Eichsfeld 1914

Wochenschau Eichsfeld 1914 - erlesen und recherchiert aus dem Eichsfelder Tageblatt


06. Kalenderwoche

1. Februar
Verhütetes Eisenbahnunglück. Der Freitag zu Mittag 1 Uhr 5 Minuten hier eintreffende Personenzug wurde durch die Wachsamkeit eines Streckenarbeiters vor einer Entgleisung bewahrt. Etwa 150 Meter von der Werrabrücke bei Hedemünden wurde der Zug von einem Bahnwärter durch ein Zeichen mit der roten Flagge zum Halten gebracht. Ein aufmerksamer Streckenarbeiter hatte dort einen Schienenbruch festgestellt, der eine etwa 8 cm lange Stelle offen machte. Unter Begleitung der Beamten fuhr dann der Zug in ganz langsamem Tempo über die Bruchstelle. Da dort eine starke Kurve sich befindet, so wäre ein schnell fahrender Zug sicherlich entgleist.
 
3. Februar
Der Männerverein „Konstantin“ hielt gestern Abend eine gut besuchte Versammlung ab. Die Vorstandswahl ergab die Wiederwahl der bisherigen Vorstandsmitglieder. Aus dem Jahresbericht ist zu entnehmen, dass der Verein 255 Mitglieder zählt. Die Kassenverhältnisse, soweit die einzelnen Fonds in Betracht kommen, sind als günstig zu bezeichnen. Eine längere Diskussion entstand darüber, wie man das innere Vereinsleben mehr fördern könne. Freudig wurde die Mitteilung begrüßt, dass der Abgeordnete v. Strombeck dem Verein ein Bild mit sämtlichen Zentrumsabgeordneten des Abgeordnetenhauses geschenkt habe. 
4. Februar
Auf die Jagdpachtgelder verzichten zu wollen, wenn die Stadt die Unterhaltungskosten (2 M pro Hektar jährlich) für die Separationswegekosten übernehmen würde, hat der Magistrat die Übernahme der Separationswege und -gräben auf den städtischen Etat beschlossen. Damit ginge das Recht auf alle Nebennutzungen auf die Stadt über. Herr Wiesmann stellte fest, dass die meisten Grundstücksbesitzer mit der Vorlage einverstanden seien. Nur die Befürchtung bestehe, dass die Besitzer bestraft würden, wenn sie auf den Wegen wenden müssen, andererseits behinderten die angepflanzten Obstbäume die landwirtschaftliche Bewirtschaftung, so dass es ratsam sei, dieselben zum Teil zu entfernen. 
5. Februar
Mietsvertrag bezüglich der Präparandenanstalt. Die Präparandenanstalt gehört der Stadt und ist an den Fiskus vermietet. Es handelt sich darum, dass die Anstalt in eine Seminar-Präparandenanstalt umgewandelt werden soll, statt wie bisher eine selbstständige Anstalt zu sein. Es wird beantragt, in die notwendigen Verträge die bisher zwischen der Stadt und dem Staat abgeschlossen waren, anstelle des Fiskus den jeweiligen Seminardirektor einzusetzen. Nach längerer Aussprache stimmt das Kollegium der Vorlage zu. 
6. Februar
Neue Anschlüsse am Ortsfernsprechnetz und Schaltstellen werden in zwei Bauabschnitten hergestellt. Die Anschlüsse sind, je nachdem sie im ersten oder zweiten Bauabschnitt hergestellt werden sollen, bis zum 1. März oder bis zum 1. August bei den Fernsprech- Vermittlungsanstalten anzumelden. Die Ausführung verspätet angemeldeten und infolgedessen außerhalb des Bauplatzes herzustellender Anschlüsse wird von der Erstattung der Mehrkosten abhängig gemacht. 
7. Februar
Im Januarbericht des öffentlichen Arbeitsnachweises des Kreises Heiligenstadt wird erwähnt, dass sich ein Mangel an Erdarbeitern bemerkbar mache. Weiter heißt es darin, vom Eichsfeld, besonders auch aus dem Kreis Heiligenstadt: In Verbindung mit dem katholischen Arbeitersekretariat werde energisch daran gearbeitet, die Vermittlung dieser Leute in die Hand zu bekommen. Besetzt wurden im Januar von 74 offenen Stellen 51. Stellensuche lagen 110 vor. Knechte konnten 4 vermittelt werden.  (Autorin: Hannelore Deya)

07. Kalenderwoche

 

8. Februar
Die Ausführung der Oberbauarbeiten auf der Neubaustrecke Heiligenstadt-Schwebba ist den Unternehmern H, F. Hanau und Gbr. Gries, Heiligenstadt, übertragen worden. Los I Heiligenstadt bis Fürstenhagen, etwa 15 km Gleis, teils auf Kies, teils auf Steinschlag (darunter 2 km Zahnstangenstrecke), erhielt F. Hanau, dessen Angebot 61641,10 Mk. betrug. Los II; Großtöpfer bis Fürstenhagen ausschließlich; etwa 16 km Gleis, erhielten die Gbr. Gries.
10. Februar
Rote Kreuz-Sammlung 1914. Die Verstärkung der Wehrmacht in den letzten Jahren macht es den Organisationen der freiwilligen Krankenpflege zur ernsthaften Pflicht, auch ihrerseits Vorsorge zu treffen. Die notwendige Sammlung soll wahrscheinlich im Mai d. J. beginnen und je nach den örtlichen Verhältnissen durchgeführt werden. An der freiwilligen Krankenpflege im Krieg sind alle Kreise des Volkes interessiert; es gibt wohl kaum eine Familie, die im Mobilmachungsfall nicht einen oder mehrer Mitglieder zur Verteidigung des Vaterlandes in das Feld stellt. 
11. Februar
Der Viehbestand im Kreis Heiligenstadt. Das endgültige amtliche Ergebnis der Viehzählung am 2. Dezember 1912 ist für den Kreis Heiligenstadt Folgendes: Viehhaltende Haushaltungen 6835, Pferde 2970, Esel 4, Rindvieh 10849, Schafe 7444, Schweine 25314, Ziegen 3245, Gänse 9654, Enten 1035, Hühner 70571, Truthühner 253, Bienenstöcke 8104.
12. Februar
Der katholische Kaufmännische Verein feierte gestern sein 21. Stiftungsfest im festlich geschmückten Saal des „Reichshof“. Über 100 Mitglieder hatten sich mit ihren Damen eingefunden. Der Vorsitzende, Herr Kaufmann Th. Mühlhaus, hielt die Begrüßungsrede. Der Geistliche Beirat des Vereins, Herr Prof. Müller, schilderte die Tätigkeit des Vereins im verflossenen Jahr wie auch die des Verbandes. In humoristischer Weise brachte der zweite Vorsitzende Herr Kaufmann Osburg, einen Tost auf die Damen aus. Die Jugend-Abteilung „Jung-Merkuria“ verschönte die Feier durch turnerische Darstellungen. Einige Gesangsvorträge des neu gegründeten Quartetts fanden großen Applaus. Der anschließende Ball hielt Jung und Alt bis zur frühen Morgenstunde zusammen. 
13. Februar
Gründung einer Fischzentrale für Heiligenstadt. Die kürzlich erfolgte Gründung des Rabattsparvereins wird auch für das hiesige kaufende Publikum vielerlei Vorteile bringen. Die Kolonialwarenhändler haben sich zu einem gemeinsamen Fischbezug unter dem Namen „Fischzentrale Heiligenstadt“ zusammengeschlossen, um durch großen Bezug Spesen an Fracht, Packung, Eis usw. zu reduzieren, dadurch die Preise zu verbilligen. Der Einzelverkauf fällt fortan weg, der Verkauf findet all wöchentlich Freitagfrüh auf dem Marktplatz statt. Die Hausfrauen in Heiligenstadt werden die Gründung gewiss mit Freuden begrüßen. 
14. Februar
Besitzwechsel. Herr Buchdruckereibesitzer Cordier verkaufte an Herrn Architekt Hartmann 3000 Quadratmeter seines Gartens „auf dem Graben“ für 24000 Mark. Hiermit beginnt die schon lange geplante Bebauung des durch seine vorzügliche sonnige Lage und durch die Stadtnähe ausgezeichneten Geländes. 
Fußballsport. Aus Witzenhausen wird gemeldet: Ein interessantes Fußballwettspiel fand am Sonntag hier zwischen der ersten Mannschaft des Fußballklubs Heiligenstadt und den „Elf vom Wilhelmshof“ (Kolonialschüler) statt. Das für Witzenhausen erfreuliche Resultat war 4:2. Nächsten Sonntag findet in Heiligenstadt das Rückspiel statt.
 
15. Februar
Es soll eine halbnächtliche Lampe vor dem Haus des Tischlermeisters Poppe am Graben angebracht werden. Die Elektrizitäts-Kommission hat dies befürwortet, aber die weitere Beleuchtung des Grabenweges bis zur Agidienstraße nicht für erforderlich erachtet. (Autorin: Hannelore Deya)

08. Kalenderwoche

 

17. Februar
Zuschuss zum Betrieb der neu zu errichtenden Dunkelschen Badeanstalt. Der Magistratsbeschluss geht dahin, dem Badeanstaltsbesitzer Dunkel zum Betrieb seiner neu errichteten Badeanstalt einen Zuschuss von jährlich 300 Mk. Auf drei Jahre zu gewähren. Der Zuschuss soll nur gewährt werden unter der Voraussetzung, dass begründete Bedenken gegen das Projekt nicht zu erheben sind. Ein Zuschuss für Abgabe von Bädern an die Schulkinder soll nicht in Aussicht gestellt werden. Evtl. würden vielleicht Freikarten auszugeben sein. Dunkel will in der Aue gleich hinter dem neuen Schmuckplatz ein Wohnhaus mit einer größeren Badeanstalt errichten. Dunkel ist gewillt, als Volksbäder Wannenbäder zu dem billigen Preis von 30 Pfg. und Brausebäder zu 10 Pfg. an bestimmten Stunden abzugeben. 
18. Februar
Feuerwehrverein Heiligenstadt. Das diesjährige Fastnachtsvergnügen wurde am gestrigen Dienstag im Saal des Eichsfelder Hofes hier abgehalten. Eingeleitet wurde das Fest durch humoristische und theatralische Vorführungen, zugleich wurde durch den Kreisbrandmeister Rosst die anlässlich des Brandes bei der Firma Gassmann gestiftete Prämie von 100 Mark von der Feuer - Sozietät dem Verein überwiesen. Im Anschluss daran wurde dem Leiter und den Darstellern des Komitees der Dank durch ein dreifaches Gut Wehr ausgebracht. Ein flotter Ball beschloss das Fest. 
19. Februar
Diejenigen Schneiderlehrlinge und Lehrmädchen vom Schneiderinnungsgewerbe aus der Stadt und dem Kreis Heiligenstadt, welche ihre Lehrzeit zum Frühjahr 1914 beenden, wollen sich bis spätestens den 22. des Monats unter Beifügung eines selbst geschriebenen Lebenslaufes und Lehrzeugnis bei dem Vorsitzenden der Prüfungskommission Herrn Schneidermeister Joh. Göbel melden. 
20. Februar
Herr Regierungspräsident von Fiedler aus Erfurt weilte von Mittwoch bis Donnerstag in Stadt und Kreis Heiligenstadt. Der Herr Präsident besichtigte hier die Neustädter Kirche und die Büroräume des Landkreisamtes, die seit einiger Zeit durch Hinzunehmen der früheren Rentmeisterwohnung erweitert sind. Im Kreis besichtigte der Herr Präsident u. a. Kirche, Schule und Pfarrei zu Wüstheuterode. 
21. Februar
Lengenfeld 
Gestern schied der Herr Kaplan Engelhardt von hier, um seine neue Stelle in Hettstedt anzutreten. Beinahe 9 Jahre war er hier und in Faulungen segensreich tätig und erwarb sich durch seine Pflichttreue, sowie sein bescheidenes Wesen die Liebe und Achtung beider Gemeinden. Man sieht ihn darum ungern scheiden.  (Autorin: Hannelore Deya)

09. Kalenderwoche

 

22. Februar
Kella
Vorigen Sonntag sah man das ungewöhnliche Schauspiel einer Feldübung. Der hiesige Kriegerverein hatte sich in voller Zahl teilweise in Uniform und Gewehr mittags vor dem Dorf aufgestellt. Auch die Fortbildungsschule und Oberklasse der Volksschule standen in Reih und Glied. Die älteren Herren, die zum markierten Fein ausgewählt waren zogen vorher mit Flagge und alten Büchsen ab. Als Gefechtsterrain war die Coburg ausgewählt. Es war eine Freude zu sehen, wie die Krieger hier und die Jugend unterweisend diese mit sich fortrissen, so das man tatsächlich den Anblick hatte, als habe man eine aktive Kompanie vor sich. Um 4 Uhr war der Feind auf der ganzen Linie geschlagen. 
24. Februar
Birkenfelde
Ein Stubenbrand, der leicht verhängnisvoll werden konnte, brach Montag spät abends aus. Gelegentlich des Schlachtens war der Siedekessel, der an einer Fachwand von Holz stand, geheizt. Als die übrigen Einwohner bereits zu Bett waren, sah die Hausfrau Noltke noch einmal die Räume nach und bemerkte nun, dass die anstoßende Wand glühte und die Balken brannten. Von Nachbarn wurde sofort Hilfe geleistet und der Brand im Entstehen gelöscht. Wäre die Frau auch schon zur Ruhe gegangen, wäre schlimmeres geschehen. 
25. Februar
Besitzwechsel. Die Ratsmühle Heiligenstadt, bisher im Besitz des Herrn Chr. Rosenthal hier, ging in den Besitz des Herrn C. Kellner, Leinefelde, über. Als Kaufpreis wurden 31000 Mark genannt. 
Die Tabakpreise haben auf dem Untereichsfeld einen Tiefstand erreicht, wie nie zuvor. Der höchste Preis, der erzielt wird, beträgt 16 Mk. für den Zentner. Bei solch ungewöhnlich niedrigen Preisen ist es gar nicht möglich, das die Tabakpflanzer auf ihre Kosten kommen, und die Folge wird sein, dass der Tabakbau künftighin ganz erheblich eingeschränkt werden wird. 
26. Februar
Der Verein Gewerbstätiger hielt am Donnerstag im Vereinszimmer auf dem Berg seine Versammlung ab. Frl. Breitenbach sprach über die „Erste Hilfe bei Unglücksfällen“. In laufenden Vorträgen mit anschließend praktischen Übungen soll den Mitgliedern Gelegenheit gegeben werden, sich das nötigste Wissen über die erste Hilfeleistung bei Unglücksfällen und der Kenntnisse für geschickte Krankenpflege anzueignen. Solche Vorträge sind für unsere Frauen und Mädchen von großem Nutzen. Die tägliche Erfahrung lehrt, dass durch Unkenntnis oft großer Schaden angerichtet wird. 
27. Februar
Wiederherstellung von Burg Ludwigstein. Die zwischen dem Vorstand des Altwandervogels und der Regierung gepflogenen Verhandlungen über die Herrichtung der Burg Ludwigstein im Werratal haben zu dem Ergebnis geführt, dass die Burg nunmehr neu hergestellt werden soll. Die Burg soll dem Altwandervogel, dem Bund für Jugendwandern, überlassen werden und zwar als Herberge für die durch das Werratal ziehenden Horden, als Ferienheim für alle deutschen Wandervögel und als Treffpunkt und Versammlungsort. Auch geschichtlich ist die Burg sehr interessant. Die Landgrafen von Hessen erbauten sie zum Schutz der Schifffahrt auf der Werra, die hier besonders durch die Ritter von Hanstein auf Burg Hanstein - der Hanstein liegt der Burg Ludwigstein gegenüber - gefährdet war. 
28. Februar
Wüstheyterode
In gefährlichem Zustand befindet sich schon seit langem die hiesige Pfarrkirche. Dieselbe wurde erst 1804 gebaut, aber trotz des abschüssigen Terrains so ungenügend fundamentiert, dass schon einige Jahrzehnte nach der Erbauung ganz bedenkliche Bauschäden sich herausstellten. Die westliche Stirnwand ist 55 cm aus dem Lot gewichen, in allen Fensterbogen befinden sich bedeutende Risse, welche sich nach unten bis in das Fundament fortsetzen. Die in den Jahren 1840, 1861 und 1890 vorgenommenen Sicherungsarbeiten waren nicht im Stande, die Bewegung des Mauerwerkes aufzuhalten.
Heiligenstadt/Eichsfeld vor 100 Jahren aus dem "Eichsfelder Tageblatt" März 1914
 
1. März
Da die Überlandzentrale Südharz auch dem hiesigen Kreis nutzbar gemacht werden soll, hat der Herr Bürgermeister mit dem Halberstädter Dampfkessel-Überwachungs-Verein, elektrische Abteilung bzw. deren Vertreter Herrn Grundner, Rücksprache genommen. Der Verein hat sich bereit erklärt, das ausgearbeitete Projekt der A. E. G. für 150-200 Mark zu begutachten. 
Es wird mitgeteilt, dass die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft ein Projekt angeboten habe, wonach von einer Überlandzentrale aus, die Ortschaften des Kreises Heiligenstadt mit Elektrizität versorgt werden solle. Man beabsichtigt auch die Stadt Heiligenstadt mit in das Netz der Überlandzentrale einzubeziehen. Nach Heiligenstadt solle der Transformator kommen und von hier aus die ländlichen Ortschaften mit Strom versorgt werden. Das Gutachten soll nun feststellen, ob die Stadt von dem Vorhaben profitieren werde.  (Autorin: Hannelore Deya)

10. Kalenderwoche

 

3. März
Eine Schlägerei zwischen Arbeitern der Firma Irtz, die am Eisenbahnoberbau in der Nähe des Kammdortelschen Grundstücks an der Bahnhofsstraße beschäftigt sind, wurde Sonnabendnachmittag schon als folgenschwere Bluttat in der Stadt erzählt. Es hieß schon, einer sei tot oder liege in den letzten Zügen. In Wahrheit handelt es sich um eine einfache Schlägerei. Der 16jährige Sohn des Schachtmeisters soll die Arbeiter gereizt haben und hat dann von einem Arbeiter namens Sommer mit dem Spaten einen Schlag an den Kopf erhalten. Der Verletzte wurde dem Kloster-Krankenhaus zugeführt. Er wird schon morgen wieder entlassen. Sommer wurde sofort verhaftet, ist inzwischen wieder auf freiem Fuß gesetzt, weil die Verletzung keine schwere ist. 
4. März
Verkauf eines Teiles des Ibergsgrundstücks an das Provinzial-Kollegium zur Errichtung einer Gymnasial-Direktorial-Wohnung. Die 7 Herren, die das Grundstück besichtigt haben, überzeugten sich zunächst davon, dass es unzweckmäßig wäre, das Grundstück aus dem Plan herausschneiden zu müssen, weil hier auch eine schöne Grünanlage besteht. Vor Jahren war noch allgemeine Entrüstung vorhanden, dass der Drisch bepflanzt wurde, weil er damit der Hutweide entzogen würde! Andererseits brachte gerade dieser Bauplatz mit 450 Mark pro Quadratmeter hohe Grundstückspreise. Und es gibt doch ein schönes, einheitliches Bild, wenn auch auf der anderen Seite der Ibergstraße (bis Hoberg) Häuser gebaut werden. So entschied man sich doch für den Drisch, aber für ein Grundstück am Rande der Anlage. 
5. März
Bebauung der Grabenpromenade. Der Magistrat beschließt, die Fluchtlinie am Graben vom Durchbruch (Curtze) bis zur Ägidienstraße soll wie folgt festgesetzt werden: die Fahrbahn soll 4,50 Meter breit sein, die Gehbahn soll an jeder Seite 1,25 Meter Breite haben, die Baufluchtlinie (Entfernung der beiderseitigen Häuserreihen) soll 14 Meter betragen. Der Architekt Hartmann soll zu Straßenbaukosten herangezogen werden: a) unentgeltliche Abtretung des zur Straße erforderlichen Grund und Bodens (sowohl am Graben wie am Durchbruch), b) Hinterlegung eines Sparkassenbuches, welches für jedes lfd. Meter Front bebauter Fläche einen Betrag von 30 Mk. aufweist (also 3000 Mark). 
6. März
Dem Magistratsbeschlusse wurde bezüglich der Rabattsätze für Verbrauch von Strom zu Lichtzwecken beigetreten. Stadtvertreter Poppe wünscht bei Kraft eine Ermäßigung des Preises für Strom zu Kraftzwecken auch bei einem Konsum bis 2000 Kilowatt. Der Satz von 25 Pfg. sei der bisher bestehende und viel zu hoch. Redner legte dar, dass bei diesen Sätzen der Verbrauch der Elektrizität für den Betrieb landwirtschaftlicher Maschinen unvorteilhaft sei. Stadtvertreter Grawe bezeichnete hingegen die Preise für elektrischen Strom zu Kraftzwecken hier als sehr niedrig. Stadtvertreter Poppe hatte sich in vielen Städten erkundigt, in keiner Stadt werde mehr als 20 Pfg. erhoben. Daraufhin wurde die Vorlage zurückgegeben um die Preise in Einklang zu bringen mit den Rabattsätzen für Licht. 
7. März
Anschluss des Erziehungsheimes an das Beleuchtungsnetz. Die Kosten sollen insgesamt 1673 Mark betragen. Wie Bürgermeister Jux mitteilt, wäre die Leistung von der Geisleber Chaussee (Bahnhof Ost) aus billiger gekommen, aber es ist Rücksicht genommen auf eine spätere Bebauung der Straßen an der Rinne. Aus diesem Grund hat sich die Elektrizitäts-Kommission für die Legung der Leitung an der Rinne entlang entschieden.  (Autorin: Hannelore Deya)


11. Kalenderwoche

 

8. März
Die Schützengesellschaft hielt im Schützenhaus eine Versammlung ab. Zunächst wurde von dem Vorsitzenden Hauptmann Lurch die Jahresrechnung pro 1912 zur Kenntnis gebracht mit Einnahmen an Pacht, Platzgeld, Beiträgen etc. Alsdann handelte es sich um Herstellung eines chaussierten, etwa 6 m breiten Weges über den Festplatz, um den Schaustellern eine bequeme An- und Abfuhr zu ermöglichen. Aber auch für die Besucher des Festplatzes wird dieser befestigte Weg namentlich bei ungünstiger Witterung angenehmer sein. Inzwischen ist der Festplatz auch um ca. 1 m aufgefüllt worden, so dass er nach Herstellung des Weges allen Anforderungen genügen dürfte. Die Versammlung bewilligte die Kosten mit rd. 1200 Mk.
10. März
Arbeitsnachweis. Durch den öffentlichen Arbeitsnachweis des Kreises Heiligenstadt haben im Februar 53 männliche und 5 weibliche Personen Stellung gefunden. Nach auswärts wurden auf Wunsch 25 Personen vermittelt. Ausweise zur Erlangung einer Fahrpreisermäßigung sind 24 ausgefertigt worden. Klage wird darüber geführt, dass die Arbeitgeber im Falle der Besetzung angemeldeten Stellen vielfach die Benachrichtigung unterlassen. Dadurch erwächst der Verwaltung unnütze Arbeit. 
11. März
Bahnprojekt Weißenborn-Heiligenstadt. Der Ausschuss zur Förderung des Kleinbahnprojekts fand gestern im „Eichsfelder Hof“ zu einer Sitzung zusammen. Herr Rittergutsbesitzer Lax-Vogelsang gab Kenntnis vom Gutachten, dass die Bauabteilung Altona der Eisenbahnbaufirma Lenz & Co. Stettin nach der Geländebereisung durch Regierungsbaumeister Radke von der genannten Firma erstattet hat. Man hat sich davon überzeugt, dass der Ausbau der geplanten Line von Weißenborn nach Heiligenstadt in der von dem Komitee gewünschten Art in Schmalspur von 75 Zentimeter möglich ist, und wird jede andere Führung wesentlich ungünstiger und teurer werden, als die gewählte über Weißenborn, Siemerode, Mengelrode und Rengelrode nach Heiligenstadt, jedoch ist zu empfehlen, dass die Linie nicht in der in Aussicht genommenen Art über Rengelrode in größerem Bogen an der Staatsbahnlinie entlang laufend, nach Heiligenstadt, eingeführt, da hierdurch 2 Kilometer Umweg entstehen würden. Die Einführung nach Heiligenstadt wird sich in gekürzter Form ermöglichen lassen. 
12. März
Was die Beziehungen der zu schaffenden Bahn mit der schon bestehenden Göttinger Kleinbahn anbetrifft, so hat die Firma Lenz & Co. bei der letzten Aufsichtsratssitzung der Göttinger Kleinbahn dem Aufsichtsrat und Vorstand entsprechende Auskunft über die neu geplante Bahnlinie gegeben, und es wurde von dem Aufsichtsrat großes Interesse an dem Bericht gezeigt, jedoch war man der Meinung, dass die Bahn Heiligenstadt-Weißenborn als selbstständiges Unternehmen zu schaffen wäre, da die augenblickliche Finanzlage der Göttinger ein sehr schlechte ist und das neue Unternehmen bei Verschmelzung sehr stark beeinflusst würde. Andererseits wäre sie bereit die Betriebsführung und Stellung der erforderlichen Betriebsmittel für die neue Bahn zu übernehmen. 
13. März
Blumentag. In der Vereinsbrauerei fand gestern Abend unter dem Vorsitz des Herrn Landrat Dr. v. Christen eine gut besuchte Versammlung statt, die sich aus den Vorstandsmitgliedern der hiesigen Vereine, Herren und Damen, zusammensetzte. Auch die Spitzen der städtischen Behörden waren erschienen. Er wies darauf hin, dass man höheren Orts für ganz Deutschland am 10. Mai, dem Tag des Frankfurter Friedens, einen Blumentag angesetzt habe. Bei der außergewöhnlichen Verstärkung der deutschen Heeresmacht ist es vaterländische Pflicht des Roten Kreuzes, nun auch seine Kräfte zu verstärken. Für die Stadt und den Kreis wurde dann ein Komitee gebildet, welches die Vorarbeiten übernimmt. 
14. März
Vom Tod des Ertrinkens errettete der Schuhmachermeister J. Dicke das 2 ½ Jahre alte Töchterchen des Zigarrensortierers Josef Dellemann, welches am Sonnabendnachmittag an der Brücke bei Gieckmühle in die z. Zt. hochgehenden Fluten der Geislebe gestürzt war. Das Kind war bereits bis in die Nähe der Herrenmühle getrieben, wo es von D. bemerkt und dem nassen Element entrissen wurde. Einige Sekunden später wäre die Kleine über die dort befindliche Schleuse getrieben worden und verloren gewesen. 
15. März
Eine Tellersammlung zum Besten des Roten Kreuzes wurde während der Pause und am Schluss des gestrigen Vortrages im katholischen kaufmännischen Verein vorgenommen, die den stattlichen Ertrag von etwa 55 Mark erzielte.  (Autorin: Hannelore Deya)
 

12. Kalenderwoche

 

17. März
Wenn der März herangekommen ist, erscheinen überall in Deutschland die jungen zur Wehrpflicht herangewachsenen Männer vor den verordneten Kommissionen, um sich auf ihre Tauglichkeit zum Waffendienst prüfen zu lassen. Schon die Rekruten des Oktober 1913 brachten eine große Steigerung. Das Ersatzgeschäft von 1914 hat seine besondere Vorbereitung durch neue Bestimmungen erhalten. Gegen die bisher allein bestandene einzige Klasse an Tauglichen überhaupt, hat man jetzt ihrer zwei eingerichtet und unterschieden: „Tauglich Klasse 1“, die zum Heeresdienst gut, „Tauglich Klasse 2“, die in zweiter Linie geeignet ist. 
17. März
Zwei neue Lokomotiven für die Strecke Heiligenstadt-Eschwege werden in letzter Zeit in Eschwege unter Dampf genommen. Sie stellen einen ganz neuen Typ dar, eine Lokomotive ohne Tender, gebaut nach Art einer schweren Rangiermaschine. Es wird noch ein großes Zahnrad eingebaut, das wegen der starken Steigerungen, die auf der Strecke zusammenkommen, nach Art der Bergbahnen angebracht werden müssen. In Göttingen versehen zwei gleiche Maschinen bereits seit längerer Zeit den Rangierdienst. Sie sollen nach Betriebseröffnung für die Strecke Heiligenstadt-Eschwege verwendet werden. Die Maschinen sind von Henschel & Sohn, Kassel, geliefert. 
19. März
Neuer Stadtförster. Nach Erledigung der Kämmereikassenrechnung in der gestrigen Stadtverordnetensitzung wurde noch ein Dringlichkeitsantrag des Magistrats angenommen, dem Förster Leister in Keudelstein mit 1400 Mark Anfangsgehalt und Dienstantritt vom 1. Juli ab als Stadtförster anzustellen. 
20. März
Das Musterungsgeschäft, welches am kommenden Donnerstag im „Reichshof“ hierselbst beginnt, wird reges Leben in unser Straßenbild bringen. Die militärische Aushebungskommission besteht aus den Herren Oberst z. D. Bezirkskommandeur Pierer aus Mühlhausen, Stabsarzt Dr. Sommer aus Jena und Oberstleutnant Funk vom Infanterie-Regiment Nr. 167 aus Kassel. 
21. März
Bohrungen auf Kali. Gestern Vormittag sind im Pferdebachtal Bohrversuche nach Kali vorgenommen. Ob die bei den Bohrungen verwendeten Instrumente ausgereicht haben zur Feststellung eines Ergebnisses, ist fraglich. Immerhin ist es nicht unmöglich, dass auch hier Kali zu finden ist. Ein Kalischacht in der Nähe Heiligenstadts wäre sehr zu begrüßen, besonders um den männlichen Arbeitern Gelegenheit zur Arbeit und Verdienst zu verschaffen.  (Autorin: Hannelore Deya)
 

13. Kalenderwoche

 

22. März
Ferienkommers. Am Montagabend stieg im Eichsfelder Hof ein Ferienkommers des C. V. (Kartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen) ab. Außer der stattlichen Beteiligung von alten Herren und Aktiven aus der Stadt und näherer Umgebung nahm eine größere Anzahl Mitglieder teil. Unter dem Präsidium des Vertreters der Sielesta Halle entwickelte sich ein fröhliches studentisches Treiben. Der inoffizielle Teil dauerte bis in die frühen Morgenstunden. 
24. März
Kämmereirechnung. Der Stadtwald brachte eine Einnahme von 129014.61 Mark, der Ausgaben in Höhe von 80147.80 Mark gegenüberstanden. Doch mit den fetten Jahren der Forstverwaltung dürfte es vorläufig vorbei sein. Der hohe Überschuss im Berichtsjahr resultiert aus dem stärkeren Einschlag in dem trockenen Jahr 1911. Nach dem Etat für 1914 soll der Stadtforst 40000 Mark weniger einbringen. Man hofft, dass der Generalpardon bei der Wehrsteuer ein solches Mehr auch an Kommunalsteuer bringen wird, um den Ausfall in dem Ertrag des Stadtwaldes einigermaßen wieder wett zu machen. 
25. März
Bittgesuch: „Einer kgl. Eisenbahn-Direktion Kassel erlaubt sich der unterzeichnete 40 Dörfer umfassende Zweckverband des Südeichsfeldes folgende Bitte vorzulegen: Bei dem Bau der Eisenbahnstrecke Heiligenstadt-Schwebda ist der dringende Wunsch weiter Kreise des Eichsfeldes, insbesondere der zahlreichen Wallfahrer unseres Bezirkes nach dem Hülfensberge, eine Haltestelle bei Geismer einzurichten, leider nicht in Erfüllung gegangen. Vor 2 Wochen sind über dem Damm der neuen Strecke bei der Essmühle, zwischen Ershausen und Geismar, 15000 Kubikmeter Erdreich abgerutscht. Diese ließen sich zu dem gewünschten Haltepunkt bequem planieren, um die Haltestelle einrichten zu können.“
 
26. März
Schulsparkasse. Von den 137 Kindern der hiesigen evangelischen Schule sparten im letzten Jahr 70 Kinder 1639,91 Mark. Das Gesamtsparkassenguthaben der Kinder beträgt 4271,81 Mark. Es kommt auf 1 Kind durchschnittlich 23,43 Mark Einlage und 61 Mark Guthaben. An die diesjährigen Konfirmanden wurden 833,85 Mark ausgezahlt. 
27. März
Vom 1. Dezember 1910 betrug die amtlich ermittelte Einwohnerzahl 8229; seit dieser Zählung bis heute sind in unserer Stadt geboren 689, gestorben 525, der Überschuss beträgt also nur 159. Der Zuzug von außerhalb hat freilich zugenommen, war aber bei weitem nicht so groß, dass die von anderer Zeitung angegebene Einwohnerzahl von z. Zt. 9663 nicht der Fall sein kann, denn es sind seit der letzten Volkszählung hier nur ca. 40 neue Häuser gebaut worden, worunter noch sehr viele Einfamilienhäuser. Außerdem stehen z. Zt. 10-15 große Wohnungen leer. Die Statistiken der Meldeämter stimmen mit der Wirklichkeit niemals überein. Die Einwohnerzahl unserer Stadt dürfte im höchsten Fall 8700 betragen.
28. März
Lengenfeld
Gestern bestanden sämtliche Schüler der Erziehungsschule Schloss Bischofsstein die Fähigkeit zum Einjährig-Freiwilligen Dienst. Die Prüfung wurde durch eine hier anwesende staatliche Lehrerkommission vorgenommen. Wieder ein guter Erfolg der Erziehungsschule unter Leitung des Herrn Direktor Dr. Marseille. Zu Ostern sollen hier wieder über 20 neue Schüler angemeldet sein, so dass die Zahl der Schüler bald auf 100 kommen wird. Prospekte werden gern von der Direktion verabfolgt.  (Autorin: Hannelore Deya)
 

14. Kalenderwoche

 

31. März
Zum Bau eines Dienstgebäudes für den Gymnasialdirektor. Die Stadtverordneten hatten bekanntlich beschlossen, von dem infrage kommenden Gelände nicht das Mittelstück, sondern entweder das obere oder das untere Stück zu verkaufen. Von dem Vertreter des Provinzialausschuss-Kollegiums wurde erklärt, dass der Minister den Mittelplatz zum Bau der Wohnung wünsche, da der eine Eckplatz an zwei Straßen liege und bei dem oberen Grundstück zu große Erdbewegungen stattfinden müssten. Nach längerer Debatte einigte man sich dahin, mit den benachbarten Grundstücks-Besitzern in Verbindung zu treten, damit der obere Eckbauplatz, nach dem Iberge zu, vergrößert werden kann.

Heiligenstadt/Eichsfeld vor 100 Jahren aus dem "Eichsfelder Tageblatt" April 1914
1. April
Verkauf eines städtischen Bauplatzes an der Ibergstraße. Der Architekt Döring hatte 6,20 Mk. pro Quadratmeter geboten. Maurermeister Lurch und Architekt Corbier hatten dann höhere Gebote abgegeben. Das höchste Gebot hat dann der Architekt Döring mit 6,85 Mark pro Quadratmeter abgegeben. Auf Anfrage des Stadtverordneten Gries stellt Vorsteher Petri fest, dass das letzte Gebot des Architekten Döring erst nach dem Termin (20. März), bis zu welchem die Gebote abgegeben werden sollten, abgegeben sei. Der Antrag Gries auf Verkauf des Grundstücks an Döring wird genehmigt. 
2. April
5,1 Millionen Mark Vermögen mehr im Kreis Heiligenstadt. Auf unsere Anfrage geht und von zuständiger Stelle die Nachricht zu, dass im Kreis- Heiligenstadt infolge der Vermögens-Erklärungen zum Wehrbeitrag zirka 5,1 Millionen Vermögen mehr veranlagt wurden. Es sei noch besonders bemerkt, dass der Generalpardon zu diesem Mehr den geringeren Anteil hat. Der weiten Kreisen der Steuerpflichtigen auferlegte Zwang zur Abgabe der Vermögens-Erklärungen hat den größeren Mehrbetrag gebracht. Es wäre verfehlt, nun auch mit einer dem Vermögen entsprechenden Vermehrung des Einkommens und der Einkommenssteuer zu rechnen. Diese ist nicht so wesentlich. 
3. April
Die „Standesamtlichen Nachrichten“ können wir unsern Lesern infolge höherer Anordnung, wie früher bemerkt, leider nicht mehr bieten, dafür wollen wir vierteljährlich wenigstens die Anzahl der Geburten, Sterbefälle und Eheschließungen bekannt geben, da diese Zahlen immerhin einiges Interesse haben werden. Beim Standesamt Heiligenstadt sind zur Anmeldung gekommen in den Monaten Januar, Februar, März 1914: Geburten 59 (Vorjahr 42), Sterbefälle 45 (20) und Eheschließungen 4 (4). 
4. April
Die ersten Gewitter in diesem Jahr entluden sich gestern Abend gegen ½ 9 Uhr. Die grellen Blitze und das Donnergrollen waren um diese Jahreszeit etwas Ungewohntes. Gegen ½ 12 Uhr flog es von Neuem heran. Die Gewitter waren mit starken Regengüssen begleitet. Nach der sommerlichen Temperatur der letzen Tage und dem erfrischenden Regen sind über Nacht die Blätterknospen an Baum und Strauch aufgebrochen und hat ein liebliches Frühlingsbild hervorgezaubert. 
5. April
Die Zahnradlokomotiven für die Bahnstrecke Heiligenstadt-Schwebda. Am 16. des Monats wird eine Zahnrad-Lokomotive nach Heiligenstadt überwiesen zur ständigen Verwendung im Arbeitszugbetrieb. Die Lokomotiven sind von der Firma Borsig in Tegel gebaut worden und nicht, wie irrtümlich berichtet, von der Firma Henschel & Sohn. Zwecks Überführung mussten sämtliche Wegeübergänge in Schienenhöhe von Eschwege nach hier über Niederbone entsprechend umgebaut werden und zwar aus dem Grund, weil bei den Zahnradlokomotiven, die einen großen Typ der sogen. Tender-Lokomotiven darstellen, das eingebaute Zahnrad bis in Höhe von 20 Millimeter über Schienenoberkante auf das Bahnplanum herunterreichen.  (Autorin: Hannelore Deya)
 

15. Kalenderwoche

 

7. April
Die Frühjahrs-Kontroll-Versammlungen, die mit dem heutigen Montag für den Kreis Heiligenstadt beginnen, bringen für die beteiligten Reservisten und Landwehrleute eine kleine militärische Abwechslung in das eintönige Berufsleben. Im Handumdrehen ist man wieder ganz und gar Soldat, in einem Stündchen ist alles erledigt, man geht erhabenen Gefühls auseinander, leert mit allen Kameraden noch einen Schoppen- und Reserve hat Ruh bis zum Herbst. 
8. April
Eine Versammlung der Vorstände der im hiesigen Kreis bestehenden Ziegen-, Kaninchen- und Geflügelzuchtvereine fand am Sonntag Nachmittag unter dem Vorsitz des Rentners Rümenapf-Arendshausen im „Eichsfelder Hof“ statt, um sich über die Beteiligung an der diesjährigen Tierschau schlüssig zu werden. Vertreten waren die Vereine Heiligenstadt, Dingelstädt, Geisleben, Geismar, Hohengandern, Lengenfeld, Uder und Westhausen. Unter der Voraussetzung eines großen Zeltes zum Schutz der Tiere sollte eine Beschickung stattfinden. 
9. April
Das städtische Wasserwerk und die Kanalanlage im Jahr 1913. Das Wasserwerk lieferte im Jahr 1913 ausreichendes und gutes Wasser ohne jegliche Betriebsstörung. Die Zahl der Anschlüsse beträgt 856 und zwar 816 Gebäude, 35 Gärten, 1 Kirchhof, 3 öffentliche Brunnen, 1 Neptunbrunnen. Das Rohrnetz ist durch Verlängerung der Leitung bis zum Bahnhof Ost und von … bis zum Schützenhaus und Spielplatz von … bis … m erweitert worden. Die Gesamtlänge beträgt daher 16712 m. An Hydranten sind 142 vorhanden gegen … im Vorjahr. Wassermesser sind … angebaut (im Vorjahr…). 
10. April
Arbeits-Nachweis. Beim öffentlichen Arbeitsnachweis des Kreises Heiligenstadt haben im Monat März 111 Personen beiderlei Geschlechts Stellung gesucht, während 109 offene Stellen gemeldet waren. 88 Vermittlungen kamen zustande. Darunter waren allein 38 Bauhandwerker, von denen 31 nach auswärts gingen. Lehrlinge sind sehr begehrt gewesen. Leider konnten nur 4 besorgt werden. Im Laufe des Monats wurden 37 Ausweise zur Erlangung einer Fahrpreisermäßigung ausgefertigt und den Arbeitern etwa 55 Mark erspart. 
11. April
Gesellenprüfung. Vor der Prüfungskommission der Schlosser-, Schmiede-, Klempner-Innung legten folgende ihre Gesellenprüfung ab: Sittel, gelernt beim Schmiedemeister Montag-Geisleben, Hartleib beim Schmiedemeister Senge-Ershausen, Töpfer beim Schmiedemeister Töpfer-Ershausen, Drost, Marth, Rosenstock beim Klempnermeister Richardt-Heiligenstadt, Fritz Lösche bei der Firma H. Enzelmann u. Co. in Heiligenstadt und Heinrich Dellemann beim Schlossermeister Stitz-Heiligenstadt. Alle hatten mit dem Prädikat „gut“ bestanden.
12. April
Die Nadel- und Metallwarenfabrik hatte 1913 unter der Einwirkung des Balkankrieges und noch mehr durch die Unruhen in Mexiko sowie den schlechten Geldbestand in Argentinien zu leiden, so dass sie hierdurch und sonstige ungünstige Einflüsse teilweise erheblich geschädigt worden ist. Hinzu kommt noch, dass in einzelnen Artikeln sich eine unlautere deutsche Konkurrenz breit macht, die um jeden Preis das Geschäft an sich zu reißen strebt, selbst wenn es unter die Produktionskosten kommt. Dank ihrer vorzüglichen maschinellen Einrichtungen ist die Fabrik eben in Metallwaren und gehärteten Artikeln auch im Absatz nicht beschränkt gewesen. Im Allgemeinen war die Fabrik aber mit dem Geschäftsergebnis halbwegs zufrieden.  (Autorin: Hannelore Deya)
 

16. Kalenderwoche

 

14. April
Die Papierfabrik war mit dem Geschäftsergebnis nicht so zufrieden. Infolge der allgemeinen ungünstigen Geschäftslage im Jahr 1913, wie durch die Statistik nachgewiesen wurde, war der normale Verbrauchszuwachs an Druckpapier rückgängig, während andererseits die Produktion von Druckpapier durch Aufstellung neuer, moderner Maschinen oder durch Umbauten bereits vorhandener ganz erheblich gestiegen ist. Durch diese Umstände war empfindlicher Mangel an Aufträgen hervorgetreten, der Minderabsatz betrug im Betriebsjahr 13 % gegen 5 % im Vorjahr 1912, so dass zur Verhinderung eines weiteren Anwachsens der ohnehin schon großen Papiervorräte noch langsamer gearbeitet, an einigen Tagen im Monat der Betrieb gänzlich eingestellt werden musste. In Folge der geringen Papiererzeugung war es der Fabrik auch nicht möglich, die im Vorjahr angesammelten bedeutenden Holzstoffvorräte zu verarbeiten. Das in Holzstoff- und Papiervorräte liegende Kapital verzehrte daher namhafte Beiträge an Zinsen. Andererseits wurde aber auch die Herstellung des Papiers durch die Mindererzeugung ganz wesentlich verteuert. Nur durch äußerste Sparsamkeit in der Fabrikation und durch fortwährende Verbesserungen an Maschinen und Apparaten war es ihr noch möglich einen Gewinn herauszuwirtschaften.
15. April
Die Lage der Zigarrenindustrie hat sich im Berichtzeitraum nicht wesentlich gebessert. Es ist eine weitere Erhöhung des Konsums von Zigaretten und damit eine weitere Erschwerung des Absatzes der Zigarren, die besonders in den billigeren Preis lagen, zu verzeichnen. Unter diesen Verhältnissen wurde naturgemäß der Wettbewerb der einzelnen Fabrikanten immer schärfer, so dass es wohl nur unter Opfern möglich gewesen ist, den Absatz auf der Höhe zu halten. 
16. April
Das neue Erziehungsheim wird im Laufe dieser Woche eröffnet. Der Leiter der Anstalt, Herr Kaplan Schrödter wird morgen seine Wohnung daselbst beziehen. 
Baumfrevel. An dem Verbindungsweg nach Mengelrode sind etwa 10 junge Obstbäume und an dem Weg nach Günterode beim Hillemann sind ca. 50 junge Obstbäume mutwillig abgebrochen oder abgeschnitten worden. Die rohe Tat ist vermutlich in der Nacht vom Palmsonntag zum Montag geschehen. Den Tätern, die eine exemplarische Strafe verdienen, ist man auf der Spur. 
17. April
Polizeiwesen. Neu erlassen ist eine Polizeiverordnung vom 20. Januar 1914 betreffend den Anschluss von Wasserspülaborten und Pissoiren an die städtische Kanalisationsanlage zu Heiligenstadt. Wegen Übertretung verschiedener Polizeiordnungen wurden polizeiliche Strafverfügungen erlassen; 1911 263 Strafverfügungen, 1912-319, 1913-283. Im Jahr 1913 fanden 34 Zimmerbrände statt, für welche 1433 Mark Entschädigung gezahlt wurden. Ein größeres Schadenfeuer entstand am 14. Januar 1914 in der Niederlage des Kaufmanns Eduard Gassmann durch Unvorsichtigkeit eines Angestellten. Das Hintergebäude des Herrn Gassmann brannte vollständig nieder. Ferner wurden die angrenzenden Nachbargebäude beschädigt. Die Brandentschädigung hierfür, einschl. für die verbrannten und verdorbenen Warenvorräte des Herrn Gassmann, betrug rd. 26000 Mark.  (Autorin: Hannelore Deya)
 

17. Kalenderwoche

 

19. April
Gesundheitspolizei. Von den Nahrungs- und Genussmitteln etc. wurden im Jahr 1913 42 Proben entnommen und von dem Untersuchungsamt in Erfurt untersucht. Hiervon wurden 6 Proben beanstandet und zwar in eine Probe Butter, Bienenhonig, Schokoladenmehl, Fruchtsaft, Himbeerlimonade und Weinessig. Die Butter enthielt einen zu hohen Wassergehalt, der Honig war mit Rübenzucker vermischt, das Schokoladenmehl enthielt einen Zusatz von Stärkemehl, der Fruchtsaft wurde beanstandet, weil er nicht lediglich aus dem reinen Saft der Himbeeren durch Verkochen mit Zucker genommen war, die Himbeerlimonade enthielt natürlichen Fruchtsaft überhaupt nicht.
22. April
Zuwiderhandlungen gegen die bestehenden Arbeiterschutzvorschriften sind im Berichtsjahr 1913 etwas zahlreicher festgestellt worden als im Vorjahr 1912. Wegen Verstößen gegen das Verbot der Sonntagsbeschäftigung wurden 14 Gewerbeunternehmer oder ihre Vertreter in Anklagezustand versetzt und zu Geldstrafen von 3 bis 30 Mark oder entsprechender Haft verurteilt. Auch die Zuwiderhandlungen und Bestrafungen hinsichtlich der Bestimmungen über die Beschäftigung von Arbeiterinnen haben etwa zugenommen; etwa die Hälfte entfiel auf Inhaber von Werkstätten der Kleider- und Wäschekonfektion. Das gleiche war der Fall bei Beschäftigungen der jugendlichen Arbeiter. Hier waren es besonders die Bäckereien, in denen noch immer eine zu lange Arbeitszeit festzustellen war. 
23. April
Das städtische Schulwesen im Jahr 1913/14. 1. Katholische Bürgerschule: 14 Klassen mit 1 Rektor, 9 Lehrern und 4 Lehrerinnen. Änderungen im Lehrpersonal sind nicht eingetreten. Aufgenommen wurden Ostern 1913 113 Schüler. Entlassen wurden Ostern 1914 69 Schüler, außerdem erfolgten Abgänge zum Gymnasium und Lyzeum. Frequenz am Schulschlusse Ostern 1914 359 Knaben, 389 Mädchen, zusammen 748 gegen 744 im Vorjahr Ostern 1913. – 2. Evangelische Schule: 3 Klassen mit 2 Lehrern und 1 Handarbeitslehrerin. Der 2. Lehrer Bernhardt schied infolge Anstellung an der Volksschule zu Halle a. S. Ende März aus und wurde durch den Lehrer Günther von Salza ersetzt. Aufgenommen wurden Ostern 1913 24 Kinder, entlassen wurden Ostern 1914 18 Knaben. Die Schule wurde am Schluss des Schuljahres besucht von 133 Kindern und zwar 70 Knaben und 66 Mädchen. - 
24. April
Gewerbliche Fortbildungsschule: In 13 Klassen einschließlich 5 Zeichenklassen unterrichteten nebenamtlich, außer dem Schulleiter Rektor Heil, 9 Lehrer, 2 Techniker (Stadtbaumeister und 1 Architekt) und 1 Handwerksmeister (Maler). Die Schülerzahl betrug: Handwerker einschließlich 2 Freiwillige 163 (Vorjahr 156), Kaufleute einschließlich 1 Freiwilliger 63 (Vorjahr 61), Summa 226 (Vorjahr 217). 
25. April
Vom städtischen Museum. Dem städtischen Museum wurden geschenkt eine Reiterpistole, ein sogenannter Morgenstern, eine Riesenschlange, ein Stück Elefantenhaut, ein Stück eines Mammutschädels und alte Urkunden. Beschafft wurden seitens der Stadt verschiedene Schmetterlinge. Sämtliche Kästen wurden mit Schwefelkohlenstoff behandelt. Der Besuch des Museums war an Sonn- und Feiertagen sehr gut, an Werktagen dagegen wirklich gering.
26. April
Einführung des Superintendenten und Oberpfarrers Professor Dr. Rauch. Ein grauer Oktobersonntag war es, die Natur hatte sich schon zur Ruhe angeschickt, als der langjährige Oberpfarrer der evangelischen Gemeinde Herr Superintendent Kulisch in der evangelischen Kirche seine Abschiedspredigt hielt. So trübe und traurig wie draußen in der Natur, so war es auch in den Herzen der Gemeindemitglieder. Und gestern, Freitag den 17. April, im Prangen des jungen Frühlings, war der evangelischen Gemeinde Heiligenstadt ein großer Freudentag beschieden: der Nachfolger der bisherige Klosterpfarrer und Religionslehrer an der Klosterschule zu Roßleben, Professor Dr. Gotthard Rauch, wurde durch den Generalsuperintendenten Dr. Jacobi aus Magdeburg in Gegenwart des Konsistorialpräsidenten von Doemming und zahlreiche Festgäste aus der Stadt und dem ganzen Eichsfeld feierlich in sein Amt eingeführt.  (Autorin: Hannelore Deya)
 

18. Kalenderwoche

 

28. April
Armenwesen. Im städtischen Armenhaus wurden im Jahr 1913 durchschnittlich 16 Arme (Vorjahr 15) und zwar 9 männliche und 7 weibliche an zusammen 3485 Tagen verpflegt. Gestorben ist niemand. Ferner wurde es von 831 obdach- und mittellosen Personen (1911-1475, 1912 1170) nämlich 819 männlichen und 12 weiblichen als Nachtherberge benutzt, wovon 65 Naturalverpflegung erhielten. 1 durchreisender Obdachloser ist an Altersschwäche gestorben. Für die Armenhäusler und Passanten wurden an Brot und Hausmiete ausgegeben: An Brot wurden 5706 Pfund und an Hausmiete 3275 Mark verausgabt. Armenarzt ist fest seit 1. Oktober 1911 Sanitätsrat Dr. Martin. Der Zuschuss der Stadt zu den Armenlasten betrug 1911 9701,40 Mark, 1912 10406,06 Mark.
29. April
Ein neuer Schmuckplatz ist an der Steingrabenpromenade unterhalb der Villa Fritze (früher Rosentalsche Garten) von der Stadt angelegt worden. Es ist gewiss erfreulich, dass unsere Stadtverwaltung fortgesetzt Verschönerungen innerhalb und außerhalb der Stadt vornehmen lässt. So ist auch die eine Seite der neuen Bahnhofstraße bereits mit Bäumen bepflanzt worden, und wie schön wird sich später die Birkenallee an dem neuen Weg vom Schlossplatz zur Leinegasse aufnehmen. Nun sollte aber auch jeder darüber wachen, dass rohe Hände sich nicht an den unter vielen Kosten und Mühen Geschaffenen vergreifen. Nun sei man auch Dankbar für das Geschaffene und sorge für dessen Erhaltung. 
30. April
Auf eine 50-jährige Tätigkeit im Staats- und Gemeindedienst kann heute Herr Stadtsekretär a. D. Dröder zurückblicken. Am 21. April 1864 trat er beim Ersatzbataillon des 4. Garde-Regiments ein, das Regiment nahm an dem Feldzug gegen Dänemark teil. Derselbe versieht heute noch seit dem 15. Januar 1881 das Amt des Stellvertreters des kgl. Amtsanwalts, auch ist er Kassenführer des Kreis-Krieger-Verbandes Heiligenstadt und seit dem Jahr 1887 Rechnungsführer des Heiligenstädter Spar- und Darlehnkassen-Vereins.

Heiligenstadt/ Eichsfelder Tageblatt Mai 1914/ 2014

 

2. Mai

Über die Einziehung des Wehrbeitrages haben die Zentralbehörden jetzt die nötigen Anordnungen gegeben. Danach hat die Zustellung des Veranlagungs- bzw. Feststellungsbescheides in einem Briefumschlag mit den sonstigen Veranlagungs- Benachrichtigungen zu erfolgen. Das Wehrbeitragssollbuch soll jederzeit einen Überblick über den Stand des Hebungsverfahrens gewähren. Nach dem Ablauf des Rechnungsjahres 1916 müssen alle von den Hebestellen geführten Bücher eingefordert und den Bezirksregierungen zur Nachprüfung vorgelegt werden.

3. Mai

Der sogenannte „Kleine Schützenhof“, wie der Maiauszug des Heiligenstädter Schützengesellschaft genannt wird, war vom Wetter recht begünstigt und verlief daher unter reger Beteiligung der Schützen und der Nichtschützen. Nach Vogel und Scheiben wurde fleißig geschossen. Die Schießsaison 1914 ist damit eröffnet. Wie viel Saure Kiebchen, Brat-, Gar- und Leberwurst vertilgt wurde, konnte unser Reporter nicht ermitteln. Ein Karussell war auf dem Festplatz anwesend. Abends war Tanz im Schützenhaussaal.  (Autorin: Hannelore Deya)

 

19. Kalenderwoche

 

5. Mai

Fabrikbau der Firma Bernward Leineweber. Seit einigen Tagen wird in der Nähe des Hauptbahnhofs, auf dem Grundstück der Firma Bernward Leineweber-Berlin, eine rege Tätigkeit bemerkt. Nach den Plänen und unter der der bewährten Leitung des Architekten Döring hier wird nunmehr die Fertigstellung der Konfektionsfabrik nebst Verwaltungsgebäude energisch betrieben. Die Ausführung der umfangreichen und hochinteressanten Eisenbetonarbeiten führt eine Kasseler Firma aus und die gesamten Maurer- pp. Arbeiten wurden Maurermeister J. Schneider hier übertragen. Sicherem Vernehmen nach sollen die Gebäude, die auch in hygienischer Hinsicht das Beste aufweisen werden, schon im Spätsommer betriebsfertig sein.

6. Mai

Das „Eichsfelder Tageblatt“ auf der Messe in Leipzig. Gestern ist in Leipzig die 1. Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik im Beisein des Königs von Sachsen eröffnet worden. Sie dauert bis zum 1. Oktober. Unser „Eichsfelder Tageblatt“ wird für die ganze Dauer der Ausstellung ausliegen. Wir hoffen, dass dies den Beifall unserer Leser hat, welche die Leipziger Ausstellung besuchen. Wir haben uns der Ausstellung der konservativen Presse angeschlossen und alle Nummern und alle Jahrgänge unserer seit 1772 bestehenden Zeitung ausgestellt.

7. Mai

Zum Blumentag. Wir weisen nochmals auf die heute Abend in der Vereinsbrauerei stattfindende Versammlung hin. Ferner machen wir darauf aufmerksam, dass die Teilnahme am Verkauf der Blumen oder an den kleinen Umzügen der Heimensteiner und Neustädter in Eichsfelder Tracht nicht etwa Vorschrift, sondern nur erwünscht ist. Bei günstigem Wetter findet am Sonntag ein Frühkonzert im Brauereigarten und nachmittags auf dem Iberg statt.

8. Mai

Militärvereine. Die diesjährige Schießsaison der Militärvereine Heiligenstadt im Ochsenkopfgrund wird am Sonntag durch den Gardeverein eröffnet. Es folgen an den nächsten Sonntagen: Kriegerverein, Artillerie- und Kavallerieverein, Soldatenverein Kameradschaft.

9. Mai

Zum Blumentag. Die Herren Geistlichen sollen gebeten werden, den Hauptgottesdienst bis 10 Uhr zu beenden. Von der Bergkirche herab werden schon früh morgens Choräle geblasen. 10 ½ Uhr beginnt das Frühkonzert im Garten der Vereinsbrennerei, Eintritt nur 10 Pfg. Der Verkauf der Blumen beginnt ebenfalls 10 ½ Uhr. Da die obere Neustadt Sonntag ihre Kirmes feiert, so wollen die Burschen und Mädchen sich auch verdient machen. Gegen 11 Uhr veranstalten sie einen originellen Kirmesumzug. Der Festwagen wird mit Stieren bespannt. Selbstverständlich wollen auch die Heimensteiner nicht zurückstehen. Ihr Zug setzt sich 1 ½

Uhr in Bewegung. Ein Herold eröffnet ihn. Ihm folgt die erste Kapelle. Hinter dieser schreitet in alter Tracht der Heimensteiner Schulze mit Amtsstab.

10. Mai

Die Allgemeine Ortskrankenkasse. Die Mitgliederzahl schwankt zwischen 18-1900. An Krankenscheine wurden 977 ausgestellt. An Krankengeld mussten 2000 Mark, mehr wie in den gleichen 4 Monaten im vergangenen Jahr ausbezahlt werden. Für Medikamente wurden 600 Mk. mehr ausgeben. Die Krankenhauskosten für diese 4 Monate erreichten die Summe von 3000 Mk. Im Monat März mussten 599 Mk. allein für Medikamente bezahlt werden. Davon hatte ein Kassenarzt 220 Rezepte und die anderen 3 Kassenärzte 150 Rezepte verschrieben. Von den 977 erkrankten Mitgliedern sind 307 Mitglieder als erwerbsunfähig in der Wohnung behandelt und 110 im Krankenhaus. Angesichts der so bedeutenden Mehrausgaben ist der Vorstand bei den Kassenärzten mehrfach vorstellig geworden, um eine Gesundung der Kassenverhältnisse herbeizuführen, da das Kassenvermögen in den Händen der Ärzte liegt.  (Autorin: Hannelore Deya)

 

20. Kalenderwoche

 

12. Mai

Kreissynode Mühlhausen-Heiligenstadt. Die vereinigte Kreissynode Mühlhausen-Heiligenstadt wird am 25. Mai in Heiligenstadt tagen wegen der Wahl zweier Abgeordneter für die im Herbst zusammentretende Provinzial-Synode.

13. Mai

Turngang. Von den Turnvereinen der Provinz Sachsen sind zu Christi Himmelfahrt größere Turngänge geplant. Die Turngemeinde Heiligenstadt beabsichtigt an demselben Tag einen solchen über das idyllisch gelegene Klüschen bei Wachstedt, woselbst man dem Gottesdienst beiwohnt. Von da geht’s über Schloss Gleichenstein, Bernterode, Forsthaus zum Iberg, woselbst bei gutem Wetter nachmittags Familienzusammenkunft ist. Der Abmarsch wird noch näher bekannt gegeben. Bei Beteiligung mit Damen stehen Partiewagen zur Verfügung.

14. Mai

Der Wehrbeitrag im Kreis Heiligenstadt beträgt 129,696,- Mark. Der Wehrbeitrag ist bekanntlich in drei Jahresraten zu bezahlen. Wer die zwei späteren Raten vorausbezahlt, darf 4 v. H. Zinsen abziehen. Die anscheinend unverwickelte Zinsberechnung gestaltet sich nun ungemein einfach für diejenigen, die zum 15. Mai des Jahres voll zahlen; diese können genau den zehnten Teil einer Rate zurück behalten. Wer beispielsweise im Ganzen 600 Mark (drei Raten zu je 200 Mark) Wehrbeitrag zu zahlen hat und zum 15. Mai Vollzahlung leistet, kann 20 Mark Zinsen abziehen.

 

15. Mai

Der Verbandstag der Militär-Anwärter Kurhessen mit Waldeck wurde am Sonntag im Hotel Reichshof hierselbst abgehalten. Von den 9 Vereinen, welche 1042 Mitglieder zählen, waren als Delegierte und Mitglieder 54 Herren erschienen. Auch der Ehrenvorsitzende des M.-A- Vereines Heiligenstadt, Herr Sanitätsrat Dr. Martin nahm an der Versammlung teil. Als Vertreter des 1. Vorsitzenden des Verbandes eröffnete Herr Schaumlöffel aus Kassel mit einer Rede. Herr Dr. Martin begrüßte danach alle Erschienen. Es gereiche ihm zu einer ganz besonderen Ehre und Freude hier in der kleinen Kreisstadt Heiligenstadt den Herren den Gruß entbieten zu dürfen. Es sei die Standespflicht eines jeden für den Staat und das Wirtschaftsleben zum Wohle des Vaterlandes einzutreten und für alles zu sorgen, was notwendig ist, denn keiner darf, ohne sich vorher Klarheit zu verschaffen, in die Wege hineilen, vielmehr sich vorher genügend orientieren usw. Deshalb ist in der heutigen Zeit der Zusammenschluss der einzelnen Vereine notwendig.

16. Mai

Worbis

Ein Feuer, das gefährlich werden konnte, kam im hiesigen Kornhaus anscheinend infolge Selbstentzündung auf. Es brannten das Pappdach und der Dachaufbau der Trockenanlage über dem Kornhaus-Büro. Die hiesige Feuerwehr, die schnell zur Stelle war, löschte vom Brunnen der Dampfmolkerei aus das Feuer ab und entfernte den brennenden Dachaufbau. Vorsichtshalber war das Büro des Kornhauses ausgeräumt worden. Der Schaden wird auf einige hundert Mk. geschätzt und ist durch Versicherung gedeckt.  (Autorin: Hannelore Deya)

 

21. Kalenderwoche

 

17. Mai

Duderstadt

Nach dem Pech, das am letzten Sonntag der Militärflieger und Fluglehrer Bodenburg durch einen noch glücklich abgelaufenen Absturz hatte, war das Glück dem Flieger am Tag Christi-Himmelfahrt holder gestimmt. Um nicht sein Unternehmen als Schwindel erscheinen zu lassen, überflog Bodenburg bereits am Mittwochabend in einigen Runden das Weichbild von Duderstadt. Himmelfahrt Nachmittag unternahm dann der Flieger zwei wohl gelungene Aufstiege und entschädigte die Sonntag enttäuschte, wieder auch Hunderten zählende Volksmenge.

19. Mai

Stadtverordnetenversammlung.

Die Tagesordnung betraf: 2.Verlegung unterirdischer Telegraphenkabel in verschiedenen Straßen der Stadt. Nach Mitteilung der kaiserlichen Postdirektion Erfurt sollen in verschiedenen Straßen der Stadt unterirdische Telegraphenkabel gelegt werden und zwar in diesem Sommer in der Gieckgasse, Stubenstraßen, Wilhelmstraßen bis Thüringer Hof und 1915 am Göttinger Tor bis zur Heiliggeist-Kapelle. Die Versammlung nahm Kenntnis.

20. Mai

Von der Stadtverordnetenversammlung: Beschaffung eines mechanischen Feuerungsapparates für die große Lokomotive des Elektrizitätswerkes. Auf Empfehlung der Elektrizitätskommission hat der Magistrat die Anschaffung eines mechanischen Feuerungsapperates zur Verhütung von Rissen in der Stirnwand und zur Kohlenersparnis beschlossen. Der Apparat, dessen Kosten sich auf 1480 Mk. stellen, soll von der Firma R. Wolf-Magdeburg-Buckau bezogen werden. Man hält die Vorfeuerung für sehr praktisch, vermisst nur eine Rentabilitätsrechnung. Es wird beantragt, dass die Kommission eine kleine Rechnung zur Rentabilität beifügt.

21. Mai

Von der Stadtverordnetenversammlung: Vergleich mit dem Kaufmann Oswald Leuschner in Chemnitz wegen Gewährung einer Haftpflichtversicherung. Der Kaufmann Leuschner, der mit einem Automobil hier war, hat mit mehreren Herren eine Promenade über die Wilhelmstraße bis zur Scheuche unternommen. Dort, bei der Kastanienallee, wo der Mühlgraben quer durchgeht, ist er in eine Einfallstelle der Ufermauer hinein getreten und in den Mühlgraben gefallen. L. verlangt nun für ärztliche Bemühung, eine fortgeschwommene Automütze, Beschmutzen seines Anzugs, Schmerzensgeld und erlittenen Schreck von 150 Mk., in Summa 178,25 Mk. Die Stadt ist gegen Haftpflicht bei dem Stuttgarter-Verein versichert, muss aber 100 Mk. Selbstversicherung tragen. Es wird festgestellt, dass am Tag des Unfalls das Schutzgelände nicht vollständig war. Man ist allgemein gegen einen Prozess und stimmt dem Betrag zu. 

22. Mai

Von der Stadtverordnetenversammlung: Erwerbung einer Fläche, der sogenannten Sperberwiese. Die Angelegenheit hat das Kollegium schon einmal beschäftigt. Der Magistrat hat daraufhin beschlossen, von der Wiese des Fabrikanten Kühne nur die für die Grundschleuse benötigte Fläche, 350 Quadratmeter, zu erwerben, nachdem die städtische Baukommission einer örtliche Besichtigung vorgenommen und sich auf den gleichen Standpunkt gestellt hat. Man hat sich also selbst davon überzeugt, dass es keinen anderen Ausweg gibt. Mit der Ausführung der Schleuse an dieser Stelle könne man sich einverstanden erklären. Zu dieser Anlage werden 350 Quadratmeter (pro m² 2,75 Mk.) benötigt. Später werden zu der Leineregulierung weitere 1112 Quadratmeter gebraucht. Da beide Projekte zusammenhängen, wird empfohlen, aufgrund eines Einheitspreises mit dem Besitzer Kühne abzuschließen. Das übrige Gelände komme erst später infrage und da würde der Preis von 2,75 Mk., da es sich zumeist um angeschüttetes Ufer handle, von der Stadt niemals gezahlt werden.

23. Mai

Von der Stadtverordnetenversammlung: Übergang der städtischen Obstbaumpflanzung an der Halle-Kasseler Chaussee an das Eigentum des Provinzialverbandes. Es hat eine Besichtigung durch Vertreter des Verbandes mit der Stadt stattgefunden: Ein ausführliches Gutachten über den Wert der Pflanzungen, die sich nicht in einem besonders guten Zustand befinden, liegt vor. Die Taxe beläuft sich auf 4259 Mk. Die Stadt hatte sich bereits früher mit dem Abtreten der Pflanzungen einverstanden erklärt und war die Bedingung mit dem Gutachten gestellt worden.

24. Mai

Urbanstag. Der heilige Urban, dem der 25. Mai geweiht ist, war ein römischer Bischof, der voll Eifer für die Ausbreitung des Christentums wirkte. Durch seine Beredsamkeit wusste er viele Leiden zu bekehren, und viele bedrängte Christen tröstete er in Not und Gefahr. – Die Weinbauer erblicken in St. Urban ihren Schutzpatron und an seinem Tag gilt für sie die Regel: „An Sankt Urban Sonnenschein. Füllt das Fass mit gutem Wein, - Aber an Sankt Urban Regen - bringt dem Winzer wenig Segen.“ Die Witterung am Urbanstag soll, so glaubt man im Volk, prophetisch die Witterung der nächsten Wochen verkünden: „Denn wie der Sankt Urbanstag sich hält, so ist der ganze Herbst bestellt.“  (Autorin: Hannelore Deya)

 

22. Kalenderwoche

 

26. Mai

Verschönerungsverein Heiligenstadt. Der Verein ist am 19. Januar 1911 gegründet worden, besteht also 3 Jahre. Die Mitgliederzahl ist von 176 im ersten Geschäftsjahr auf 205 gestiegen. An Lösung der Aufgabe: Entwicklung und Hebung des Fremdenverkehrs und dadurch Förderung der materiellen Interessen ist alsbald nach der Gründung in unablässlicher Weise eifrig gearbeitet worden. Da Heiligenstadt mit seiner schönen Lage und romantischen Umgebung wenig oder gar nicht bekannt war, musste das Augenmerk in erster Linie auf eine rührige, wirksame Werbetätigkeit gerichtet werden. Eine solche Tätigkeit ist dann auch zunächst entfaltet worden. Namentlich sind zu diesem Zweck vom Verkehrsverein Reklamepostkarten (17000), Flugblätter (15000) und ein Führer (3000) herausgegeben worden.

27. Mai

Wohnungswesen in Heiligenstadt. Begrüßt wurde das Erbauen einer Reihe neuer Häuser mit mittleren Wohnungen. Häufig sind Anfragen eingegangen, die nicht zur Zufriedenheit beantwortet werden konnten. Um die schon vorhandenen Räumlichkeiten auszunutzen, wurden die Hausbesitzer gebeten, leer stehende und freiwerdende Wohnungen dem Wohnungsnachweis des Verkehrsvereins, Rathaus Zi. Nr. 5 anzuzeigen. Daselbst wolle man auch melden, ob und wie viele Sommerfrischler Aufnahme finden können. Angezeigte Wohnungen bzw. Zimmer sind im Fall der Besetzung sofort abzumelden, damit unnötige Wege vermieden werden. Die Vermittlung ist gebührenfrei.

28. Mai

Das Bahnprojekt Göttingen-Bremke-Heiligenstadt scheint jetzt auch das Interesse der preußischen Regierung gefunden zu haben. Diese Nachricht, die die Göttinger Zeitung (amtl. Kreisblatt) bringt, würde dann bedeuten, dass das andere Projekt Heiligenstadt-Weißenborn, das den Verkehr aus dem Bremkertal nach dem Eichsfeld gelenkt hätte, wenig Aussicht auf Verwirklichung hat. Es ist an der Zeit, dass die an dem Bahnprojekt Göttingen-Bremke-Heiligenstadt interessierten Kreise, Ortsbehörden und deren Einwohner Schritt unternehmen, damit die nötige Bahnverbindung bald gebaut wird. Wie die Göttinger Zeitung mitteilt, soll schon in Kürze eine große Interessentenversammlung stattfinden, die sich mit dem Projekt beschäftigt.

30. Mai

Befestigung des Fußweges vom Schlossplatz bis zur Leinegasse nebst Einfriedung der Leinegasse an der Nadelfabrik. Die Vorlage hat diese und die folgende Sache auf die Tagesordnung gesetzt, um sie zunächst einmal durchzusprechen. Der Magistrat hat die Ausführung nach den Vorschlägen der Baukommission beschlossen: Bordsteine auf der Seite der Nadelfabrik bis zur Leinebrücke mit Kleinpflaster und Packlage wird empfohlen, die Befestigung des Weges vom Arbeiterheim bis zum Schlossplatz mit Kleinpflaster ohne Packlage, sofern Einfriedigung des Fußweges vom Arbeiterheim bis zum Schlossplatz durch ein eisernes Gitter.

31. Mai

Überdachung der Bahnsteige Heiligenstadt. Die königliche Eisenbahndirektion Kassel erkennt das Bedürfnis für eine Überdachung der Bahnsteige auf dem Bahnhof Heiligenstadt an und wird dieselbe zur Ausführung bringen, sobald die dafür notwendigen Mittel vorhanden sein werden. Für die Überschwemmungen an der Ostsee sind in der Provinz Sachsen 95988,41 Mark gesammelt worden. Von der Gesamtsumme entfallen auf den Kreis Heiligenstadt 1085,04 Mark. Dabei schneidet der Kreis Heiligenstadt einigen Kreisen mit viel wohlhabenderer Bevölkerung gegenüber sehr günstig ab. Die Opferwilligkeit unserer Kreisbevölkerung für die vom schweren Unglück Betroffenen verdient volle Anerkennung.  (Autorin: Hannelore Deya)

 

23. Kalenderwoche

 

2. Juni

Worbis

Zu dem Millionen-Konkurs von Biermann. Nach Angabe des einen Inhabers Biermann jun., sind für das Gut von der Siedlungsgesellschaft „Sachsenland“ 850000 Mk. geboten, 75000 Mk. bietet der Fiskus für Wald und die Ländereien am Oberberg. Es verbleibt dann noch die Mühle, die 100000 Mk. kosten soll. Diese drei Objekte, die also im günstigen Falle 550000 Mk. einbringen würden, decken gerade die eingetragenen Hypotheken. – Wo sollen die übrigen Gläubiger bleiben, besonders die, die ihre Sparpfennige der Bankfirma Biermann anvertrauten? Frau Biermann und ihre Schwiegermutter ließen noch 14 Tage vor Eröffnung des Konkurses 40000 Mk. für sich eintragen. Diese Forderungen dürften bestritten werden.

 

3. Juni

Kreistierschau Heiligenstadt. Vorbereitungen für das bevorstehende Ereignis. Auch die Finanz-Kommission ist nicht müßig gewesen, ihrer unverdrossenen Arbeit ist es zu verdanken, dass schon folgende Vereine und Firmen Geld oder Ehrenpreise gestiftet haben: Landwirtschaftlicher Verein Lutter, Landwirtschaftlicher Verein Wiesenfeld, Kaninchenzuchtverein B. R. Heiligenstadt, Ziegenzuchtverein Heiligenstadt, Maschinenfabrik Rudolf Sack-Leipzig. Auch die Stadt Heiligenstadt hat sich sehr entgegenkommend gezeigt.

 

4. Juni

Breitenworbis

Eine Todesfahrt im Automobil. Der Chauffeur Dettmann des Bergwerkdirektors Hiddemann in Neu-Sollstedt, der seinen Herrn nach Dessau zu Verwandten gefahren hatte, unternahm nachts trotz ausdrücklichen Verbots eine Autofahrt mit einem befreundeten Chauffeur und einem jungen Mädchen. Stark bezecht trat die Gesellschaft die Heimfahrt an. Unterwegs schlug das Auto gegen einen Pfahl und stürzte um. Der unverletzt gebliebene Dettmann zog aus Verzweiflung einen Revolver und schoss sich in die Brust. Er wurde ebenfalls tödlich verletzt.

 

5. Juni

Militärtransporte. In zwei Militär-Sonderzügen passiert heute Nachmittag das 82. Infanterieregiment aus Göttingen auf der Rückfahrt vom Truppenübungsplatz Ohrdruf nach Göttingen die Station Heiligenstadt und zwar das 3 Bataillon mit dem Regimentstab und der Regimentsmusik, und das 1. und 2. Bataillon.

 

6. Juni

Arbeitsnachweis. Der öffentliche Arbeitsnachweis des Kreises Heiligenstadt erfreut sich eines immer reger werdenden Zuspruchs aus allen Kreisen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Es wäre aber im Interesse aller wünschenswert, die Annahme von „Umschauenden“ noch weiter zu beschränken. Mancher würde ferngehalten, an denen weder die Kollegen noch der Unternehmer Freude erleben. Auch die Bettelei hörte auf. Bei der ausgedehnten Armenfürsorge ist es ein schlechter Liebesdienst, wenn man jedem Menschen, der die Hand ausstreckt, ein Almosen auch ordentliche Leute unter den „Anklopfenden“, die sich redlich um Arbeit bemühen und doch lange warten müssen. Diesem steht aber ihre Bedürftigkeit und vor allem der gute Wille fast stets im Gesicht geschrieben.

 

7. Juni

Vom Automobil überfahren, wie uns noch berichtet wird, am Donnerstag der beim Fleischermeister Leineweber beschäftigte Lehrling Albert Rohrberg aus Bodenrode, der auf dem Rad zum Kühlhaus fahren wollte, um Fleisch zu holen. In der Lindenallee bei der Kuhgasse karambolierte der Radfahrer mit dem Automobil des Herr Dr. Koppen. Der Lehrling flog vom Rad herunter und wurde vom Auto überfahren und nach dem Krankenhaus der barmherzigen Schwestern gebracht.   (Autorin: Hannelore Deya)

 

24. Kalenderwoche

 

 

10. Juni

Treffurt

18. Feuerwehrverbandstag. Am Sonntag wurde in Treffurt der 18. Verbandstag des Feuerwehrverbandes für den Regierungsbezirk Erfurt abgehalten. Von der Heiligenstädter Wehr nahmen 11 Mitglieder an der Tagung teil. Auf den Besuch der Tagung hatte die für das Verbandsgebiet ungünstige Lage Treffurts einen störenden Einfluss ausgeübt. Die Teilnahme war nicht so stark wie bei anderen Verbandstagen. Am Sonnabend fand eine Sitzung der Kreisbrandmeister und Führer freiwilliger Wehren statt. Die allgemeinen Verhandlungen fanden im Hotel „Zum Stern“ statt. Am Nachmittag veranstaltete die Freiwillige Wehr Treffurts Schulübungen und Löschmanöver. 

 

11. Juni

 Vom Truppenübungsplatz Ohrdruf. Dieser Tage haben die Infanterieregimenter 26 und 66 (Magdeburg) der 13. Brigade des 4. Armeekorps das Truppenlager bezogen. Am 19. Juni wird sodann die 1. Reserve-Feldartillerie-Abteilung des 4. Armeekorps aus Mannschaften des Beurlaubtenstandes formiert. Diese Übungen dauern bis zum 20. oder 22. Juni. Das Truppenlager erfährt eine Verlegung von etwa 4000 Mann. Am 22. Juni beginnt die Krankenträgerübung für das 11. Armeekorps. Die Übung dauert 12 Tage; sie steht in Verbindung mit den Gefechtsübungen der Truppenteile.

 

12. Juni

 Das hoch erfreuliche Ergebnis der Rote Kreuzsammlung 1914 im Kreis Heiligenstadt beträgt bis jetzt 4155,21 Mark. Ein Verzeichnis der Geber wird demnächst veröffentlicht werden.

 Einquartierung hatte gestern unsere Stadt. Auf dem Marsch vom Truppenübungsplatz Ohrdruf nach der Garnison Göttingen war von Montagmorgen bis heute früh die Maschinengewehrabteilung des 82. Infanterie-Regiments mit 2 Offizieren, 2 Quartiermachern und 61 Mann einquartiert.

13. Juni

Die Eröffnung der Nebenbahn Heiligenstadt-Schwebba wird, da infolge des andauern regnerischen Wetter die Oberbauarbeiten nur langsam vorwärtsschreiten, vor dem 1. August des Jahres nicht erfolgen können. Es ist auch möglich, dass auch der 15. August herankommt, bis der Verkehr auf der neuen Bahnstrecke aufgenommen wird.

14. Juni

Auf der Kreistierschau in Nordhausen wurden bei der Prämierung für landwirtschaftliche Maschinen und Geräte auch folgende Aussteller vom Eichsfeld bedacht: Franz Kühne aus der Maschinenfabrik Heiligenstadt: silberne Medaille, Bruno Kleimenhagen aus Worbis: lobende Anerkennung, Franz Schotte von der Maschinenfabrik Berlingerode: bronzene Medaille und Wegerich u. C. aus Dingelstädt eine bronzene Medaille.  (Autorin: Hannelore Deya)

 

 

25. Kalenderwoche

 

16. Juni

Zufahrtweg zum Bahnhof-Ost und zur Haltestelle im Pferdebachtal. Der Magistrat hat eine Chaussierung beschlossen. Ein Kostenanschlag ist nicht vorhanden. Die Kosten sollen 1100,- Mk. betragen und aus Überschüssen von früheren Jahren entnommen werden. Es wird vorgeschlagen bei dieser Gelegenheit dem Bau einer Gastwirtschaft bei der Haltestelle im Pferdebachtal bald näher zu treten. Das Vorhandensein einer Erfrischungsstelle würde dem Fremdenverkehr heben. Bürgermeister Jux bemerkt, dass die Stadt die Konzession für eine Wirtschaft erhalte, falls darum nachgesucht werde. Doch momentan sei dafür kein Bedürfnis vorhanden.

17. Juni

Vom 1. bis 3. Juli wird die erste Sitzung der Wirtschaftsberatungsstelle für das Eichsfeld stattfinden. Und zwar ist für den 1. Juli eine Beratung in Heiligenstadt vorgesehen, während in den folgenden Tagen Ortsbesichtigungen vorgenommen werden sollen. Der Wirtschaftsberatungsstelle, die gegründet ist, um den staatlichen Eichsfeldfonds in Höhe von 600000 Mk. in Zweck entsprechenderweise auszunutzen, gehören der Regierungspräsident als Vorsitzender und die Landräte der drei Eichsfeldischen Kreise an. Die Geschäftsführung ist Herrn Ökonomierat Herbst aus Artern (früher Winterschuldirektor in Worbis) übertragen worden.

18. Juni

Vom Eichsfeld. Die Teilnahme an dem Jahresfest des Gustav Adolf-Zweigvereins, dass am Donnerstag in Wehnde gefeiert wird, ist durch günstige Bahnverbindung erleichtert. Der 9.07 Uhr in Heiligenstadt abgehende Zug hat in Leinefelde sofort Anschluss, so dass die Festteilnehmer schon um 9.58 Uhr in Ferna sind, von wo es ½ Stunde Wegs nach dem Festort ist. Mehrere Wagen werden zudem dort bereit stehen zur Fahrt nach Wehnde. Wenn das Wetter günstig ist, findet die Nachfeier im Schlosspark des Herrn Barons von Wintzingerode statt, der einen besonders schönen Platz dazu herrichten lassen will. Die jungen Damen der Frauenschule im Kloster Reifenstein, die auch am Fest teilnehmen werden, sind vollauf mit dem Backen von Kuchen beschäftigt, die die beim Fest den Gästen zum Besten des Gustav Adolf-Vereins als Kaffee-Gebäck anbieten wollen. Möchte das Fest recht zahlreich besucht werden. 

19. Juni

Duderstadt

Das endgültige Resultat der Sammlung für das Rote Kreuz hat in Duderstadt 1008 Mk. und 83 Pfg. betragen. Ein schönes Resultat für unsere Stadt, umso mehr wenn man bedenkt das die reichste Stadt Hannovers, die Universitätsstadt Göttingen, nur 1403 Mk. brachte.

20. Juni

Die Schweinezählung, am 2. Juni des Jahres hat für die Stadt Heiligenstadt folgendes Ergebnis ergeben: 1) Zahl der Haushaltungen mit Schweinen 601 (im Jahr 1913: 580); 2) Zahl der Schweine 1731 (im Jahr 1913: 1578).

21. Juni

Die Heiligenstädter Spar- und Darlehnkasse e. G. m. b. H. Nachdem für das Jahr 1913 die Revision des Geschäftsganges und der Bücher in dem Revisionsbüro der Ländlichen Zentralkasse zu Münster erfolgt ist, ergibt die Bilanz einen Reingewinn pro 1913 von 3068 Mark 90 Pfg. und beträgt daher der Reservefonds am Schluss des Jahres 40610 Mk. 98 Pfg.  (Autorin: Hannelore Deya)

 

 

26. Kalenderwoche

 

23. Juni

Kreistierschau in Heiligenstadt. Die Vorarbeiten werden jetzt mit besonderem Eifer weiter betrieben. Auf dem Gelände wird fast täglich gemessen, abgesteckt und eingeteilt, um die umfangreichen Ställe für die Tiere, die Vorführungs- und Richterringe, die Hallen für die Ehrenpreise und Lotteriegewinne, die bedachten Räume für Pflanzenzüchtungen, gewerbliche und industrielle Erzeugnisse, den Musikpavillon, die Restaurationszelte und anderes Zweck entsprechend aufstellen zu können. Durch das Entgegenkommen der städtischen Behörden und der Schützengesellschaft und durch die hoffentlich rege Beteiligung der Viehzüchter unseres Kreises wird es gelingen, eine lebenswahres Bild unserer Eichsfeldischen Viehhaltung zu schaffen.

 

24. Juni

Der dritte Extrazug, den der Kasseler Eisenbahnverein gestern nach unserer Stadt abgehen ließ, brachte in 30 Wagen wieder über 1000 Kasseler Eisenbahner hierher. Nachdem die übliche Einholung vom Bahnhof mit Musik erfolgt, was das erste Ziel der Wanderung das Ibergsrestaurant, wo sich eine fröhliche Menschenmenge bunt durcheinander bewegte und sich in den geräumigen Anlagen erfrischen und erholen konnte. Auch die hiesige Einwohnerschaft stellte einen guten Prozentsatz der Besucher. Außer der Konzertmusik der Bocke´schen Kapelle, die später zum Tanz aufspielte, erfreute auch die Gesangsabteilung der Kasseler Eisenbahner die Zuhörer.

 

25. Juni

Kreistag. Der Hauptpunkt der Tagesordnung betraf den Abschluss eines Vertrages mit den „Siemens Elektrischen Betrieben“ in Berlin wegen Versorgung des Kreises mit elektrischer Energie. Der Kreistag hat den Kreisausschuss mit dem Abschluss eines Vertrages mit der Überlandzentrale „Südharz“ in Bleicherode, einer Tochtergesellschaft der Siemens Elektrischen Betriebe ermächtigt. Die Verhandlungen sind am 26. Mai zum Abschluss gekommen. Sämtliche Städte, Gemeinden und Gutsbezirke müssen innerhalb 2 Jahren angeschlossen sein. Es erschien jedoch wünschenswert, den Vertrag mit den Siemens Elektrischen Betrieben abzuschließen, deren Tochtergesellschaft „Südharz“ ist.

 

26. Juni

Sitzung der Stadtverordneten. Umpflasterung der Altstädter Kirchgasse. Der Magistrat beschließt unterm 7. Mai die Umpflasterung der Altstädter Kirchgasse und vorherige Legung des Regenflusskanals. Die Kosten sollen rund 2800 Mark betragen und aus laufenden Mitteln gedeckt werden. Referent Herr Franke empfiehlt die Umpflasterung und bezeichnet die Kosten als angemessen. Der Vorlage wurde zugestimmt einschließlich eines Antrags: Der Magistrat wird gebeten mit der Besitzerin des Häuschens wegen Ankauf des Grund und Bodens, worauf das Leiterhäuschen steht, in Unterhandlung zu treten.

 

27. Juni

Abtretung einer kleinen Fläche von dem Zwingmannschen Garten zur Verbreiterung der Altstädter Kirchgasse. Herr Zwingmann ist bereit, den zur Verbreiterung benötigten Streifen herzugeben, wenn 1. die Abschneidung der Fläche in der Weise erfolgt, wie sie in der Skizze vorgesehen ist; 2. wenn die Einfriedung nebst Mauer wieder so hergestellt wird, wie sie jetzt besteht, und die an das Haus anschließende Mauer in Länge von 10 Metern und Höhe von 2 ½ Metern seitens der Stadt aufgeführt wird; 3. für jeden abzutretenden Quadratmeter 10 Mk. gezahlt werden. Verkäufer ist bereit, etwa fehlendes Material zur Einfriedung, soweit er solches besitzt, herzugeben. Der Magistrat erklärt sich hiermit einverstanden: Die Kosten werden ca. 500 Mk. betragen.

 

28. Juni

Trottoirlegung an der Südseite der Lindenallee (von Kuhgasse-Ratsgasse). Die Kosten sollen sich auf 3600 Mark belaufen. Die Bordsteine sollen aus Lenteröder Sandsteinen genommen und Zementplatten verwendet werden. Herr Stadtverordneter Franke erläutert den vorliegenden Kostenanschlag und bezeichnet die Trottoir-Legung als sehr notwendig. Die Abgabe für die Offerten wird auf 4-6 Wochen festgelegt.  (Autorin: Hannelore Deya)


27. Kalenderwoche

 

30. Juni

Bau der Geisledebrücke. Die Ausführung der Brücke am Friedhof wird nach der Zeichnung vom Stadtbaumeister beschlossen. Die Kosten werden voraussichtlich 13000 Mk. betragen, davon sind als Beihilfe seitens der Provinz 1/8 Der Baukosten, jedoch höchstens 4000 Mk. in Aussicht gestellt. Eine weitere Beihilfe ist aus dem Hochwasserfonds erbeten und zu erwarten. Die Brücke ist als Plattenbalkenbrücke aus Eisenbeton gedacht, wobei eine Verblendung der sichtbaren Teile nebst Geländerbrüstungsmauern aus Sandstein unter Wiederverwendung des vorhandenen Materials vorgesehen ist.

 1. Juli
Das ruchlose Attentat auf den österreichischen Thronfolger und seine Gemahlin hat, wie überall, auch in unserer Stadt große Bestürzung und lebhafte Anteilnahme an dem schweren Verlust, den das uns eng verbundene Österreich erlitten, hervorgerufen. Als am Sonntag Nachmittag die Schreckenskunde gegen 6 Uhr durch Extrablätter hier bekannt wurde, bildeten sich überall Gruppen von Menschen, die dieses schmachvolle Ereignis besprachen. Auf dem Iberg, wo der Kasseler Eisenbahnverein in geselliger Weise versammelt war, ließ Herr Bahnhofsobervorsteher Oeynhausen sofort bei dem Eintreffen der Nachricht das Spiel der Musikkapelle abbrechen. Auch auf der Alten Burg, wo die Schützengesellschaft ihr Vogel- und Scheibenschießen an beiden Feiertagen abhielt, war am gestrigen Tag das Tanzvergnügen abgesagt. Die in Heiligenstadt lebenden Österreicher planen die Veranstaltung eines Trauergottesdienstes für das ermordete Thronfolgerpaar.
2. Juli
Einen guten Fang machte am letzen Sonnabend unsere Polizei. Unterhalb der Kläranlage hatten zwei „Fischer“ von auswärts fleißig in der Leine gefischt. Sie machten dort im Schonrevier der Leine auch eine reiche Beute. Lange konnten sie sich dieser aber nicht erfreuen. Die Fischmarder wurden am Bahnhof, als sie mit dem Zug in der Richtung nach Eichenberg abdampfen wollten, von der Polizei festgenommen, die ihnen das unrechte Gut - davon allein ca. rund 40 Pfund Forellen - abnahm. 
3. Juli
Kreuzgeber
Am Sonnabend fand eine Versammlung betreffs des projektierten Bahnbaus Heiligenstadt-Mühlhausen statt. Unter Zustimmung der Anwesenden wurde eine Resolution gefasst: „Die Versammlung hält den Bau einer Bahnlinie zwischen Heiligenstadt und Mühlhausen, welche unseren Ort berührt, für dringend notwendig. Schon seit mehr als einem Jahrzehnt haben wir uns bemüht, an den Verkehr der Welt durch eine Eisenbahn angeschlossen zu werden. Die Bahn würde die schon vorhandene Industrie heben …“
4. Juli
Ein Doppeldecker überflog gestern Abend ½ 8 Uhr unsere Stadt. Der Flieger kam aus östlicher Richtung, flog etwa über dem Johanniter-Krankenhaus nach Westen weiter, wobei er der Spur des Bahngleis Halle-Kassel folgte. Der Flieger landete um ¾ 8 Uhr in Kassel auf dem großen Forst. Die Herren hatten die Strecke Nordhausen-Heiligenstadt-Kassel in genau 40 Minuten Flugzeit zurückgelegt. Nachdem noch Benzin und Öl aufgefüllt worden war, übernahm ein Kommando des Infanterie-Regiments Nr. 83 die Nachtwache. Die Flieger gedachten heute Vormittag gegen 5 Uhr zum Flug nach Bonn zu starten und nach einem zweitägigen Aufenthalt den Weiterflug nach Straßburg im Elsaß anzutreten.  (Autorin: Hannelore Deya)
 

28. Kalenderwoche

 

5. Juli
Die „Eichsfeldkommission“ trat, wie schon kurz mitgeteilt zum ersten Mal in Heiligenstadt zu einer Beratung zusammen, an der u. a. auch Landrat Dr. von Christen teilnahm. An den Beratungen schlossen sich am Nachmittag jeweils Besichtigungen in allen drei Obereichsfeldischen Kreisen. Die Besichtigungsreise ging nach Leinefelde, Bodenstein, Kreuzeber, Kefferhausen, Heuthen, Wachstedt, Küllstedt. 
7. Juli
Kreistierschau in Heiligenstadt. Es lässt sich jetzt schon feststellen, dass sich die Ausstellung an die bisher in den Nachbarkreisen abgehaltenen Tierschauen nicht nur würdig anschließen, sondern diese in manchen Abteilungen sogar übertreffen wird. Die Abteilung Pferde wird über neunzig Tiere von erheblichem Zuchtwert enthalten. Unter den Mutterstuten befinden sich solche mit 3, 4 und 5 Nachkommen. Auch die Sammlungen von Pferden werden interessant. Die ausgestellten Tiere gehören 45 Ausstellern. 
8. Juli
Worbis
Der Bürgerverein hielt eine Mitgliederversammlung ab und sodann machte der Vorsitzende eine Reihe geschäftlicher Mitteilungen bekannt. U. a. dass der bisherige zweite Vorsitzende Amtsgerichtssekretär Osburg, sein Amt nieder gelegt hat. Zum Leiter der Verkehrsabteilung hat der Vorstand den Dentisten Schade gewählt. Die vorgebrachten Verkehrs- und Badewünsche versprach der Vorstand weiter zu vertreten, ebenso den Ruf nach baldiger Errichtung einer Wasserleitung. Als stellvertretender Vorsitzender wurde Dentist Schade gewählt. 
9. Juli
Vorbereitung Kreistierschau. Die Anmeldung der Frankenrinder ließ erst etwas auf sich warten, ist aber zu unserer Freude doch noch erfolgt. Nunmehr kommen wir zu den Harzrindern. Diese sind im Kreis Heiligenstadt nicht sehr zahlreich vertreten. Wir haben es deshalb mit besonderer Freude begrüßt, dass verschiedene Besitzer unseres Kreises bereit gewesen sind, uns diesen gängigen, schmucken Rinderschlag auf der Ausstellung vorzuführen. – Von den Milchkontrollvereinen angehörenden Kühen sind einige zum Wettbewerb in den Klassen 81 und 81 ausgesetzten hohen Preise angemeldet. 
10. Juli
Vom Bahnbau Heiligenstadt-Schwebda. Als Termin für die Eröffnung der Bahn Heiligenstadt. Schwebda ist der 16. August in Aussicht genommen. – Heute trifft ein Kommando vom Eisenbahnregiment Berlin, bestehend aus 8 Offizieren und 14 Unteroffizieren, hier ein um die fertig gestellten und die noch im Bau befindlichen: Zahnradstrecken zu besichtigen. Sie werden sich etwa 3 Tage hier aufhalten. Voraussichtlich zur gleichen Zeit trifft zum gleichen Zweck der Kommandeur der Eisenbahnbrigade Generalmajor Stengel hier ein.  (Autorin: Hannelore Deya)
 
11. Juli
Der Trauergottesdienst für das ermordete österreichische Thronfolgerpaar fand heute Morgen um halb 7 Uhr in der Allstädter Pfarrkirche statt. Die Mitglieder der allerdings hier nur 5 Familienoberhäupter zählenden österreichischen Kolonie, waren hierzu mit ihren Angehörigen erschienen. Die städtischen und königlichen Behörden waren gleichfalls vertreten. Das feierliche Requiem zelebrierte Propst Poppe. Auf die zahlreiche Schar der erschienen Andächtigen hinterließ die Trauerzeremonie den besten Eindruck. 
12. Juli
In den Heiligenstädter Wartesälen wird wieder abgerufen. Der hiesige Verkehrsverein hat der Eisenbahndirektion Kassel einige Verkehrswünsche vorgetragen. Gestern ist ihm die Nachricht zugegangen, dass nach der Eröffnung der Nebenbahn Heiligenstadt-Schwebda in den Wartesälen abgerufen werde.  (Autorin: Hannelore Deya)
 

29. Kalenderwoche

 

14. Juli
Einführung des wieder gewählten Ratmanns Dr. Blumberg und der neu gewählten Ratmannes Georg Fromm. Herr Bürgermeister Jux nahm die Einführung vor. Er bemerkte, dass Herr Rechtsanwalt Dr. Blumberg schon wiederholt in das Ehrenamt als Magistratsmitglied gewählt sei. Unter Hinweis auf den früher geleisteten Eid verpflichtete er die Herren Dr. Blumberg und Fromm durch Handschlag zum Wohl der Stadt und ihrer Mitbürger zu wirken. Stadtvorstand Petri gratuliert im Namen der Stadtverordneten-Versammlung und wünscht, dass auch in Zukunft die beste Eintracht zwischen den beiden städtischen Körperschaften herrschen möge. 
15. Juli
Neupflasterung der Lindenallee. Stadtverordneter Gries bezeichnet die im Anschlag angesetzten Einzelpreise für Löhne und Materialien bis auf einige Positionen, als angemessen. Auf das Holzpflaster, das die Kosten um 4000 Mark erhöhe, könne aber verzichtet werden. Dafür wird eine Betonunterlage vorgeschlagen. Der Anstalt des Lehrerseminars will man entgegen kommen, welche möglichst geräuschloses Pflaster gewünscht hat, da die Unterrichtsräume nach der Straße zu liegen. Vielleicht lasse sich das Provinzial- Schulkollegium zu einem Beitrag zu den Mehrkosten herbei. Das Beste sei Asphalt. Es wird noch darauf hingewiesen, dass die Direktoren schon seit Jahren auf diesen Übelstand hingewiesen haben. 
16. Juli
Einen starken Fremdenzufluss wird unsere Stadt am nächsten Sonntag und Sonnabend erhalten. In ersten Linie ist es die Kreis-Tierschau, welche ihre Anziehungskraft auf die Bewohner in Stadt und Land ausüben wird, und dann trifft am Sonntag Nachmittag der Extrazug mit den Kasseler Eisenbahnern zum siebenten Mal hier ein in der Anzahl von 12-1300 Personen. Es sind von unserem Hotel- und Gastwirtschaftsbesitzern denn auch alle Vorkehrungen getroffen worden, um den Anforderungen zu genügen. Der Festplatz vor dem Schützenhaus bietet jetzt schon ein buntes Bild.
 
17. Juli
Die Kreistierschau und landwirtschaftliche Maschinenausstellung wurde heute durch den Vorsitzenden der landw. Kreisvertretung Herrn H. von Christen-Werleshausen programmgemäß eröffnet, nachdem schon seit 8 Uhr morgens die Schau für den allgemeinen Besuch geöffnet war. Der Auftrieb des Viehes nach der Stadt begann gestern Abend. Heute Morgen präsentierte sich die in ihrer Gesamtanlage prachtvolle Ausstellung vollständig fertig. Wir sind stolz, dass ein solches Werk dank allen denen, die zum Gelingen ihre Kräfte eingesetzt, in Heiligenstadt zustande gebracht werden konnte. Flaggen wehen grüßend von zahlreichen Häusern herab. 
18. Juli
Brückenbau. Mit dem Bau der Brücke vor dem Geisleber Tor, mit deren Vergebung sich am Dienstag die Stadtverordneten befassten, weil die hiesigen Handwerksmeister nicht zur Submission herangezogen waren, ist am Mittwoch von einer Firma aus Koburg begonnen worden. Damit der Fuhrwerksverkehr dort keine Stockung erleidet, soll die Brücke in zwei Teilen gebaut werden. 
19. Juli
Ein riesenhafter Verkehr herrschte gestern in unserer Stadt und auf der hiesigen Eisenbahnstation. Mit allen Zügen ergoss sich ein gewaltiger Menschenstrom in die Stadt. Nachmittags brachte dann der 7. Extrazug der „Kasseler“ noch etwa 1300 Menschen nach hier. Die Kasseler Ausflügler begaben sich zunächst zum Iberggasthaus. Die Musik für die Eisenbahner aus Kassel lieferte die Kubesche Kapelle. Aber auch die Gastlokale innerhalb der Stadt wiesen außerordentlich starken Besuch auf. Der Riesenverkehr daselbst wickelte sich verhältnismäßig glatt und schnell ab.  (Autorin: Hannelore Deya)
 

 

30. Kalenderwoche

 

21. Juli
Rund um die Hainleite. Zum achten Mal veranstaltet am kommenden Sonntag der deutsche Radfahrer-Bund durch den Gau Thüringen die klassische Radfernfahrt „rund um die Hainleite“. Mehr als 115 Fahrer haben sich zu dem großen Wettbewerb gemeldet und werden Sonntag auf der 254 km langen Rundstrecke Erfurt-Kinderlbrück-Artern-Sangerhausen-Nordhausen-Breitenworbis-Leinefelde-Heiligenstadt-Dingelstädt-Mühlhausen-Langensalza- Döllstedt-Andisleben-Erfurt ihre Kräfte messen. Die Fahrer werden ab 5 Uhr früh in Erfurt einzeln mit Abständen von ½ Minute abgelassen. Zuerst fahren die Herrenfahrer, darauf die Berufsfahrer. 
22. Juli
Dingelstädt
Die letzte Stadtverordnetenversammlung hatte sich größtenteils mit „Bewilligungen“ zu befassen. So wurde der hiesigen Feuerwehr ein Betrag von 50 Mark bewilligt für die Kosten der Musik anlässlich des letzten Verbandstages. Sodann wurden 50 Mark zu einem Preis für die Kreistierschau in Heiligenstadt bewilligt. Der Antrag der Kreiskrankenkasse Heiligenstadt auf Abschluss eines Vertrages wegen Unterbringung von Kassenmitgliedern ins hiesige Krankenhaus musste leider abgelehnt werden, da der Betrag von rund 1,60 Mark täglich zu minimal ist, um Kranke in entsprechender Weise aufzunehmen und zu beköstigen.
23. Juli
Eingehend wurde beraten über eine zweckmäßige Reklame der Heiligenstädter Geschäftswelt, um zu verhindern, dass nach Eröffnung der Bahn die eichsfeldischen Dörfer ihre Einkäufe in Eschwege besorgen. Die Leistungsfähigkeit der Heiligenstädter Geschäfte wurde in das rechte Licht gerückt. Es wurden beachtenswerte praktische Vorschläge gemacht; es wurde eine Kommission unter Vorsitz des Herrn Ed. Gassmann gebildet, die möglichst Hand in Hand mit dem Rabattsparverein die geeigneten Schritte tun soll. Die erhofften Vorteile der neuen Bahn sollen nicht den außer-eichsfeldischen Städten zufallen.
 
24. Juli
Unglück beim Radrennen. Der Rennfahrer Marktscheffel aus Erfurt, der am Sonntag bei Heiligenstadt stürzte und am Abend verstarb, war 26 Jahre alt, jung verheiratet und Vater eines Kindes. Gestern trafen die Witwe des Verunglückten, sowie auch Vertreter des Gaues Thüringen des Deutschen Radfahrerbundes in Heiligenstadt ein. Wie wir hören, besteht der Verdacht, wonach Marktscheffel absichtlich angerannt, „geschnippelt“, wurde. Falls dieser Verdacht sich bestätigt, wird die Bundesleitung Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft erstatten. 
25. Juli
Es wird eine Beschwerde vorgebracht, dass die Arbeiten der Geisleberregulierung beim Friedhof auswärtigen Unternehmern übertragen seien. Im Besonderen wird angefragt, ob es wahr sei, dass auch der neue Brückenbau einem auswärtigen Unternehmer übertragen sei. Man solle die Ausschreibungen nicht nur in Fachblätter, sondern auch in den hiesigen Zeitungen bekannt geben. Die hiesigen Bauhandwerker seien ebenfalls in der Lage, derartige Brückenbauten, Betonarbeiten etc. auszuführen. Es ist nicht zu vertreten, dass der Magistrat das Geld nicht in der Stadt ausgebe.
 
26. Juli
Der Allgemeine Kaufmännische Verein hat in seiner sehr gut besuchten Versammlung beschlossen, am Sonntag nach Eröffnung der neuen Bahn einen Ausflug mit Damen nach der Dieteröder Höhe zu unternehmen. Zur Stadtverordnetenwahl am nächsten Montag wurde Stellung genommen. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Kaufmannsstand in unserem Stadtparlament nicht seiner Bedeutung für Heiligenstadt entsprechend vertreten sei. Es soll daher ein Kaufmann oder Gewerbetreibender unterstützt werden. Ebenso anregend gestaltete sich die Debatte um Einrichtung von Viehmärkten in der Stadt. Es soll noch einmal eine Eingabe an beide städtische Körperschaften geschickt werden.  (Autorin: Hannelore Deya)
 

31. Kalenderwoche

 

28. Juli
Lindenwerra 
Ein bedauerlicher Unglücksfall ereignete sich beim Kirschenpflücken auf der Landstraße Oberrieden-Ellershausen. Der Stockmacher Wilhelm Kanngießer aus Oberrieden stürzte mit einem abbrechenden Ast so unglücklich, dass ihm die Wirbelsäule zerquetscht wurde. Herr Dr. Plainer-Witzenhausen leistete ihm die Erste Hilfe. Durch die Sanitätskolonne Allendorf wurde der Verunglückte in die Göttinger Klinik geschafft, wo er hoffnungslos niederliegt. 
29. Juli
Reich an Tierseuchen scheint das Jahr 1914 für unsere Umgegend werden zu sollen. Die Fälle von Schweineseuche sind unzählig, so werden neuerdings die Schweinepest aus Ehrsten, die Schweineseuche aus Bischhausen, die Rotlaufseuche aus Corbach, Rhadern und Nieder-Schleidern gemeldet. Im Eschweger Kreis herrscht unter dem Rindvieh mehrer Ortschaften der Ausschlag, während die Schafräude im Zurückgehen begriffen ist. Die gefürchtete Maul- und Klauenseuche wird auch schon gemeldet und ist auch in Göttingen nicht beseitigt. 
30. Juli
Breitenworbis
Unsere Gemeinde hat sich im letzten Jahrzehnt mächtig entwickelt. Zuerst wurde ein der Neuzeit entsprechendes Krankenhaus gebaut, dann eine große achtklassige Schule. Die alte Schule an der langen Straße wurde zu Lehrerwohnungen umgebaut, die andere, an der Kaiserstraße gelegene Schule wird gegenwärtig mit einem Kostenaufwand von 18000 Mark zu einer Gemeindeschenke und Fleischerei umgebaut. Diese soll wie verlautet am 1. Oktober d. J. bezugsfertig sein und dürfte einen hohen Pachtzins einbringen. 
31. Juli
Kalteneber
Herr Hauptmann und Kommandoführer Viets bittet uns um Aufnahme des Folgenden: „Das zur Besichtigung der Bauarbeiten an den Bahnstrecken der Bahn Heiligenstadt-Schwebda und deren Betriebseinrichtungen seit dem 6. d. M. in Kalteneber untergebrachte Kommando bestehend aus 8 Offizieren u. 14 Unteroffizieren der 4 Eisenbahn. Regimenter sagt ihren Quartierwirten für die ihm gewährte gastfreie Aufnahme herzlichen Dank und gibt gleichzeitig der Hoffnung Ausdruck, dass die demnächst fertig gestellte Bahn dem landschaftlich so reizvollen Eichsfeld noch viele neue Bewunderer zuführen möge.“

 

1. August
Entsetzlicher Unglücksfall ereignete sich heute Vormittag zwischen ½ und ¾ 9 Uhr vor dem Geislebener Tor in der Nähe des „Thüringer Hofes“. Von der Mühlhäuser Chaussee herfuhr ein schwer beladener, mit vier Pferden bespannter Lastwagen der Papierfabrik in der Richtung Stadt. Von der Nordhäuser Chaussee kam in eiligem Tempo ein leichter Rollwagen des Bäckermeisters Schade. Der mit einem Schimmel bespannte Wagen wurde von dem Bäckerlehrling Johann Wloderatschick gelenkt. Dieser wollte an dem Lovisschen Papierwagen vorbei fahren, aber der Wagen flog auf einen Schnitthaufen, schlug um und er flog in hohem Bogen direkt vor den anderen Wagen. Er wurde schwer verletzt ins Krankenhaus der barmherzigen Schwestern gebracht. 
2. August
Die Getreidepreise sind in den letzten Tagen zu Kriegskursen emporgeschnellt, während die Industriepapiere fielen und große Einbußen erlitten. 
Das Bergturnfest auf Iberg, das vom Verein des Eichsfelder Turnbezirks abgehalten werden sollte, ist wegen der drohenden Kriegsgefahr abgesagt worden.  (Autorin: Hannelore Deya)
 

 

32. Kalenderwoche

 

4. August
Die Sparkasseneinlagen sind kriegssicher. In einer Veröffentlichung der Berliner Korrespondenz wird angesichts der an einzelnen Orten auftretenden Besorgnisse der Bevölkerung wegen der Spareinlagen in den öffentlichen Sparkassen erklärt, dass für jede Sparkasse ihr Staats-, Kreis- oder sonstiger Kommunalverband haftet und dass die Gelder auch im Falle eines Krieges als Privateigentum, absolut sicher und jedem Zugreifen des eigenen Staates wie des Feindes entgegen seien.
5. August
Achtung! Straßensperre! Auf Befehl des Generalkommandos in Kassel wurde an die Behörden folgendes Telegramm erlassen: Franzosen versuchen unter Benutzung von Feldwegen, wahrscheinlich schon heute 100 Millionen Franks durch Deutschland nach Russland zu bringen. Achtung! Straßensperre! Automobile und Verdächtige sind bis aufs Hemd zu untersuchen und Geld ist zu beschlagnahmen. Überhaupt sind sämtliche Festgenommenen russischer und französischer Angehörigkeit in Haft zu behalten. 
6. August
Bekanntmachung. Sämtliche Einberufenen haben, um ihren Gestellungsort zu erreichen, freie Eisenbahnfahrt ohne Lösung einer Fahrkarte und ohne vorherige Anfrage am Schalter, lediglich gegen Vorzeigen der Kriegsbeorderung oder anderen Militärpapieren an die Organe der Fahrkartenkontrolle. 
7. August
Das General-Kommando hält energische Spionageabwehr für unerlässlich. In seinem Auftrag wird daher angeordnet, dass sich alle Ausländer binnen 24 Stunden auf dem nächsten Polizeiamt zu melden haben, wo sie einen gestempelten Ausweis erhalten. Unterlassung der Meldepflicht ist streng zu bestrafen. Russische und französische Autos sind zu beschlagnahmen, Verdächtige festzunehmen. 
8. August
Die Telegraphenleitungen sind vor Zerstörung und Einschaltung durch Spione zu überwachen. Zu diesen Maßregeln sind Landsturmpflichtige und Freiwillige heranzuziehen. Strengste Überwachung aller russischen Untertanen ist mit allen Mitteln durchzuführen. Alle Verdächtigen sind festzunehmen. Bei Versuchen, sich Brücken, Eisenbahnen usw. zu nähern: Waffengebrauch! Bei Ergreifung auf frischer Tat sofortige Strafvollstreckung! Der kgl. Landrat Dr. v. Christen. 
9. August
Allgemeine Orts-Krankenkasse für den Stadtbezirk Heiligenstadt. Arbeiter! Arbeiterinnen! In ernster Stunde richten wir eine Mahnung an Euch, die, wie wir hoffen, nicht ungehört verhallen wird. Die Mobilisation ist erfolgt und viele Betriebe sind gezwungen, stillzulegen. Die Gefahr liegt nahe, dass mancher Arbeiter, der um sein Brot gekommen ist, glaubt, durch Krankmeldung sich wenigstens etwas schadlos zu halten. Die Arbeiter, die als Soldaten im Feld stehen werden und außer ihrem Blut, das sie für das Vaterland opfern, auch nicht die schwere Sorge für ihre Familie mit herausnehmen, sind in mindestens derselben ersten Lage, wie die Zurückgebliebenen. Es ist eine Ehrenpflicht derer, die nicht mit hinausziehen, auch ihrerseits zu zeigen, dass sie Opfer bringen können, wenn es die Pflicht verlangt. Trage jeder dazu bei, dass eine Organisation wie die Krankenkasse über Wasser gehalten wird. Der Krieg wird hoffentlich nicht zu tiefe Wunden schlagen.  (Autorin: Hannelore Deya)
 
33. Kalenderwoche

 

11. August
Bekanntmachung. Sämtliche Ausländer haben sich sofort - noch heute - bei der Polizei im Rathaus zu melden, unter Mitbringung der Legitimationspapiere. Die Polizeiverwaltung.
Die Musterung der Militärpflichtigen hiesiger Stadt, infolge der Mobilmachung, ist angesetzt auf Mittwoch, den 12. August vormittags 7 Uhr im „Reichshof“. Der Magistrat.
 
12. August
An den hiesigen Evangelischen Frauenverein, einem Zweigverein des unter dem Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin stehenden Vaterländischen Frauenvereins (Rotes Kreuz), ist heute vom Hauptvorstand die Aufforderung ergangen, nunmehr, da der Krieg ausgebrochen ist, die ihm obliegende Pflicht der Fürsorge für die Verwundeten und Kranken in vollsten Umfang zu erfüllen und zu dem Zweck die deutschen Frauen und Mädchen ohne Unterschied des Glaubens und des Standes zur Mitarbeit aufzufordern. Demgemäß ruft der Verein die Frauen und Mädchen Heiligenstadts ohne Unterschied der Konfession und des Standes auf, ihm zu helfen bei der Erfüllung der vaterländischen und christlichen Pflicht, alles was zur Pflege der im Krieg Verwundeten und Erkrankung nötig ist, zu beschaffen und herzustellen. Er bittet alle, die willig sind, sich morgen im Saal des Hotels Reichshof einzufinden.
 
13. August
Stadtverordnetensitzung. Die Tagesordnung betraf: Einführung des Herrn Kürschnermeisters Lurch als Stadtverordneter. Herr Vorsteher Petri nahm die Einführung mit etwa folgenden Worten vor: Sie wissen, Herr Lurch, dass wir uns in einer außerordentlich ernsten Zeit befinden, die große Anforderungen an uns alle stelle, nicht nur an die im Felde stehenden, sondern auch an die Zurückgebliebenen, und nicht nur für unser Vaterland, sondern auch für unsere Vaterstadt. Sie als geborener Heiligenstädter wissen, dass uns nicht mehr am Herzen liegt, wie das Wohl unserer Stadt und ihrer Bürger. Ihre Wahl hat ja gezeigt, dass man Ihnen volles Vertrauen entgegenbringt. 
14. August
Der Schlachthofbetriebsbericht für den Monat Juni wurde verlesen und zur Kenntnis genommen. Ratmann Dr. Blumberg weist darauf hin, dass möglicherweise der Schlachthofbetrieb eingeschränkt werden müsse, da verschiedene Fleischer ihren Betrieb eingestellt haben. Stadtverordneter Gunkel teilt mit, dass die Schlachtzeiten wie bisher bestehen bleiben sollen, dass aber nur an 2 Tagen in der Woche Heißwasser vorhanden sein wird, da die Kohlen knapp sind.
 
15. August
Betriebsbericht des Elektrizitätswerks pro 1. Quartal 1914. Der Abschluss für das erste Vierteljahr 1914 verzeichnet einen Verlust gegenüber dem Vorjahr. Der Gesamtanschluss beträgt jetzt 9151 Glühlampen für Private, 261 Glühlampen für Straßenbeleuchtung, 26 Bogenlampen und 116 Motore. Der Bericht wird zur Kenntnis genommen. Anhand eines Spezialsolls hat Stadtverordneter Wiesmann den einheimischen Geschäften bei Lieferungen für das Elektrizitätswerk den Vorzug zu geben.
 
34. Kalenderwoche

16. August
Entschädigung für die Baumpflanzungen an der Provinzialchaussee Halle-Kassel seitens der Provinzialverwaltung. Im Mai war beschlossen worden, für den Übergang der Baumbepflanzung an der Provinzialchaussee Halle-Kassel eine Entschädigung von 5000 Mark zu verlangen. Der Sachverständige hatte den Wert auf 4200 Mark abgeschätzt. Das Landesbauamt teilt mit, dass es nichts über diesen Betrag hinausgehen könne, erklärt sich aber bereit den Kaufpreis schon am 1. April 1915 zu zahlen, der Stadt aber die Nutzung noch 1915 zu überlassen.
 
18. August
Verlegung eines Regenrohrkanals in der oberen Wilhelmstraße. Die Kosten belaufen sich nach dem erläuterten Anschlag von Stadtverordneten Bodmann auf 2700 Mark. Der Betrag soll vorläufig einem auf der Sparkasse angelegten Fonds entnommen und später wieder zurückgezahlt werden, bis Überschüsse der Kanalkasse dies zulassen. 
19. August
Umpflasterung in der oberen Wilhelmstraße im Anschluss an die neu zu versehenden Granitbordsteine. Die Kosten sind auf 1900 Mark veranschlagt, und sollen aus laufenden Mitteln bestritten werden. Für die technischen Einzelheiten der Vorlage ist Stadtverordneter Gries verantwortlich. Die Freude, dass endlich die alten Gossensteine, die an die Nachbargemeinde Uder verkauft sind, verschwinden, wurde von allen Seiten bekundet. 
20. August 
Erweiterung des Wasserleitungsnetzes und Verlegung eines Schmutzwasserkanals am Graben, von der Iberg- bis zur Aegidienstraße. Die Kosten betragen für die Wasserleitung 1500 Mark und für den Kanal 2300 Mark zusammen 3800 Mark für die Gesamtanlage. Die Ausführungen der Arbeiten sollen vorläufig nur soweit als notwendig erfolgen. Im Übrigen wird empfohlen, nur noch die angefangenen Bauarbeiten auszuführen und weitere Arbeiten zurückzustellen bis wieder mehr Ruhe eingekehrt ist. Jetzt sei die Zeit nur das Dringendste durchzuführen. 
21. August
Ermäßigung des Strompreises für den Antrieb der Kühlhausmaschinen. Der Magistrat hat beschlossen, dem Strompreis für den Antrieb der Kühlhausmaschinen von 15 auf 12 Pfennig. herabzusetzen. 
22. August
Mittel für Sicherheitsmaßnahmen. Herr Bürgermeister Jux erklärte, dass unsere Stadt Opfer bringen müsse für die Sicherheitsmaßnahmen und andere Ausgaben, die durch den Krieg entstehen. Es sei im höchsten Grad anzuerkennen, wie viele Bürger und Bürgersöhne ihre Dienste im Interesse des Vaterlandes bereitstellen. Der Stadt werden Ausgaben zur Last fallen. Wenn auch ein Teil davon vom Reich wieder erstattet werde, so werden doch Ansprüche an die Stadt selbst kommen und Leistungen gefordert werden, wozu Mittel vorhanden sein müssen. Allgemein wird befürwortet, ebenfalls Mittel bereitzustellen zur Unterstützung bedürftiger Familien in der Stadt. Es wird vorgeschlagen, dem Magistrat die Finanzkommission und die Armenkommission zur Seite zu stellen bei der Verwendung des Geldes. 
23. August
Die heute Morgen von hier abgereisten Kriegsteilnehmer wurden vom Kriegerverein mit Musik zum Bahnhof geleitet. – Die schriftliche Reifeprüfung von 8 Oberprimanern im Gymnasium hat bereits heute begonnen. Als Kriegsfreiwillige haben sich die Seminaristen des hiesigen Lehrerseminars bis auf etwa 20 Schüler gemeldet.  (Autorin: Hannelore Deya)
 

 

35. Kalenderwoche

 

25. August
Zur Verhütung etwaiger Ausschreitungen von russischen Erntearbeitern hat der Preußische Landeskriegerverein im Einvernehmen mit den Behörden landsturmfreie Mitglieder der Kriegervereine als Überwachungsmannschaft zur Verfügung gestellt. Diese werden bewaffnet und von den Landräten mit der Eigenschaft als Polizeibeamte ausgestattet. Die Organisation in den einzelnen Kreisen wird durch die Landräte und die Vorstände der Kreiskriegerverbände des Näheren geregelt. Ersuchen um Entsendung von Schutzmannschaften sind an den zuständigen Landrat zu richten. 
26. August
Vom Eichsfeld
Bei der Spendung der Priesterweihe im Dom zu Paderborn erhielten folgende Eichsfelder die hl. Priesterweihe: Gottfried Durstwitz aus Schönhagen, Franz Hamel aus Rengelrode, Arnold Motz aus Diedorf, Hieronymus Schwertheim aus Hundeshagen, Christoph Völker aus Faulungen, Gustav Vogt aus Küllstedt, Bernhard Wand aus Heiligenstadt. Die Neupriester sind sofort in ihre Heimat abgereist. Ein Teil wird voraussichtlich zum Kranken- oder Seelsorgerdienst eingezogen: andere werden die Seelsorge in den Gemeinden übernehmen müssen, wo solches durch militärische Abberufung des Geistlichen notwendig wird. 
27. August
Lengenfeld
Die königliche Regierung hat für die Erziehungsschule Bischofstein ein Notexamen angeordnet; Direktor Marseille ist zum königlichen Prüfungskommissar ernannt worden. 
28. August
Worbis
In der am Montagabend hier abgehaltenen Stadtverordnetensitzung gedachte Stadtverordneten-Vorsteher Müller zunächst der ernsten Kriegszeit und dann des verstorbenen Stadtverordneten Kreistierarzt Weber, dessen Andenken in üblicher Weise geehrt wurde. Die Etatüberschreitungen in Höhe von 8432 Mark wurden genehmigt. Doch soll der Magistrat ersucht werden, künftig größere Vorlagen erst der betreffenden Stadtverordneten- Kommission zur Beratung zu überlassen. 
29. August
Den Herren Bahnschutzoffizieren Hauptmann d. L. Engelmann-Heiligenstadt, Oberleutnant d. L. Kunckell-Dingelstädt, Oberleutnant d. L. Riemann-Heiligenstadt, Oberleutnant d. L. Seiler-Ershausen, ist in den von ihnen besuchten Ortschaften auch die Kontrolle der Straßensperrungen übertragen worden. – Die Kontrolle im übrigen Kreis bezüglich der Straßensperrungen ist dem Herrn Rittmeister v. Hanstein-Siemerode übertragen. Den Anordnungen der genannten Herren Offiziere ist von Ortsbehörden, Posten und Wachen unweigerlich Folge zu leisten. Der königliche Landrat Dr. v. Christen.  (Autorin: Hannelore Deya)
 

36. Kalenderwoche

 

30. August
Die Arbeiten zur Herstellung eines Regenrohrkanals in der oberen Wilhelmstraße nebst Verlegung des Zementplattenbelages daselbst, sowie die Versetzung von Hochbordsteinen mit anschließenden Pflasterarbeiten sollen in zwei Losen vergeben werden. Angebotsformulare sind vom Stadtbauamt gegen Erstattung von 0,50 Mk. zu Beziehen. Der Magistrat.

1. September

Zu ernster Zeit sollte jedermann bestrebt sein, eine vorzüglich unterrichtete Tageszeitung zu lesen, die in der Lage ist, fortlaufend neues Nachrichtenmaterial zu bieten. Nach wie vor betrachtet es das „Eichsfelder Tageblatt“ als seine vornehmlichste Aufgabe, durch einen ausgedehnten Depeschendienst ihren Lesern täglich die Kenntnis der neuesten Vorgänge zu vermitteln. Für den Monat September werden fortgesetzt, auch von der Geschäftsstelle Heiligenstadt Bestellungen aufgenommen.

2. September

Mobilmachungsausschuß vom Roten Kreuz. Der Vorsitzende Landrat Dr. Christen teilte mit, dass es dringend notwendig sei, schon jetzt Sammelgelder aus den Sammlungen der einzelnen Mobilmachungs-Ausschüsse dem Provinzialverein vom Roten Kreuz zuzuführen. Dem entsprechend wird beschlossen, Gelder nach Magdeburg zu senden. Die Sammlung hat bereits den Betrag von 9000 Mk. überschritten, wovon für den Ankauf von Materialien zur Herstellung von Woll-, Leinen- und Stoffsachen für Krieger und Verwundete bereits über 1000 Mk. ausgegeben sind. Zu diesem Zweck werden den Vereinen, welche arbeiten wollen, natürlich auch noch weiter Gelder überwiesen.

3. September

Landrat gibt eine Verfügung des Ministers des Innern bekannt, die sich gegen die vielerorts erfolgte Schließung von Säuglingsheimen und ähnlichen Anstalten richtet, deren Fortbestehen gerade in Kriegszeiten von Bedeutung ist. Dr. Christen konstatiert, dass dieser Erlass für unseren Kreis nicht in Betracht kommt, da auf dem Eichsfeld sämtliche derartigen Heime und Anstalten ihren Betrieb uneingeschränkt und dauernd aufrecht erhalten haben.

4. September

In der Sammelstelle des Arbeiterheimes wurden abgegeben und aufgestapelt: 4 Paar Pantoffeln, 1 Paar Handschuhe, 2 Paar Pulswärmer, 61 Eier, 3 Feldgiecker, 6 Pfd. Zucker, 1 Topf Gelee von Frau Schnacke, 1 Paar Pantoffeln, ½ Pfd. Graue Wolle, 7 Gebinde schwarze Wolle. 5 Betttücher, 29 Leinenhemden, 1 Stück Flanell und etwas alter Bieber, mehrere Fußlappen, 9 Paar Strümpfe, 1 gebrauchter Männerrock, 191 Eier, 100 Stück Zigarren, 10 Pfd. Honig aus Thalwenden.

5. September

Einstellung des Personenverkehrs. Von Montag ab, ist bis auf Weiteres der gesamte öffentliche Zugverkehr auf folgenden Strecken eingestellt. 1. Magdeburg-Guntershausen-Kassel, 2. Bebra-Kassel, 3. Kassel-Hann.-Münden, 4. Hann.-Münden-Nordhausen-Sangerhausen, 5. Treysa-Leinefeld. Die Lokalzüge der Strecke Göttingen-Kassel verkehren nur bis und von Hann.-Münden. Auf allen übrigen Strecken des Direktionsbezirkes bleibt der veröffentlichte Fahrplan unverändert bestehen. Kgl. Eisenbahndirektion.

6. September

Für die Kriegsführung ist es von großer Wichtigkeit, dass der Automobilverkehr, worauf wiederholt aufmerksam gemacht wurde, ungehindert vonstattengeht. Die Polizeiorgane sind bemüht, den Wagenverkehr möglichst günstig zu regeln, die Kraft der an sich geringen Polizeikräfte versagt aber manchmal und vor allem gegenüber den Kindern. Nach Bekundungen der Mobilisten suchen Kinder wie in früheren Zeiten die Fahrer zu belästigen. Fast in jedem Dorf stellten sich die Kinder mitten in den Weg.  (Autorin: Hannelore Deya)

 

37. Kalenderwoche

 

8. September

Der Sängerchor des Evangelischen Volksbildungsvereines veranstaltete gelegentlich einer Zusammenkunft im „Feldschlösschen“ eine Sammlung zum Besten der Angehörigen der im Felde stehenden Mitglieder der Gesangsabteilung. Der Erfolg der Sammlung war ein außerordentlicher, wurde doch auch von den anwesenden Sängern eine Summe von 75 Mark gespendet, wovon ein Teil sofort ausgezahlt wurde.

9. September

Erntebericht vom Eichsfeld. Die Ernte ist nun meistens eingebracht, begünstigt durch das herrliche Wetter. Es konnte alles in bester Qualität geerntet werden, was besonders bei Klee und Grummet von großer Wichtigkeit ist. Die Ernte machte trotz der verspäteten Reife in kurzer Zeit solche Fortschritte, wie unsere braven Truppen im Feindesland. Rüber und Kartoffeln versprechen wegen der langen Trockenheit nicht die erwarteten Erträge. Es würde wohl angebracht sein, einen Teil der Zuckerrüben zu Futterzwecken zurückzuhalten. An eine Ausfuhr von Zucker ist ja doch nicht zu denken.

10. September

Leinefelde

Gestern Morgen gegen 3 Uhr wurde die Feuerwehr alarmiert. Die mit Getreide gefüllte Scheune des Tischlermeisters R. Löffelholz stand in hellen Flammen und brannte auch vollständig ab. Ferner brannten noch das Wohnhaus von R. Löffelholz und die Scheune und das Hintergebäude von Aug. Hornemann. Dem energischen Eingreifen der hiesigen Feuerwehr von Breitenbach, Breitenholz, Beuern und Kalmerode und auch der hier statt. Bahnhofswache ist es zu danken, dass das Feuer nicht weiter um sich griff.

11. September

Mobilmachungs-Kommission vom Roten Kreuz. Der schon lange erwartete Verwundetentransport ist eingetroffen. 26 Verwundete sind im Johanniter-Krankenhaus, 38 im Krankenhaus der Barmherzigen Schwester untergebracht. Daher seien auch die Ärzte und Schwestern, die dem Ausschuss angehören, zur Beratung nicht anwesend, sondern mit der Unterbringung der Verwundeten und der Erneuerung der Verbände beschäftigt. Hinsichtlich der Überführung des Transportes vom Bahnhof nach den Krankenhäusern wird mitgeteilt, dass die Verwaltung mit der Menschenmenge auf den Bahnsteigen zu tun hatte, neugieriger Weise belästigten sie die Verwundeten. Zukünftig soll der Bahnsteig vollständig geräumt werden.

12. September

Ob eine organisierte Verpflegung der Verwundetentransporte auf dem hiesigen Bahnhof weiter in Aussicht zu nehmen sei, wird allseitig verneint, da die Militärbehörde für ordnungsmäßige Verpflegung auf bestimmten Stationen immer gesorgt hat und der Aufenthalt auf hiesiger Station nur ein zufälliger, durch bahntechnische Gründe hervorgerufen ist. Aus diesem Grund können auch die Aufenthalte nicht angegeben werden. Es soll aber der privaten Wohltätigkeit dennoch nicht Abbruch getan werden.

13. September

Durch öffentlichen Aufruf in den hiesigen Zeitungen hinsichtlich der privaten Pflege von verwundeten Kriegern und zwar solcher, die sich bereits in der Genesung befinden, ist eine erfreuliche Anzahl Angebote von kostenloser Überlassung von Räumlichkeiten mit kostenloser Verpflegung aus allen Kreisen der Bürgerschaft eingegangen. Weitere derartige Angebote sind erwünscht und erbeten.  (Autorin: Hannelore Deya)


38. Kalenderwoche

 

15. September

Der Kriegsruhm der Söhne des Eichsfeldes, der durch Namen Biermann und Trümper zu hellen Glanz erstrahlt ist, wird auch durch die Feldbriefe und Feldpostenkarten belegt, die uns in letzter Zeit zur Verfügung gestellt wurden. Deren sind so viele, dass wir nicht in der Lage sind, sie abzudrucken. Nur für besondere Fälle müssen wir uns den Andruck vorbehalten. Zu unserer großen Freude lesen und hören wir nur, dass sich unsere Eichsfelder Jungens durch Tapferkeit, durch rücksichtsloses Draufgehen ganz besonders auszeichnen.

16. September

So sollten aus einer Festung im Westen eine bestimmte Anzahl Artilleristen (Landwehrleute) nach Belgien abrücken. Als gefragt wurde, wer nach Belgien wolle, traten zuerst sämtliche Eichsfelder (darunter auch mehrere Heiligenstädter) vor, dann meldeten sich die übrigen. Die betreffenden Eichsfelder Landwehrmänner sind längst in Belgien. Welchen Ruf der Eichsfelder-Landsturm selbst weit draußen hat, ersehen wir aus einem Artikel „Trierer Kriegsbilder“ in einer uns freundlichst zur Verfügung gestellten Trierer Zeitung. Darin heißt es: „ Auf dem Bahnsteig stehen Landsturmleute aus dem Eichsfelde, Hünengestalten, …“ 

17. September

Seinen Verwundungen erlegen ist im hiesigen Johanniter-Krankenhaus der Musketier Reinhardt Wießner vom 33. Infanterie-Regiment. Der Verstorbene traf am vorigen Freitag mit dem ersten Verwundeten-Transport vom westlichen Kriegsschauplatz hier ein, er stammt aus Rauschenberg (Kreis Kirchhain) in Kurhessen. Der Verstorbene wurde mit der Eisenbahn nach seinem Heimatort überführt, um daselbst beigesetzt zu werden. Nachmittags 5 Uhr begann hier eine Feier auf dem freien Platz neben dem Diakonissenhaus. Die im Johanniter-Krankenhaus untergebrachten Verwundeten nahmen an der Feier teil, ebenso Abordnungen vom Militärverein.

18. September

Zur Verdeutschung der Speisekarte. Die Speisekarte in unseren deutschen Gasthäusern war seither ein recht übles Zeugnis. Das englische „Beefsteak“ hat dem deutschen Rindsstück (Rinderschnitt) Platz gemacht, das Filet-Beefsteak der Rindslendenschnitte. Aus Rumpsteak ist jetzt Rumpfstück geworden. Roastbeef hat sich in Rostbraten gewandelt.

19. September

Todesfall. Herr Professor Greinemann, der an Lebens- und Dienstjahren älteste Oberlehrer am hiesigen kgl. Gymnasium, ist gestern Abend aus hiesiger Zeitlichkeit abberufen worden. Herr Professor Greinemann wirkte seit dem Jahr 1879 am hiesigen kgl. Gymnasium, vorher in Deutsch-Krone (Westpr.). Er war geboren zu Birkungen am 14. Dezember 1848, besuchte das hiesige Gymnasium bis zum Jahr 1873. Als Primaner wurde er 1870 zu den Fahnen einberufen und machte den Feldzug gegen Frankreich mit. Seine philosophischen Studien absolvierte er in Würzburg und Münster, wo er auch die Prüfung pro facultate docendi bestand.

20. September

Schöffengericht. Wegen Pfandbruches war der Gastwirt Wilhelm Degenhardt aus Lindewerra vom Schöffengericht Heiligenstadt zu vier Wochen Gefängnis verurteilt worden. Er hat Berufung eingelegt. Beim Angeklagten erschien eines Tages der Gerichtsvollzieher und versiegelte den Keller des Angeklagten, in dem mehrere Fässer Bier lagen. Der Angeklagte entfernte mit seiner Schwester die Siegel in Gegenwart des Gerichtsvollziehers. Dieser legte erneut Siegel an und Belehrte ihn, woraufhin er erneut die Siegel entfernte und die Pfändung unmöglich machte. Die Berufung wurde verworfen von der Nordhäuser Strafkammer.  (Autorin: Hannelore Deya)

 

 

39. Kalenderwoche

 

22. September

Als Termin der Eröffnung der Nebenbahn Heiligenstadt-Schwebda ist nunmehr der 1. Oktober in Aussicht genommen. Die Bahn wäre längst in Betrieb, wenn der Krieg mit seinen Begleiterscheinungen nicht eingetreten wäre. So fehlte es infolge der Einstellung des Güterverkehrs an dem noch notwendigen Kies für eine kurze Strecke; auch fehlte es bisher an Beamten und Arbeitern, Voraussetzung für die Bahneröffnung am genannten Tag ist, dass keine neuerliche Unterbrechung in der Kieslieferung durch den Krieg eintritt. Die Bahn ist im Bau längst fertig und die angeschlossenen Dörfer sehen schon seit Monaten die Arbeitszüge vorbeifahren.

23. September

Die Beerdigung des Herrn Prof. Greinemann fand gestern Nachmittag unter großer Beteiligung statt. Den Leichenzug eröffneten Abteilungen der sämtlichen Klassen des Gymnasiums mit der umflorten Fahne, sowie der vollzählige Lehrkörper der Anstalt. Dem Leichenwagen folgten die Angehörigen, an welchem sich die Spitzen der hiesigen staatlichen, städtischen und geistlichen Behörden, sowie eine große Menge Menschen anschlossen. Den Trauerzug führte Herr Propst Poppe.

24. September

Amtliche Bekanntmachung. Die Aushebung von Pferden und die Truppenbewegungen haben zur Folge, dass sich außerordentlich zahlreiche Nägel von Pferdehufen, Glasscherben, Flaschenreste und dergleichen auf öffentlichen Wegen finden. Ich ersuche die Ortspolizeibehörden die Gemeindebehörden, Gendarmen, Wegemeister und Straßenarbeiter im Interesse des Kraftwagenverkehrs der Heeresverwaltung darauf hinzuwirken, dass solche Gegenstände auf das Peinlichste von den Wegen abgesucht werden. Der kgl. Landrat.

25. September

Verwundetentransport. Diese Nacht 2.17 Uhr kam wieder ein Verwundetentransport hier durch. 14 Mann, meist Schwerverletzte, wurden von der hiesigen Sanitätskolonne herausgenommen und nach dem Johanniterkrankenhaus befördert. Herr Gassmann hatte entgegenkommenderweise wieder sein Geschirr zur Bahn geschickt, wodurch der Transport leichter vonstattenging.

26. September

Der Verkauf von Benzol ist freigegeben. Die für die Zwecke des Militär-Kraftfahrzeugwesen angeordnete Beschlagnahme von Benzol ist auf Anweisung des Kriegsministeriums aufgehoben worden. Der Verkauf von Benzol an das Publikum ist freigegeben. Den Benzolgewinnungsanstalten werden für den Verkauf an ihre Abnehmer noch einige Beschränkungen auferlegt.

27. September

Fünfzigjähriges Ordensjubiläum. 50 Jahre sind verflossen, dass die ehrwürdige Generaloberin der Konkretation der Schulschwestern, Loboria Hartmann, das Ordenskleid empfing. Sie war nach ihrer Einkleidung an verschiedenen Orten, zuletzt in Kassel mit reichem Erfolge tätig. Seit elf Jahren ist sie Generaloberin.  (Autorin: Hannelore Deya)

 

40. Kalenderwoche

 

29. September

Uder. Am Vormittag wurde die Einwohnerschaft durch Feueralarm erschreckt. Aus dem erst vor drei Jahren neu erbauten Anwesen des Herrn Schulzen Döring schlugen aus einem Hintergebäude die Flammen, welche in kurzer Zeit sowohl dieses als auch die große, mit den eingebrachten Erntevorräten reich gefüllte Scheune und einen Teil der Stallungen im Asche legte. Der Viehbestand wurde rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Nur einige Hühner sind mit verbrannt. Das Feuer ist, wie mit Bestimmtheit verlautet, durch vier kleine Kinder entstanden, welche hinter den Bauten mit Streichhölzern und einem Strohbündel gespielt hatten.

30. September

Worbis. In der letzten Stadtverordnetensitzung wurden der neu gewählte Beigeordnete Rechtsanwalt Dr. Boettges und der wieder gewählte Ratmann Waldmann in ihr Amt eingeführt. Einer Anregung, den hier untergebrachten Verwundeten die städtische Bibliothek unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, wurde von Seite des Magistrats Erfüllung zugesagt. Dem im Lazarett zu Zweibrücken befindlichen Herrn Bürgermeister Gerling sollen die Wünsche der Stadtverordnetenversammlung zur Genesung übermittelt werden.

1. Oktober

Am Gymnasium beginnt nächsten Donnerstag den 8. Oktober der regelmäßige Unterricht des Wintersemesters. Die für den Umbau erforderlichen außerordentlich langen Ferien hatten am 8. August beginnen sollen; wegen des Kriegsausbruchs musste aber schon am 3. August das Sommerhalbjahr geschlossen werden.

2. Oktober

Zur Linderung der Notstände in Ostpreußen hat die hiesige evangelische Gemeinde im vorgestrigen Frühgottesdienst 100 Mark zusammengesteuert.  (Autorin: Hannelore Deya)

 

41. Kalenderwoche

 

4. Oktober

An den im hiesigen Feldzug erhaltenen Verwundungen verstarb im hiesigen Johanniter-Krankenhaus in der Nacht zum Montag der bei der 1. Feldpionier-Kompanie des 6. Pionier-Bataillons gestandene Johann Franz Ritter aus Breslau. Er war am Sonnabend als Schwerverwundeter dem Reservelazarett im Johanniter-Krankenhaus zugeführt worden.

6. Oktober

Herr Kreisarzt Dr. Felgenhauer von hier ist aus der französischen Gefangenschaft entlassen und nach Deutschland ausgeliefert. Er befindet sich nach einem heute hier eingegangenen Telegramm wohlauf, vorläufig Genf in der Schweiz.

7. Oktober

Ein genetzter Melonen-Kürbis ist seit einigen Tagen in dem neuen Schaufenster der Firma J. Ch. Ströver ausgestellt. Derselbe ist gezogen von dem Herrn Stadtgärtner Philipp Fincke und besitzt das ansehnliche Gewicht von 86 Pfund. Auf landwirtschaftlichen Ausstellungen in Hannover hat oben genannter Züchter schon mehrfach erste Gold- und Silberpreise auf genetzte Melonen-Kürbisse erhalten.

8. Oktober

Ein Sonderzug mit einem größeren Transport Verwundeter kam heute Morgen um 8 Uhr auf hiesiger Bahnstation an. Es wurden 90 verwundete Krieger den einzelnen Wagen entnommen. Davon wurden dem Johanniter-Krankenhaus 40 und dem Klosterkrankenhaus 50 zugeführt. Es waren zum großen Teil Landwehrmänner; die meisten davon stammen aus Bayern, Württemberg und Baden.

9. Oktober

Vor der hiesigen Prüfungskommission der Barbier-, Friseur- und Perückenmacherinnung bestand der Lehrling Robert Senge, gebürtig zu Freienhagen, seine Gesellenprüfung mit dem Prädikat „gut“. Derselbe lernte bei dem Friseurmeister Anton Hiesemann.

10. Oktober

Hanröden

In drei Gehöften ist hier Typus festgestellt worden, in einem noch Scharlach dazu. Zwei weitere Gehöfte sind verdächtig, Dr. Müller aus Großbodungen sowie der Kreisarzt aus Worbis weilten vor ein paar Tagen zur Besichtigung hier. Jedenfalls wird unsere Gemeinde den Bau einer Hochwasserleitung ins Auge fassen müssen.

11. Oktober

Hilkerode

Das Eiserne Kreuz wurde bisher zwei Söhnen unserer Gemeinde verliehen. Wegen besonderer Tapferkeit vor dem Feind wurde der Feldwebel im Infanterie-Regiment Nr. 145, Franz Rust und der Gefreite im gleichen Regiment, Alois Diedrich, mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. Der Gefreite Diedrich liegt erheblich verwundet im Lazarett.

Herr Kreisarzt Dr. Felgenhauer weilt nach Freilassung aus französischer Gefangenschaft gegenwärtig auf Erholungsurlaub in Heiligenstadt.  (Autorin: Hannelore Deya)

 

42. Kalenderwoche

 

13. Oktober

Eine Alarmierung der Sanitäts-Kolonne fand heute Nacht gegen 3 Uhr statt, da ein Sanitätszug nach hiesiger Bahnstation angemeldet worden war. Binnen kurzer Frist standen die Trägerrotten marschbereit und in wenigen Minuten waren sie mit den nötigen Requisiten am Bahnhof erschienen. Aus den Wagen wurden aber keine verwundeten Krieger herausgeholt, da der den Sonderzug begleitende Oberstabsarzt bekannt gab, dass die Insassen des Zuges (fast lauter Soldaten aus dem Königreich Sachsen) den Wunsch äußerten, möglichst in Lazaretten in der Nähe der Heimatorte untergebracht zu werden, welchem Verlangen auch entsprochen wurde.

14. Oktober

Es wurde hervorgehoben, dass der Lehrer-Verein gleich zu Anfang des Krieges dem Mobilmachungsausschuss in Heiligenstadt als erste Rate 20 Mark zugesandt habe und um an der Sorge für unsere Helden ferner teilzuhaben, sollen jetzt als zweite Rate 30 Mark aus der Kasse gezahlt werden. Unser Ehrenmitglied, Herr Lehrer Koch gab die Anregung, für diese Summe gleich Wolle zu kaufen und dann im Ort selbst zu Strümpfen, Puls- und Kniewärmern usw. von unseren Frauen und Töchtern stricken zu lassen und dann die fertigen Liebesgaben abzuliefern. Es wurde demgemäß beschlossen, dem Herrn Lehrer 30 Mark auszuzahlen mit der Bitte, Beschaffung und Ausgabe der Wolle zu übernehmen und überhaupt die Sache zu leiten, was er bereitwillig zusagte.

15. Oktober

Kriegerbegräbnis

Die Beerdigung des Pioniers Ritter, welcher an den auf dem westlichen Kriegsschauplatz erhaltenen Verwundungen im hiesigen Johanniter-Krankenhaus verstorben ist, gestaltete sich gestern Nachmittag zu einer großartigen Trauerkundgebung. Den Zug eröffnete die Stadtkapelle, welchem sich die militärischen Vereine mit ihren Fahnen anschlossen, gefolgt von den Angehörigen, an die sich in großer Zahl die hiesige Bürgerschaft aller Stände anschloss. Herr Propst Poppe widmete dem auf dem Feld der Ehre Gefallen einen tief empfundenen Nachruf. 

16. Oktober

Wintzingerode

Am 11. Oktober findet hier die Einweihung des neuen evangelischen Gemeindehauses statt. Infolge einer Schenkung der Frau Geh. Oberjustizrat Baronin von Wintzingerode in Elberfeld konnte zum Andenken an ihren verstorbenen Gatten die alte Pfarrscheune ausgebaut werden. Im Festgottesdienst sprach sich im Beisein der Familie von Wintzingerode und einer Anzahl von Gästen Herr General Superintendent D. Jacobi aus Magdeburg in die Herzen der Anwesenden und Bezug nehmend auf die gegenwärtigen ernsten Ereignisse, spendete er tröstende Worte. Vor dem neuen Haus erfolgte die feierliche Schlüsselübergabe an den Ortsgeistlichen Pastor Schwarzer.

17. Oktober

An die Eichsfelder Turnvereine. Nachdem die kgl. Regierung wiederholt auf die Ausbildung der Jugend durch Turnen usw. hingewiesen, erging letzthin wiederum ein Erlass, alle jungen Leute von 16 Jahren an zu sammeln, um sie zu stählen fürs Vaterland. War es bisher schon stets das erste Ziel der Turnvereine, gesunde und kräftige Jünglinge dem Heer zuzuführen, so muss das jetzt noch mehr geschehen. An alle Jünglinge ergeht hiermit die Aufforderung, sich den Turnvereinen anzugliedern, mit dem Wahlspruch: „Herz und Hand dem Vaterland“.  (Autorin: Hannelore Deya)

 

43. Kalenderwoche

 

18. Oktober

Duderstadt

Auf dem Kriegsschauplatz sind drei Duderstadter Kriegsteilnehmer in Gefangenschaft geraten und zwar Lehrer Kohne und Milchhändler Braue als Verwundete in Südfrankreich und Kaufmann H. Morick in England. Allen Dreien geht es, wie sie schreiben, den Verhältnissen nach, gut.

20. Oktober

Rüstungen

Vom Kriegsschauplatz traf hier schon wieder die Trauernachricht ein, dass ein Sohn unserer Gemeinde, der Reservist Peter Gunkel, auf dem Feld der Ehre sein junges Leben gelassen hat. Derselbe fiel vor Antwerpen und ist bereits der dritte unseres kleinen Dorfes, der den Heldentod fürs Vaterland starb.

21. Oktober

Wüstenheutenrode

Bei der hiesigen Goldsammelstelle wurden 3460 Mark bis heute in Gold abgeliefert.

Ohrdruf

Von jetzt ab ist laut Verfügung des Kriegsministeriums eine Besichtigung des Gefangenenlagers auch von außen untersagt. Besucher dürfen nur noch in bedeckten Räumen oder in den Kantinen empfangen werden. Auf dem Begräbnisplatz für die französischen Gefangenen ist jetzt auch ein algerischer Soldat, der an den Folgen einer schweren Verwundung starb, bestattet worden. Er wurde ohne Sarg, das Gesicht der aufgehenden Sonne zugewandt, bestattet.

22. Oktober

Beihilfe für den Verkehrsverein. Dem Verkehrsverein sollen nach Magistratsbeschluss wie bisher 50 Mark Beihilfe gewährt werden. Der Vorstand hatte in einer Eingabe um eine höhere Beihilfe gebeten und ferner hat er Anregungen betreffend Aufstellung von Pissoiranlagen und Plakatsäulen gegeben. Die Stadtverordneten-Versammlung tritt dem Magistratsbeschluss bei.

23. Oktober

Beihilfe für die Familien der zum Kriegsdienst einberufenen städtischen Arbeiter. Zur Fahne eingezogen sind von den städtischen Arbeitern: Wilhelm Neumann und Konrad Monecke. Der Magistrat beschließt, nicht nur den Kriegsdienst einberufenen städtischen Angestellten, sondern auch den Familien der hiesigen städtischen Arbeiter Beihilfen zu gewähren, und zwar der Ehefrau ein Drittel des Einkommens vom Mann und für jedes Kind 6 Prozent desselben. In Betracht kommen noch: die Familien des Monteurs Stitz, der täglich 5,80 Mark verdiente, mit einem Betrag von rund 150 Mark monatlich, das ist 50 Mark für die Ehefrau und 9 Mark für jedes Kind monatlich, des Friedhofgärtners Monecke, der täglich 8,50 Mark verdiente und jährlich durchschnittlich 720 Mark, mit 20 Mark für die Ehefrau und 3,50 für jedes Kind. …

24. Oktober

Den Heldentod fand auf dem Feld der Ehre der Steuersekretär Hermann Richardt, gebürtig aus Büttstedt. Er war auch hier in Heiligenstadt eine gut bekannte Persönlichkeit, da er seinerzeit das hiesige Gymnasium besuchte und auch mit einer Bürgertochter von hier, geb. Elisabeth Beckmann, seit drei Jahren verheiratet war. Er stand als Leutnant in der 6. Kompanie des 178. Infanterie-Regiments und war zuletzt mit der Führung der Kompanie betraut, die von 250 bis auf 72 Mann in einem Gefecht im Argonnen-Wald in Frankreich aufgerieben wurde.

25. Oktober

Kriegslazarette. Von der Heeresverwaltung sind im Bereich des elften Armeekorps zur Aufnahme der Kriegsverwundeten insgesamt 24 Kriegslazarette eingerichtet worden und zwar in den Städten Kassel, Hamm-Münden, Hofgeismar, Göttingen, Sondershausen, Gera, Jena, Weimar, Erfurt, Rudolstadt, Coburg, Hildburghausen, Meiningen, Gotha, Eisenach, Langensalza, Fulda, Fritzlar, Marburg, Herzfeld, Mühlhausen, Nordhausen und Schmalkalden. Daneben bestehen noch zahlreiche Privatlazarette.  (Autorin: Hannelore Deya)

 

44. Kalenderwoche

 

27. Oktober

Leinefelde. Mittwochnacht passierten in geschlossenen Wagen 2000 gefangene Russen, die nach Wehlheiden bei Kassel kamen, unsere Station. Sie trugen graue Uniformen. Einige von ihnen, die früher in Deutschland gearbeitet hatten, sprachen gut verständlich Deutsch.

28. Oktober

Niederorschel. Auf dem Felde der Ehre geblieben ist in Frankreich der Herr Fabrikant B. H. Hänsel von hier. Er machte den Feldzug als Oberleutnant und Kompanieführer mit. Außer seiner hinterbliebenen Familie betrauern hier zahlreiche Arbeiter den Verlust eines fürsorglichen Arbeitgebers.

29. Oktober

Wintzingerode. Hans Graf von Wintzingerode gefallen. Eine erschütternde Trauerkunde hat den altersgrauen Bodenstein und seine Bewohner erreicht. Der Schlossherr Hans Graf von Wintzingerode, der als Hauptmann im Reserve-Infanterieregiment Nr. 201 in Belgien im Felde stand, ist dort für König und Vaterland den Heldentod gestorben. In den Julitagen des Jahres 1907 trat der nun Verewigte als Nachfolger seines Vaters, Wilko Ludwig Levin Ernst Graf von Wintzingerode, das Erbe seiner Väter und damit das Fideikommiss seines Hauses an. Zuvor war Graf von Wintzingerode der im Jahre 1860 geboren ist, Hauptmann im Garde-Füssilier-Regiment in Berlin.

30. Oktober

Schafft Weihnachtsgaben für unsere Truppen. Damit unsere Kriege auch fern von der Heimat zum Weihnachtsfest nicht ein Zeichen der Liebe entbehren, macht der Vaterländische Frauenverein Deutschlands folgenden Vorschlag: Von den 700.000 Mitgliedern der Vaterländischen Frauenvereine, möge jedes von ihnen, in den nächsten fünf Wochen in jeder Woche eine Gabe für einen der Streiter fertigstellen, dann sind im Anfang des Weihnachtsmonats und 3,5 Millionen Gaben der Liebe bereit. Obiger Vorschlag, unseren tapferen Truppen im Felde eine Weihnachtsfreude zu bereiten, wird so jedenfalls auch bei allen Frauen und Mädchen unseres Vaterländischen Frauenvereins in Heiligenstadt freudigen Widerhall finden.  (Autorin: Hannelore Deya)

 1. November
Für die Angehörigen der hiesigen Jugendwehr fand gestern Nachmittag im Saal des Konvikts ein Vortrag über den jetzigen Feldzug unter besonderer Berücksichtigung der eigenen Kriegserlebnisse in Belgien und Frankreich statt. Herr Konviktspräsis Wetzel stellte den Vortragenden in der Person des Kriegsteilnehmers Feldwebel Utak von der Maschinengewehr-Abteilung vor, welcher sich zunächst über die verschiedenen Gruppengattungen im deutschen Heer, ihren Aufmarsch und über ihre bisherige erfolgreiche Tätigkeit auf dem westlichen Kriegsschauplatz verbreitete.  (Autorin: Hannelore Deya)
 
45. Kalenderwoche

 

3. November
Ein Verwundeten-Tansport traf am Sonnabendabend um 9.50 Uhr in einem Sanitätszug auf der hiesigen Bahnstation. Es wurden im Ganzen 55 verwundete Krieger ausgeladen, von der Sanitätskolonne, die hierbei auch von den Roten Kreuzschwestern in ihrem Liebeswerk wacker unterstützt wurde, in Empfang genommen und den beiden Krankenheilanstalten zugeführt. Die Verwundeten kamen alle vom westlichen Kriegsschauplatz und befanden sich darunter auch mehrere Schwerverletzte. 
4. November
Der Verein „Eintracht“ beschloss in seiner letzten Versammlung, den Hinterbliebenen der auf dem Feld der Ehre gefallenen Mitglieder einen Betrag aus der Unterstützungskasse zu zahlen. Für die Witwe des in Frankreich gefallenen Vorstandsmitgliedes Johannes Altenverde wurden 15 Mark ausgeworfen. 
5. November
Vom Eichsfeld
Kriegers Dankbarkeit. Als vor Wochen unser Kronprinz für seine Garde um Zigarren bat, bedurfte es nur einer kleinen Anregung, die Kinder des eichsfeldischen Dorfes M. zu dem Entschluss zu bringen, unseren tapferen Kriegern auch einen dampfenden Genuss zu bereiten. Bald wurden 27 Mark zusammengebracht und dafür mehrere Kisten Zigarren ins Feld geschickt. Auf jeder Verpackung wurden Name und Ort des Spenders geschrieben. Freudig überrascht wurden die Kinder, als jeder einen Feldpostbrief erhielt. 
6. November
Ein Lazarettzug mit einer größeren Anzahl Verwundeten kam gestern Abend um 7.30 Uhr auf der hiesigen Bahnstation an. 122 verwundete Krieger wurden an die beiden hiesigen Krankenhäuser abgegeben, wovon auf das Johanniter-Krankenhaus 36 und auf das Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern 86 entfielen. Bei den meisten handelte es sich um Verletzungen leichterer Art, nur einige Schwerverletzte waren dabei, die mittels Tragbahre nach ihrem Bestimmungsort gebracht wurden. 
7. November
Kalteneber
Hier wurde amtlich bekannt, dass zwei hiesige Kriegsteilnehmer auf dem Feld der Ehre gefallen sind, und zwar der Reservist Joseph Siebert am 22. August in Belgien und der Unteroffizier Eduard König, am 9. September in Frankreich. Die ganze Gemeinde nimmt innige Anteilnahme an dem Schmerz der Gefallenen. 
8. November
Dingelstädt
Am 1. November waren es 25 Jahre, dass Herr Stadtsekretär Opfermann das Amt des Stadtsekretärs bekleidet. In städtischen Diensten ist der Jubilar seit 1872, also seit 42 Jahren.  (Autorin: Hannelore Deya)
 

46. Kalenderwoche

 

10. November
Breitenbach
An den im Kampf fürs Vaterland erlittenen Verwundungen ist der Reservist im Infanterie-Regiment 71 (5. Komp.) Philipp Nachtwey von hier gestorben. Er war am 20. September auf dem westlichen Kriegsschauplatz verwundet und dann in das Mariahilfs-Krankenhaus zu Aachen übergeführt worden, wo er am 28. Oktober seinen schweren Verletzungen erlag. Der Verstorbene hinterlässt die Witwe und 2 Kinder. 
11. November
Der Eisenbahnfahrplan hat seit dem 2. November erfreuliche Verbesserungen gebracht; leider muss das Gegenteil für die Strecke Heiligenstadt-Eschwege gesagt werden. Der bisherige Militärfahrplan genügte wenigstens den notwendigsten Ansprüchen. Wie man einen solchen Fahrplan, wie den jetzt in Kraft gesetzten, als etwas Besseres einführen kann, das ist uns und allen Kreisbewohnern ein unlösbares Rätsel. Von Heiligenstadt aus kann man die Bahn überhaupt kam noch benutzen, während der bisherige Zug 2.23 Uhr mittags ab Heiligenstadt immer voll besetzt war, so dass oft noch ein Wagen angehängt werden musste. Es gewinnt den Anschein, als ob der neue Fahrplan ausschließlich für Eschwege zugeschnitten ist. 
12. November
Militärischer Besuch in Heiligenstadt. Ein kriegsstarkes Bataillon (etwa 1000 Mann) vom 82. Infanterie-Regiment in Göttingen wird morgen, gegen 2 Uhr auf einem Übungsmarsch in Heiligenstadt eintreffen und hier Notquartier für eine Nacht beziehen. Auch hier wird den Kriegern ein freundlicher Empfang vonseiten der Stadt und der Bürgerschaft bereitet werden. Für ein Frühstück werden die hiesigen Schlachtermeister Sorge tragen. Die Musik beim Einzug hat die Becke´sche Stadtkapelle bereitwillig übernommen. Für Zigarren werden die hiesigen Fabriken sorgen. 
13. November
Die Heiligenstädter sind bekanntlich sehr „militärfromm“; in dieser Kriegszeit ist die Liebe zum bunten Tuch (feldgrau waren die Kriegsleute noch nicht eingekleidet) natürlich noch größer. In den Nachmittags- und Abendstunden promenierten die Soldaten (worunter viele junge Freiwillige, aber auch recht alte Leute) die Wilhelmstraße auf und ab; es schien ihnen in Heiligenstadt recht gut zu gefallen. Auf unserer Redaktion erschienen zwei 52jährige Unteroffiziere, um sich „das Neueste“ auszubitten. Beide waren vor 30 Jahren schon Soldaten gewesen und sind es jetzt wieder. Der Kriegsmarsch über Arenshausen hatte sie nicht im geringsten angestrengt. 
14. November
Soldaten in der Stadt. Wer das lebhafte Treiben auf den Straßen und den flotten Betrieb in den Hotels und Gastwirtschaften gestern Abend beobachtete, dem kam gewiss wieder der alte Wunsch: „wäre doch Heiligenstadt wieder „Garnisonort!“ (Vielleicht nach dem Krieg? d. R.). Die hiesigen Schlachtermeister hatten ca. 250 Pfund Wurst und Schinken für die Soldaten gespendet: das hiesige Tabakgewerbe hatte dafür gesorgt, dass die Soldaten sich von der Güte des in Heiligenstadt verarbeitenden Krautes überzeugen konnten. Drei Frauenvereine hatten die Sammlung und Verteilung der Liebesgaben in die Hand genommen. 
15. November
Einer der Schwerverwundeten, die mit dem Lazarettzug am letzten Montag hier angekommen waren, ist in der Nacht seinen Verletzungen erlegen. Die Personalien konnten noch nicht ermittelt werden, da er bei seiner Einlieferung in das Johanniter-Krankenhaus schon bewusstlos war. Aus seiner Hinterlassenschaft ging nur hervor, dass er dem Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 236 und zwar der 4. Kompanie angehörte. Die weiteren Nachforschungen nach Namen und Heimat sind im Gange.  (Autorin: Hannelore Deya)
 

47. Kalenderwoche

 

17. November
Würfelzucker für unsere Krieger. Mehrfach wurde in letzter Zeit darauf hingewiesen, wie notwendig es sei, unsere im Feld stehenden Soldaten ausreichend und regelmäßig mit Würfelzucker zu versorgen. Auch die Zuckerindustrie ist bemüht, das ihrige zu tun, um das Heer mit dem so sehr und so allgemein gewünschten Zucker zu versorgen. Es wird mitgeteilt. Dass eine Zuckerfabrik sämtliche Fabriken aufgefordert hat, je 500 Mark zu zeichnen jeweils für Zucker. Der Nährwert und die Bekömmlichkeit sind zur Genüge bekannt.
18. November
Im Klosterkrankenhaus verstorben ist gestern Nachmittag 4 Uhr der Kriegsteilnehmer Alois Hartung aus Geisleben. Der Verstorbene machte den jetzigen Feldzug gegen Frankreich bei der Festungsabteilung des 135. Infanterie-Regiments mit, erwarb sich für Tapferkeit das Eiserne Kreuz und wurde als Verwundeter nach seinem Heimatort gebracht. Es trat zu dieser Verwundung noch der Typus hinzu. Die Beerdigung des erst 24 Jahre alten Kriegers wird in Geisleben stattfinden. 
19. November
Hunger in Frankreich. Ein Sturmmann aus Reu schreibt u. a.: Am anderen Tag ging es zu Fuß nach M., wo wir in der Schule einquartiert wurden. Hier war ein Elend, eine Stadt beinahe so groß wie Neuß, der Hunger war hier Gast. Wir Deutsche haben die Einwohner mit Brot und mittags mit unserer Suppe gespeist. Bei einer Wöchnerin, wo wir zufällig hinkamen, habe ich am Bett gestanden, ein armes junges Weib. Ich habe unter acht Mann eine Sammlung veranstaltet. So sieht es in Frankreich aus. Hunger, Hunger und immer Hunger. 
20. November
Bäcker-Innung hielt vorgestern ihre diesjährige Herbst-Generalversammlung im Vereinszimmer des Gasthofs „Zur Blume“ ab. Der Obermeister eröffnete die Versammlung mit einer Ansprache, welche die jetzige Zeit streifte. Es wurde beschlossen, dass der Brotpreis in der heutigen Zeit den jeweiligen Mehlpreis nicht übersteigen darf. Auch wurde noch eine zweite Stiftung für das Rote Kreuz bewilligt. Die einberufenen Kollegen des Kreises Heiligenstadt werden durch Liebesgaben erfreut. 
21. November
Stadtverordneten. Stadtrat Schwebda richtete an den Magistrat die dringende Bitte, dafür einzutreten, dass die Züge wieder günstiger nach und von Heiligenstadt gelegt werden, da man von oder nach Heiligenstadt die Bahn so gut wie gar nicht benutzen kann und der Verkehr direkt nach Eschwege abgelenkt wird. Dem könne man nicht ruhig zusehen, da die Bahn für das Eichsfeld, nicht aber für Eschwege gebaut sei. Heiligenstadt und auch der Kreis haben große Opfer für den Bahnbau gebracht. Stadtrat Bernhard erklärt dazu, dass nicht die Eisenbahn, sondern die Militärverwaltung den Fahrplan aufgestellt habe. Eine Änderung wäre jetzt nicht möglich. 
22. November
Auf Anfrage wird ausgeführt, dass vonseiten der Stadt bis direkt vor das Hauptbahnhofsgebäude Fließen gelegt werden; die Stadt habe diese Arbeiten, welche der Bahnverwaltung angehen, nicht auszuführen. Wer den Auftrag zu dieser Arbeit gegeben habe, kann nicht geklärt werden. Bürgermeister Jux kann keine direkte Erklärung abgeben, meint aber, dass der städtische Baumeister vielleicht verabredet habe, dass der Vorplatz der Bahn von der Stadt gemacht werde. Näherer Aufschluss werde folgen.  (Autorin: Hannelore Deya)
 

48. Kalenderwoche

 

23. November
Garnisonsfrage. Der letzte Besuch des Bataillons vom 82. Regiment habe bewiesen, welche Begeisterung für Militär sei, da die Bürger und selbst das Rathaus aus diesem Anlass geflaggt haben. Die ganze Geschäftswelt habe Vorteil von einer Garnison. Jetzt, wo die Garnisonen mit Militär überfüllt seien, wäre eine Verlegung nach Heiligenstadt leicht möglich. Allgemein ist man der Meinung, dass man sich dieserhalb bemühen solle. 
25. November
Schützengesellschaft. Wegen ihrer 50jährigen Zugehörigkeit zur Schützengesellschaft sind die Herren Tischlermeister Josef Hoffmann, Malermeister Leonhard Rust und Privatier Karl Rheinländer mit einer goldenen Erinnerungs-Medaille ausgezeichnet worden. 
26. November
Rotes Kreuz-Weihnachtspakete mit je fünf Gegenständen. Außerdem bitten wir alle Mitbürger und Kreisinsassen, auch wenn sie sich nicht an die vorgeschriebene Ordnung halten wollen, uns Weihnachtsgaben zu senden, die dann in der Geschäftsstelle verpackt werden können. Im Übrigen liegen in der Geschäftsstelle Musterpakete zur gefälligen Ansicht aus. Notwendig ist auf allen Paketen, den Inhalt oder die Nummern anzugeben, damit jeder Soldat erwünschte Sachen als Geschenk erhalten kann und Umpacken vermieden wird. 
27. November
Leinefelde
Bei der stattgehabten Beutepferdversteigerung hatte sich eine große Menge Käufer und Neugierige eingefunden. Trotzdem die Pferde nur an Landwirte, und ohne Gewähr für etwaige Mängel, verkauft wurden, wurden gute Preise erzielt, weit höhere, als für die Pferde angesetzt waren. Von den 50 zum Verkauf gestellten Pferden blieben 40 im Kreis Worbis, 10 verteilten sich auf das übrige Eichsfeld. Für Pferde wurden bis zu 1500 Mk., für Fohlen 200-300 Mk. erlöst. 
28. November
Transporte russischer Gefangener gingen am Sonnabend durch Bahnhof Lengenfeld nach Langensalza. Von den Insassen des ersten Zuges war nichts zu sehen. Im zweiten Zug sah man verwegene Gestalten sibirischer Truppen, einige Kosaken in Lammfellmützen und zwischen durch die Gesichter des Posener Landsturmes als Begleitungsmannschaften. Ein langes Gesicht gab es, als auf eine Anfrage nach Wasser einer der Sibirier die Antwort erhielt in Deutschland gäbe es kein Wasser. Der zweite Zug schien etwa 1500 Mann zu fassen. Die Gefangenen beziehen das Lager in Langensalza.
29. November
Allgemeine Kaufmannschaft. In der Sitzung kam auch der jetzige Fahrplan der Bahnstrecke Heiligenstadt-Eschwege zur Sprache. Ein Kaufmann führte näher aus, wie die Bahn anfänglich unsere Stadt viel Verkehr gebracht und den Geschäftsleuten gute Kundschaft zugeführt hat. Seit Einführung des jetzigen Fahrplans ist das wie abgeschnitten und die Züge sind nur wenig besetzt, was bei einem solchen Fahrplan, der geradezu einen Hohn auf die mit dem Bahnbau verbundenen Absichten und Zwecke bildet, natürlich gar nicht anders sein kann. Vom katholischen kaufmännischen Verein und allgemeinen Verein ist bereits eine gemeinsame Eingabe an die Eisenbahndirektion und die Linienkommandantur in Kassel wegen Änderung des Fahrplans eingegangen.  (Autorin: Hannelore Deya)

 

 

49. Kalenderwoche

 

1. Dezember

Pferdeversteigerung. Dem am vorigen Sonnabend auf dem Bahnhof-Ost angesetzten Verkauf von aufgebrachten Militärpferden hatte sich eine große Zahl Landwirte aus dem Kreis Heiligenstadt eingefunden. Es kamen 20 Pferde zur Vorführung, die sämtlich an den Mann gebracht wurden. Es wurden im Großen und Ganzen angemessene Preise pro Stück bis zu 800 Mark und darüber erzielt.

2. Dezember

Kalteneber. Als Dritter von hier starb den Heldentod fürs Vaterland in Russland am 9. Oktober bei einem Patrouillenritt der Dragonerreservist Adam Engelhardt. Dass er einem starken Überfall zum Opfer gefallen ist, ist daraus zu schließen, dass die Leiche zwei Schüsse, zwei Lanzenstiche und mehrere Säbelhiebe aufwies.

3. Dezember

Simerode. Anstelle des zur Fahne einberufenen Herrn Lehrer Brinckmann wurde Herr Lehrer K. Stolze, bisher in Berlingerode tätig, unter dem 1. Dezember an hiesiger Schule angestellt.

 Durch Verleihung des eisernen Kreuzes wurde der aus Küllstedt gebürtige Landwehrmann Eduard Hoffmeyer im Landwehr-Regiment Nr. 71 ausgezeichnet, nachdem sein Bruder bereits vor einiger Zeit die gleiche Auszeichnung erhielt.

 Gefallen ist Hugo Hinske aus Heiligenstadt, Unteroffizier der Reserve im Grenadier-Regiment Nr. 1 Königsberg, am 25. Oktober 1914 in einem Gefecht im Osten.

4. Dezember

 

Lutter. Soeben traf die betrübliche Nachricht hier ein, dass auf dem östlichen Kriegsschauplatz der Lehrer Peter Lembackel von hier den Heldentod fürs Vaterland gestorben ist. Nach Beendigung seines Studiums am Lehrerseminar zu Deutsch-Krone verwaltete er eine Lehrerstelle in Westfalen und absolvierte seit dem 1. Oktober vorigen Jahres seine einjährige Militärpflicht bei dem Infanterie-Regiment Nr. 167 in Kassel, bis ein tödliches Schrapnellgeschoss seinem blühenden Lehrerleben ein zu frühes Ziel setzte. Möge den auf dem Felde der Ehre Gefallenen der liebe Gott die Siegespalmen des ewigen Lebens schenken. Er ruhe in Frieden.

 

5. Dezember

Seinen im Kriege erhaltenen Verwundungen erlegen ist der Landwehrmann und Zigarrenarbeiter Heinrich Haase im 35. Lebensjahr aus Heiligenstadt. Der Verstorbene war im Feldzug dem 99. Infanterieregiment zugeteilt. Er wurde auf dem westlichen Kriegsschauplatz verwundet und mit noch mehreren Kameraden nach Hamburg ins Lazarett abtransportiert. Im allgemeinen Krankenhaus zu Sankt Georg III musste er sich einer allerdings schwierigen Operation unterziehen, an deren Folgen er nunmehr verstarb.  (Autorin: Hannelore Deya)

 

50. Kalenderwoche

 

6. Dezember

Versteigerung einer Kriegsbeute. Ein Verkauf von 397 Schafen, die auf dem Kriegsschauplatz erbeutet wurden, und gestern Vormittag beim Bahnhof-Ost selbst angetrieben wurden, hatte wieder eine größere Zahl von Landwirten aus den Kreisen Heiligenstadt und Worbis nach unserer Stadt angezogen, um ihren Bedarf an diesen Tieren zu decken. Es waren durchweg schöne und preiswerte Schafe, die vorgeführt wurden. Die Versteigerung erfolgte in 33 Partien zu je zehn Stück und wurde für eine solche bis zu 360 Mark bezahlt. Auch einige Mutterschafe mit Lämmern befanden sich darunter. Sämtliche zum Auftrieb herbeigebrachten Tiere wurden verkauft.

8. Dezember

Talwenden. Als Zweiter von hier starb den Heldentod fürs Vaterland Frankreich am 11. November durch einen Granatenschuss der Reservist Ferdinand Große, einziger Sohn des Landwirts Franz Große.

9. Dezember

Gerbershausen. Am Montag hat uns unserer hochwürdiger Herr Pfarrer Bruck verlassen, um eine neue Stelle Willebadessen anzutreten. Am Sonntagabend versammelten sich die Vereine und übrigen Dorfbewohner vor der Pfarrei und Herr Lehrer Wolfram widmete dem Scheidenden im Namen der Gemeinde herzliche Worte des Abschieds. Mögen dem scheidenden Seelsorger viele segensreiche Jahre in seinem neuen Wirkungskreis beschieden sein.

10. Dezember

Kreuzgeber. Vier Söhne des Monats Muldenhauers Johann Kühn hier selbst gehören dem Unteroffiziersstande an. Der älteste Sohn derselben dient dem Vaterlande als 43-jähriger Freiwillige in Pionierbataillon 21, der zweite gehört dem Mühlhäuser Landsturmbataillon an, der dritte steht im 22. Artillerieregiment, der vierte wurde als Vizechef Feldwebel wieder aktiv im 71. Reserve Infanterie-Regiment. Letzterer wurde am 20. September verwundet und wird seitdem vermisst.

11. Dezember

Bernterode. Wie hier verlautet, hat sich die Verwaltung der Aktiengesellschaft Deutsche Kaliwerke ihrer im Felde stehenden Arbeiter und Beamten sehr tüchtig angenommen. So haben zum Beispiel die Angehörigen der Steiger und der Förderaufseher im ersten Kriegsmonat zwei Drittel ihres Gehalts, im zweiten die Hälfte ausbezahlt erhalten. Während der Dauer des Krieges sollen dieselben ein Drittel ihres Gehalts weiterbeziehen.

Jedem im Felde stehenden Arbeiter, ca. 100 an der Zahl, wurde schon ein Paket mit Zigarren zugesandt. Jetzt sollte jedem wieder Zehn-Pfund-Paket an Liebesgaben zu Weihnachten zugesandt werden. Auch hat sich gleich von Anfang des Krieges der Hallesche Knappschaftsverein bereit erklärt, den Familien eingezogener Mitglieder freie ärztliche Behandlung und Arznei und sonstige Unterstützungen zuteilwerden tun lassen.

12. Dezember

Heiligenstadt. Eine auffällige Erscheinung ist die Tatsache, dass vor Ausbruch des Krieges in hiesiger Stadt so vielfache Erkrankungen von Blinddarmentzündungen vorkamen, die in den meisten Fällen auch schwere Operationen im Gefolge hatten und die dann leider nicht immer einen glücklichen Verlauf nahmen. Wie nun die hiesigen Ärzte jetzt feststellen, ist schon seit langer Zeit kein derartiger Erkrankungsfall hier vorgekommen.

 20 Beute Pferde, zur Zucht geeignet, werden am Sonnabend, den 19. des Monats, am Gasthof „Zur Traube“ öffentlich meistbietend an Landwirte des Kreises Heiligenstadt verkauft werden.  (Autorin: Hannelore Deya)

 

 

51. Kalenderwoche

 

13. Dezember

Heiligenstadt. Im Krankenhaus verstarb gestern Abend 8 Uhr der Musketiere Alois Papier vom 81. Infanterieregiment seinen auf dem westlichen Kriegsschauplatz erlittenen Verwundungen. Der Verstorbene stammt aus dem Unter-Elsass und kam mit einem Verwundetentransport hierher. Die Beerdigung des erst 21 Jahre alten Kriegers findet hier morgen Sonntagnachmittag 3 Uhr von der Krankenheilanstalt der Barmherzigen Schwestern aus statt.

15. Dezember

Arenshausen. Die Diphtheritis, die hier schon einige Wochen herrscht, war vor Kurzem fast vollständig gedämpft. Jetzt ist sie aber wieder so stark aufgetreten, dass der Schulunterricht geschlossen werden musste. In der vorigen Woche ist der Krankheit ein 14 -jähriges Mädchen zum Opfer gefallen. Auch in dem Nachbarorte Kirchgandern musste an einigen Häusern schon das Schild „Diphtheritis“ angebracht werden.

16. Dezember

Worbis. Die landwirtschaftliche Winterschule Worbis unternahm am Freitag einen Ausflug zur Besichtigung der Zuckerfabrik Obernjesa und des landwirtschaftlichen Instituts der Universität Göttingen. Trotz der Kriegszeit hält die unseren Landwirten so nützliche Schule den Unterricht durch. Auch ist es mit Freuden zu begrüßen, dass die Schule in dieser Zeit den Schülern durch Besuch auswärtiger Musterbetriebe und Anstalten Gelegenheit gibt, den Gesichtskreis zu erweitern.

17. Dezember

Nach authentischen Nachrichten befinden sich 72 verwundete deutsche Krieger im Hospital St. Jacques im Besancon (Südfrankreich) in französischer Pflege. Da wir für die Quelle, aus der diese Mitteilungen kommen, jede Garantie übernehmen, geben wir die Namen der für die Mitteldeutschland in Betracht kommenden Verwundeten mit Krankenbericht hier wieder: Soldat Alfons Mühl, Eigenrieden bei Mühlhausen, 22 Jahre, 143. Infanterieregiment, Kopf-Kugelschuss, rechte Seite paralysiert, trepaniert von deutschen Ärzten in Laon-l' Etappe, Erkennungsmarke Nummer 58.

Soldat August Schuermann, Berlin, 29 Jahre, 9. Reserve-Infanteriebrigade, amputiert in Commerey, am linken Bein bis Oberschenkel, Erkennungsmarke Nummer 159.

18. Dezember

Vom Standesamt. Die Pflicht zur Anzeige von Sterbefällen und Totgeburten ruht an den beiden Weihnachtsfeiertagen nicht, wie vielfach angenommen wird. Solche Anzeigen sind vielmehr immer spätestens am nächstfolgenden Wochentag zu erstatten und zwar auch an Feiertagen, die auf einen Wochentag fallen. Das hiesige Standesamt ist deshalb auch an den beiden Weihnachtstagen, wie an anderen Festtagen, die auf einen Werktag fallen, von zwölf bis 1 Uhr zur Entgegennahme der Anzeigen von Sterbefällen und Totgeburten geöffnet.

19. Dezember

Breitenworbis. Hier sind in den beiden letzten Wochen von jedem Verein Weihnachtspakete an ihre im Felde stehenden Vereinsmitglieder eingeschickt worden. Die hiesige Jugendwehr macht gute Fortschritte. Es werden jeden Sonntagnachmittag unter Leitung des Revierförsters Friese Felddienstübungen abgehalten.  (Autorin: Hannelore Deya)

 

52. Kalenderwoche

 

20. Dezember

Rüdershausen. Hier fand unter Teilnahme der ganzen Gemeinde die Beerdigung des in den Kämpfen auf Frankreichs Boden am 26. September schwer verwundeten und im Lazarett zu Münster gestorbenen Reservisten Franz Schwiegershausen statt. Der Kriegerverein erwies dem Verstorbenen die militärischen Ehren, auch der Gesangsverein beteiligte sich im corpore. Am Grabe hielt der Pfarrer eine ergreifende Ansprache, der Kriegerverein feuerte die Ehrensalve.

22. Dezember

Bei den kaiserlichen Postanstalten sind in der Zeit vom 19. November bis 16. Dezember 1914 Goldmünzen in nachstehender Summe umgetauscht: Bei dem kaiserlichen Postamt in Heiligenstadt einschließlich Landbestellbezirke 22.000 Mark, bei den kaiserlichen Postagenturen in Beuren, Bodenrode, Geisleben, Heuthen, Wingerode zusammen 31.000 Mark, insgesamt also 53.000 Mark.

23. Dezember

Im Johanniter-Krankenhaus ist gestern der Landwehrmann Karl Gerald Stettin, vom 246. Reserve-Infanterieregiment seinen erhaltenen Verwundungen erlegen. Die Beerdigung findet voraussichtlich am Sonntagnachmittag statt.

Geismar. Den Heldentod fürs Vaterland starb am 21. Dezember der Wehrmann Briefträger Andreas Schäfer von hier. Der Reservist William Stöber gilt als vermisst.

 

24. Dezember

Weihnachtsbescherung. Gestern Abend 5:00 Uhr veranstaltete der Evangelische Frauenverein, der sich am 4. Dezember des Jahres als Frauenhilfe des evangelisch kirchlichen Hilfsvereins konstituiert hat, wie alljährlich seine Bescherung im Jünglingsheim. Nach gemeinsamem Gesang von Weihnachtsliedern und eine Ansprache des Herrn Superintendenten Professor Dr. Rauch, wurden die Beschenkten an die Tische geleitet, auf denen die Gaben lagen. Es wurden 54 Personen, meist Kinder, einbeschert.

 

27. Dezember

Großtöpfer. Das Fest der goldenen Hochzeit feierten in völliger körperlicher und geistiger Frische die Peter Bodungschen Eheleute von hier. Eine stattliche Kinder- und Enkelschar, viele Verwandte und Bekannte waren zum Teil von weit hergekommen, um dem Jubelpaare ihre Teilnahme zu bezeugen. Möge dem Ehepaar noch ein langer und gesegneter Lebensabend beschieden sein.

 

29. Dezember

Berlingerode. Am 10. Dezember 1914 fiel bei Ypern im Sturmangriff gegen die Franzosen der Reservist August Wüstefeld von hier. Er arbeitete früher als Schlosser in der Maschinenfabrik von Franz Schotte, war ein fleißiger und strebsamer Mann und wegen seines gefälligen Wesens von jedermann geachtet. Er hinterlässt eine junge Witwe. Ehre seinem Andenken! Noch zwei Brüder des Gefallenen stehen im Felde auf dem westlichen Kriegsschauplatz.

 

30. Dezember

Leuterode. Infolge der Mobilmachung sind aus unserer Gemeinde bis jetzt 38 Mann, darunter zwei Kriegsfreiwillige, zu den Fahnen geeilt. Erfreulicherweise ist noch keiner auf dem Schlachtfelde gefallen, auch von schweren Verwundungen wurden alle, Gott sei's gedankt, verschont. Auf dem westlichen Kriegsschauplatz hielt der Reservist Johannes Bohn für große Tapferkeit das Eiserne Kreuz.

 

31. Dezember

Schachtebich. Die Tätigkeit unserer Gemeinde in der Sorge für unsere im Felde stehenden Krieger und im Dienste des Vaterlandes hat unsere Jugendwehr so oft bewiesen. Sie hat nämlich durch unsern Herrn Kaplan jedem unserer Soldaten ein Päckchen Zigarren zugesandt. Auch hat unser alter Herr Pfarrer schon seit Beginn des Krieges jede Woche an unsere Soldaten Päckchen mit Liebesgaben gesandt, wofür wir denselben herzlichst danken.  (Autorin: Hannelore Deya)


 


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