereck fand eine Marschpause statt, währenddessen die Schwestern des Krankenhauses Frühstücksbrote verteilten. Nach wochenlangem Kranksein kamen viele zum ersten Mal in unseren schönen Schwarzwald, der sich bei dem gestrigen prächtigen Wetter in besonders schöner Weise den aus allen deutschen Gauen stammenden Kriegern darbot. Der Ausflug, u. a. mit Herrn Buchbindermeister Nuß (als Wegekundiger), habe infolge Stiftung von ungenannten Wohltätern stattfinden können.“
An die Damen über die Tücken der modernen Straßenteerung: „Seit einigen Tagen steht unsere Vaterstadt in sehr schlechtem Geruch. Eigenartige Kesselwagen durchrasseln unser Gemeinwesen, um die Haupt- und Allerheiligenstraße mit süß duftendem Teerpflaster zu bekleben. Dies Verfahren soll uns von der Automobilstaubplage retten. Auf wie lange? Die nicht fußfreien Damen tun gut daran beim Straßenübergang ihre Kostüme zu raffen, wenn sie nicht Proben dieses glänzenden Heilmittels nach Hause nehmen wollten.“
Aus Waldum erneute Kriegsopfer: „Rasch nacheinander fielen aus unserem Ort die Krieger, am 3. Mai bei St. Julien August Hoog. Er hinterlässt eine Witwe mit vier ganz kleinen Kindern. Dann fand den Heldentod am 13. Mai bei Lens der Grenadier Andreas Bohnert. 10 Tage darauf am 23. Mai wurde auf der Lorettohöhe von einer Granate getroffen und getötet der 21jährige Adolf Lamm, Sohn des verstorbenen Remigius Lamm, nachdem schon am 21. Oktober ein älterer Bruder von ihm gefallen war. Am 28. Mai sodann fand um Mitternacht durch einen Kopfschuss den Tod bei Poesele Leo Jülg, Sohn des Leo Jülg; und kaum war diese Nachricht überall bekannt, so wurde gestern telegraphisch gemeldet, dass der 20jährige Andreas Jülg, Sohn des Philipp Jülg, einen Tag nach seiner am 8. Juni erhaltenen schweren Verwundung für das Vaterland gestorben ist. Damit sei die Zahl der gefallenen Krieger auf 15 gestiegen.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 25
Sicherung der Obsternte 1915: „Noch wichtiger als im Vorjahr ist in diesem Jahr trotz des Mangels an Arbeitskräften die Sicherstellung der Obsternte. So weit dies möglich ist, sollte das Obst in frischem Zustand verkauft werden, da dies die beste Verwertungsart für die Obstbautreibenden ist. Eine erhöhte Aufmerksamkeit sollte der Verarbeitung des Beerenobstes zu Saft zugewendet werden, schon im Hinblick auf den großen Bedarf solcher Getränke in den Lazaretten. Um eine möglichst vollständige Ausnützung des Obstes zu erzielen, empfiehlt es sich, die Rückstände des Beerenobstes nach der Saftentziehung zu Marmeladen zu verarbeiten, unter Beigabe von frischen Beerenfrüchten. Ebenso können größere Mengen Beerenobst, Kirschen, reife Beeren des Holunders durch Dünsten in starken Zuckerlösungen im Haushalt verarbeitet werden, wobei das Produkt in Krügen, Steintöpfen, weithalsigen Flaschen, unter Abschluss durch eine Paraffinschicht, aufbewahrt werden. In allen größeren Gemeinden solle man die Haushaltungslehrerinnen beratend mitwirken lassen.“
Ein Soldaten-Brief in Erinnerung an die vorjährige Sonnenwendfeier, worin es heißt: „Wer von den Teilnehmern an der Sonnenwendefeier der „Fahrenden Gesellen“ in Achern denke nicht gerne zurück an die herrliche Nacht vom 21.-22. Juni 1914 auf der Hornisgrinde. Nach mühevoller tatkräftiger Arbeit war es uns seinerzeit gelungen, die Genehmigung des Bezirksamtes sowie der Forstbehörde zu erlangen, zur Abbrennung eines Johannisfeuers auf der Hornisgrinde. Schöner als wir geglaubt hatten, verlief die Feier. Zahlreiche Schwarzwaldfreunde und Gesellen von Nah und Fern waren eingetroffen und von vier verschiedenen Seiten kamen nach vollendeter schöner Nachtwanderung fast zugleich alle Teilnehmer gegen 1 Uhr am alten Hornisgrindeturm zusammen. Nochmals Dank den Acherner, Offenburger, Lahrer, Baden-Badener, den Rastatter, Karlsruher und Murgtaler Wanderfreunden, welche uns durch ihr erscheinen die Feier verschönern halfen. Leider sei es nicht möglich auch in diesem Jahr beim friedlichen Feuer der Sonnenwende alter Sitten und Gebräuche zu gedenken. Geselle Hänsel. Gefreiter im Bad. Reg.-Fußart.-Reg. Nr. 14, 8. Bataillon.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 26
Weniger Bierlieferung für die Zivilbevölkerung: „Wie wir aus zuverlässiger Quelle erfahren, beabsichtigt die Heeresverwaltung die Beschlagnahme eines beträchtlichen Teiles der Biervorräte bei den Brauereien zwecks Lieferung an die Truppen im Feld. Die entscheidende Sitzung hierüber wird in den allernächsten Tagen im Kriegsministerium in Berlin gemeinschaftlich mit den Vertretern der Deutschen Brauindustrie stattfinden. Diese Maßnahme wird voraussichtlich einen großen Teil der jetzt schon kontingentierten und auf 60 % eingeschränkten Bierproduktion absorbieren, so dass jedenfalls nicht mehr wie 40 % zur Verfügung bleiben. Folglich werde der Konsum für die Zivilbevölkerung ganz erheblich eingeschränkt.“
Ein Gedicht aus Oensbach für den gefallenen Schulkameraden: „Heute erhalten wie vom Kriegsschauplatz aus Nordfrankreich die traurige Nachricht, dass unser lieber Schulkamerad Reservist Karl Riegelsberger den Heldentod fürs Vaterland gefunden hat. Mit ihm verlieren wir einen guten und gewissenhaften Kameraden, dessen Andenken wir in Ehren halten werden: Auf Frankreichs Erde, schwer und müde, / Sank hin dein Haupt zur letzten Ruh`, / Fürs Vaterland gabst du dein Leben, / Schlaf wohl du wackrer Streiter, / Du Warst noch so jung, starbst viel zu früh, / Wer dich gekannt, vergisst dich nie ;/ Opfertest Zukunft und Jugendglück, / Niemals kehrst du zur Heimat zurück. / Von einem Schulkameraden.“
„Privatpakete bis 5 Kg. Ohne und mit Wertangabe bis 100 Kronen sind von jetzt ab im Verkehr mit Triest, Rovigno, Cattinara, Basovizza und Opcina - Küstenland- wieder zugelassen. Im Verkehr mit Triest sind ferner auch private eingeschriebene Briefsendungen und Briefe mit Wertangabe bis 1000 Kronen zulässig. Schriftliche Mitteilungen in Geldbriefen seien verboten.“ (Autorin: Hannelore Deya)
Wochenschau Achern 1915 Kalenderwoche 27
Schulkinder aus Ottersweier auf Beerensuche: „In Scharen ziehen namentlich die Kinder nun hinaus auf die Beerensuche und emsig rühren sich zu Haus andere fleißige Hände, um im Hausgarten Johannisbeeren und bald auch die köstlichen Himbeeren und andere Beerenfrüchte zu pflücken und um gutes Geld zu verkaufen oder für den Haushalt zu verwenden. Da kommt mir wie gewunschen ein Büchlein in die Hände, das soeben in vierter Auflage im Verlag von Kösel und Kempten erschienen ist. Der Verfasser ist der hier durch wiederholte Vorträge bereits bestens bekannte Herr Oberlehrer Alsamer von Obersasbach. In überaus praktischer Weise behandelt er darin unsere einheimischen Beeren in Garten, Feld und Wald, ihre Anpflanzung und Pflege und Benutzung für die Küche und Hausapotheke. Darum sei dies Büchlein tunlichst empfohlen.“
Kleidervorsorge auf den kommenden Winter: „Wer spart in der Zeit. Noch weiß niemand, wie lange der Krieg dauern wird. Fürsorge und Organisationsgeist der Deutschen haben sich bisher als ganz vortrefflich erwiesen. Die deutsche Heeresleitung lässt nun den Ruf an die Truppen im Feld ergehen, mit den Wintersachen, die jetzt abgelegt werden, sparsam umzugehen, damit nichts umkomme. Auch die Daheimgebliebenen werden gut tun, den Ruf, der zwar nicht direkt an sie gerichtet ist, zu beherzigen.“
Doppeltes Priesterjubiläum in der Stadt: „Heute begehen die hochwürdigen Herren Stadtpfarrer Dr. Huck und Pfarrer M. Alles ihr silbernes Priesterjubiläum. Dem Ernst der Zeit entsprechend, gedenken die beiden Jubilare in aller Stille der 25. Wiederkehr des Tages, an dem die segnende Hand des Bischofs auf ihnen geruht hat. Ein Viertel Jahrhundert im Weinberg des Herrn! Was alles umschließen diese wenigen Worte, welch eine Summe von Arbeiten im Dienst der Seelen, der Kirche und des Vaterlandes. Die Pfarrangehörigen werden dankbar das Priesterjubiläum der beiden Herren begehen.“ (Autorin: Hannelore Deya)