Erster Weltkrieg - Heimatfront Trier
Wehrbeitrag finanziert Aufrüstung und Krieg
Mit dem Reichswehrgesetz von 1913 verabschiedete der Deutsche Reichstag zugleich mit der Einführung einer einmaligen Wehrsteuer auf höhere Vermögen und Einkommen eine zusätzliche Finanzierungsgrundlage zur Heeresvermehrung. Gut gestellte Steuerzahler und Aktiengesellschaften wurden zur Kasse gebeten, das machte den Sozialdemokraten die Zustimmung im Reichstag, wenn auch mit geteilter Meinung möglich. Die geplante Aufrüstung der deutschen Armee und Marine mit Offizieren und Soldaten, mit Kriegsschulen, Kasernen, mit modernen Waffen, Schiffen, Luftschiffen, Flugzeugen und Pferden, verschlang Unmengen an Geld. 268 Großbauten für Unterkünfte von Mannschaften und Pferden für ganz Deutschland wurden in Angriff genommen und bis Kriegsbeginn zum Großteil abgeschlossen. So entstanden innerhalb von ein bis zwei Jahren neue Garnisonen z. B. in München, in Villingen, in Trier und Koblenz, in Lahr, in Mühlhausen (Thüringen), Eilenburg in Sachsen oder Eutin in Schleswig-Holstein. Der Bau der Trierer „Jägerkasernen“ (Nord und West) für die beiden Jäger-Regimente zu Pferde Nr. 7 und Nr. 8 dauerte von 1910 bis Ende 1913. Damit beherbergte die Grenzstadt neben der Horn-Kaserne (Infanterie von Horn 3. Rhein. Nr. 29), der Palastkaserne (7. Rheinische-Infanterie-Regiment Nr. 69) und der Barackenkaserne zwei weitere Militäreinrichtungen. Nicht genug, Trier erhielt eine Fliegerersatzabteilung mit Flugplatz und war eine wahrhaft, wehrhafte Stadt, eine Frontstadt, geworden, mit einer Zivilbevölkerung von 50845 Personen und einer Militärbevölkerung von 6804 Mann (Stand Ende 1913).
Eine Milliarde Mark sollte durch den Wehrbeitrag auf die vermögende Bevölkerung abgesichert werden und den Militäretats auffüllen. Steuerpflichtig wurden Bürger mit einem Jahreseinkommen ab 5000 Mark beziehungsweise mit einem Vermögen ab 5000 Mark. Der ermittelte Wehrbeitrag war in 3 Raten 1914/15/16 zu entrichten.
Im Monat Januar 1914 (vom 2. bis 20. Januar) mussten die Einwohner und Großbetriebe im Regierungsbezirk Trier die zugestellten Formulare mit den Angaben zu ihrem Einkommen, Grundbesitz etc. ausfüllen und einreichen. Die ganze Aktion lief im Rahmen und zusätzlich zu den jährlichen Steuerangaben für das Finanzamt. Für die Vaterlandsverteidigung wurde ein jeder aufgerufen, wahrheitsgetreue und richtige Angaben zum Vermögen zu machen, Differenzen zu früheren Angaben an das Finanzamt, blieben unberücksichtigt. Es gab gar ein kaiserliches „Generalpardon“, das hieß, es gab eine Straffreiheit für bisherige kleine Steuerhinterzieher. Eine andere Zeile in den Formularen ließ zur Steuerpflicht noch freiwillige Beiträge für das Heer zu. Das waren nur einige Eckpunkte einer allgemein für den Einzelnen doch recht komplizierten Steuerermittlung, weshalb die Trierische Landeszeitung „Trier’sche Zeitung“, der „Trierischer Volksfreund“ und das „Trierisches Anzeigeblatt“ mehrmals Erläuterungen und relevante Hinweise gaben.
Anfang Sommer 1914 war die erste Rate fällig, etwa 300 Millionen Mark waren eingezahlt worden. Aus der vorliegenden Gesamtveranlagung war absehbar, dass die Wehrsteuer bis 1916 weit mehr einbringen sollte, als die Finanzexperten im Voraus schätzten: etwa 200 Millionen über die gewollte Milliarde Mark. Es stellt sich die Frage, wodurch konnte so ein Ergebnis erzielt werden, wenn die Leute doch kurz vor Ausbruch des Krieges in den normalen Alltagsdingen schon eingeschränkt waren? Tatsächlich sprach man allenthalben von der Grundehrlichkeit fürs Vaterland, für die Soldaten, schließlich für die eigenen Männer und Söhne. Es gab weiterhin eine ungeheure Spendenbereitschaft unter den Leuten und unzählige freiwillige Spenden. Am 14. Mai 1914 erließ der Kaiser daher einen Erlass, in dem er seinen persönlichen Dank in der Zeitung erschienen ließ: „Es ist Mir ein Herzensbedürfnis allen, die durch solche Beiträge vaterländischen Opfersinn in rühmlicher Weise betätigt haben, Anerkennung und Dank auszusprechen.“
Allein die 28 deutschen Großstädte mit einer Gesamteinwohnerzahl von 8,5 Millionen Menschen brachten rund 294 Millionen Mark an Wehrbeitrag auf. Als eine reiche Stadt mit 28 Millionen Mark an Wehrbeitrag und einer sehr hohen pro Kopfziffer von 92 Mark erwies sich Charlottenburg. Auf ähnlichem Niveau rangierte Wiesbaden mit 11 Millionen Mark an Wehrbeitrag und einer sehr hohen Kopfziffer von 101 Mark. Der Regierungsbezirk Trier in der Rheinprovinz Preußens erreichte bei 1.035.000 Einwohnern einen Wehrbeitrag in der Summe von 3.250.000 Mark, davon brachten die Stadt Trier sowie die neun ländlichen Kreise um Trier zusammen mit rund 500000 Einwohnern an Wehrbeitrag insgesamt 850000 Mark auf. Das größte Aufkommen erzielte aber das Saarindustriegebiet (Landkreise Saarbrücken, Ottweiler, Saarlouis und Stadtkreis Saarbrücken mit insges. 530000 Ew.) mit 2.400.000 an Wehrbeitrag. Unschwer erkennbar, dort lag das größere Vermögen.
Und es gab viele Reiche im Kaiserreich. Die fünf höchsten besteuerten Personen im Deutschen Reich brachten zusammen die ansehnliche Summe von 22 Millionen Mark ein: Berta Krupp von Bohlen und Halbach hatte am meisten zu zahlen, nämlich 8 Millionen und 800.000 Mark. Ihr folgte Fürst Guido Henckel von Donnersmark mit 4.200.000 Mark. 4.100.000 Mark fielen auf den deutschen Kaiser Friedrich Wilhelm II. An vierter Stelle stand der Großherzog von Mecklenburg mit 3.400.000 Mark und an fünfter Stelle folgte der Fürst von Thun und Taxis mit 1.500.000 Mark.
Freitag 31. Juli 1914: „Drohender Kriegszustand“ über Deutschland
Der Juli 1914 soll ein besonders heißer Sommer gewesen sein. Er brachte den Kurorten Österreichs, Süd- und Südwestdeutschlands sowie an Nord- und Ostseeküste in diesem Jahr den ersehnten Hochbetrieb im Tourismus und Fremdenverkehr. Und das trotz des Schicksaltags vom 28. Juni, dem Attentat von Sarajewo auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger und seiner Gattin. Ganz Europa erstarrte Ende Juni 1914 vor Schreck, doch zog für die meisten Menschen bald wieder der Alltag ein. Wer konnte, reiste in die Sommerfrische. Es war eben Sommerzeit und damit Kur-, Ferien- und Badesaison. Für die Schulkinder in Trier begann Mitte Juli die Ferienzeit, erst zwischen dem 3. und 12. August sollten sie wieder die Schulbank drücken. Auch die Spitzen der deutschen Reichsregierung machten Urlaub, Gelassenheit demonstrierend.
Und dann nahm der Alltag eine radikale Wendung, denn am 28. Juli 1914 erklärte Österreich-Ungarn Serbien den Krieg. Unerbittlich nahm jetzt der politische Bündnismechanismus seinen Lauf. Von nun an gab es in den Zeitungen von Trier eine Hiobsbotschaft nach der anderen und die Menschen warteten begierig auf jede neue Nachricht. Ab Donnerstagabend (30. Juli) bewachten Soldaten die Kaiser-Wilhelm-Brücke und beiderseits der Mosel postierten Uniformierte.N
Am Tag darauf, am 31. Juli um 12 Uhr mittags, fiel in Berlin die folgenschwere politische Entscheidung. Kaiser Friedrich Wilhelm II. rief den „drohenden Kriegszustand“ über Deutschland aus, außer über Bayern, das tat der König von Bayern. Durch diese militärische Maßnahme ging die vollziehende Staatsgewalt, die von Ministerien, Landräten und Bürgermeistern, auf den kommandierenden General des 8. Armeekorps mit Sitz in Koblenz über und das gesamte Kaiserreich war in militärische Alarmbereitschaft versetzt worden.
Nach 14 Uhr traf die eilige „elektrische Drahtmeldung“ auch auf dem Telegrafenamt zu Trier ein. In Berlin hielt um 16.30 Uhr der Kaiser vom Balkon des Stadt-Schlosses seine patriotische Ansprache an das versammelte Volk. Und die Menschen, wie reagierten sie in Trier auf diese Nachricht. Auf dem Marktplatz z. B. kam es zu spontanen Menschen-Ansammlungen, ähnliche Szenen gab es auch in den Gaststätten: Die alles entscheidende Frage für jeden war: Gibt es Krieg?
Seit 1871 hatte Frieden im Land geherrscht und nur noch die ältesten Bewohner von Trier konnten sich nach 44 Jahren an Kriegsrecht und Kriegszustand usw. erinnern, wie seinerzeit ein Zeitgenosse schrieb: „Am 18. Juli 1870 fuhr ich direkt nach Trier; überall die bange Frage, die große Spannung, ‘was wird König Ludwig tun?’ In Trier selbst wurde ich mit der Frage empfangen, ‘was wollen Sie noch hier, - machen Sie sich schleunigst auf den Heimweg, man erwartet stündlich die Kriegserklärung, und dann ist weder mit der Bahn noch mit dem Fuhrwerk weiterzukommen.“ Ja, und vor dieser fatalen Situation stand man wieder am 31. Juli 1914. Auf einmal wurden die Leute sehr geschäftig, jetzt war alles anders, denn die ungeheure Anspannung, die seit einigen Tagen die Menschen im Bann gehalten hatte, war jäh gebrochen.
Der zivile Verkehr, per Bahn-, Straßen- und Schiffsverkehr, nach Luxemburg und Belgien endete mit diesem Tag. Die Post beförderte keine Briefe und Pakete mehr von Trier in die benachbarten Kreise St. Wendel, Ottweiler, Saarbrücken Stadt und Land, Saarlouis, Merzig und Saarburg und nach Elsaß-Lothringen. Ausländern, insbesondere Franzosen und Russen, war bei schon geschlossenen Grenzen das Schicksal beschieden, in deutsche Zivilgefangenschaft zu geraten.
Mobilmachungsbefehl
Am Sonnabend, den 1. August, ließ der Kaiser um 17.15 Uhr die allgemeine Mobilmachung des deutschen Heeres und der Flotte anordnen. Im Nachhinein wurde vermutet, dass zwischen diesem 31. Juli und 1. August der Krieg noch hätte verhindert werden können, doch ein deutsches Ultimatum an Russland wurde von Zar Nikolaus II. nicht mehr beantwortet, der die Generalmobilmachung aufrecht erhielt und darauf Deutschland dem Zarenreich den Krieg erklärte. So verlief das politische Szenario, die Weltlage hatte sich schlagartig geändert und so begann sich die Kriegsmaschinerie in Gang zu setzten.
Auf allen Telegrafenstationen im Kaiserreich ging am 1. August 1914 gegen 18.30 Uhr von Berlin aus der Mobilmachungsbefehl ein, mit dem Text: „Mobilmachung befohlen, erster Mobilmachungstag der 2. August. Dieser Befehl ist sofort ortsüblich bekannt zu machen. Reichs-Postamt.“
An diesem Sonnabend waren die Straßen und Plätze in Trier wie die Tage zuvor von Passanten überfüllt. Oder waren sie noch belebter? Auch der Straßenverkehr war unerträglich dicht, auf den Durchgangsstraßen fuhr ein Automobil nach dem Anderen. So einen lauten und dichten Verkehr hatten die 51000 Einwohner der Stadt wohl selten erlebt. Die hastig eilenden und dabei stillen Menschen, ob Urlauber, Geschäftsreisende oder Händler, sie hatten nur ein Ziel, sie wollten schnellstens nach Hause. Laufend wurden Droschkenfuhrwerke und Droschkenkraftfahrzeuge zu den Hotels mit eiligen Fahrten zum Bahnhof gerufen. Überall war nur gedrängtes Fortkommen. Überall standen die Leute, Männer und Frauen in Gruppen beieinander und heftig miteinander diskutierend. Den ganzen Tag warteten alle auf die letzte Entscheidung, wird es Krieg geben oder nicht, wird die Mobilmachung ausgerufen. Menschenansammlungen bildeten sich vor dem städtischem Rathaus am Kornmarkt, den Postämtern der Stadtviertel und den Geschäftsstellen der drei Zeitungen: in der Brodstraße 33 (Trierische Zeitung), Böhmerstraße 30 (Trierische Volksfreund) und in der Fleischstraße 64 (Trierische Landeszeitung). Denn die neuesten Informationen von auswärts kamen nur durch Telegrafie, Telefon und aus den Zeitungsblätter. So warteten die Leute begierig auf die aktuellsten Depeschen. Redakteure saßen an den neuesten Drahtmeldungen, um sie in Worte zu fassen. In diesen heißen Tagen mussten die Anschläge für die Öffentlichkeit bis mindestens 22 Uhr im Schaufenster der Verlagshäuser ausgehangen sein.
Die Nachricht von der Mobilmachung erreichte das Telegraphenamt Trier (Fleischstraße) dann noch vor 19 Uhr. Natürlich erhallten in Trier wie in anderen deutschen Städten dröhnende Hurra-Rufe, erklangen Lieder wie „Die Wacht am Rhein“. Gruppen von Jugendlichen und alte Kriegsveteranen zogen zum Kriegerdenkmal und die vaterländische Bekundung zum Krieg wollte scheinbar kein Ende nehmen.
Einen Tag später schon, den 2. August und erster Tag der Mobilmachung, hieß es für die ersten aktiven Mannschaften Abschied nehmen von Frau und Kindern, von Eltern und Freunden. Feierlich erfolgte die Verabschiedung für das 7. Rheinische Infanterieregiment Nr. 69 aus der Palastkaserne mit Gottesdienst durch die evangelischen und katholischen Militärgeistlichen sowie durch den jüdischen Oberrabbiner. Anschließend begleitete eine begeisterte Volksmenge unter Militärmusik den langen Marschzug zum Westbahnhof, solche euphorischen Dokumente wurden von 1914 überliefert. Doch in den Straßen der Stadt herrschte plötzlich ungewohnte Stille, nur Kinderkreischen und ängstliche Stimmen verhallten hinter manchem offenem Fenster. Was für traurige Szenen müssen sich im Privaten abgespielt haben und haben sie wirklich geglaubt, Weihnachten zu Hause zu sein? Bereits Ende August verzeichnete Trier erste Kriegstote, die öffentlich in den Zeitungen bekannt gemacht wurden. Mit 23 Jahren starb am 28. August Albert Druschka an der Front. Karl Benkler fiel im Gefecht am gleichen Tag im Alter von 25 Jahren. Sie zählten zu den ersten Kriegsopfern der Garnison.
Bis zum 25. Oktober 1914 wurden aus dem Regierungsbezirk Trier 67000 Männer (von 1035000 Einwohnern) zum Heer einberufen, das waren 6,5 % der Bevölkerung und mehr als 13 % aller männlichen Einwohner. Wie wir heute wissen, sollte das erst der Anfang des Krieges sein.
Militärfahrplan
Der von der OHL (Oberste Heeresleitung) lange vor dem Krieg ausgearbeitete Militärfahrplan sollte den Aufmarsch der deutschen Armeen an die Fronten mit der Eisenbahn sichern und später auch weitläufige Truppenverschiebungen ermöglichen. Er trat in der Nacht vom 2. zum 3. August erstmals in Kraft und setzte teilweise oder ganz den zivilen Personen- und Güterverkehr außer Kraft. In diesen Tagen kamen die Leute im Regierungsbezirk Trier nach auswärts nicht mehr zur Arbeit, keine Post wurde transportiert, Industriebetriebe und Handwerksbetriebe warteten vergeblich auf Materialien und selbst Milchtransporte fielen aus.
Deutschland ging in den europäischen Krieg fast zeitgleich an zwei Fronten, im Westen gegen Frankreich und im Osten gegen Russland, was für den militärischen Aufmarsch eine große Transportlogistik erforderte. Das war nicht so geplant, denn die Militärstrategen rechneten mit mehr Zeit für den Osten, da sie Russland eine längere Zeit der Mobilisierung zumuteten.
Gerade für den gewaltigen Aufmarsch von 7 deutschen Armeen an der Westfront mussten viele militärischen Einheiten weite Wege aus dem Inneren Deutschlands zurücklegen und dabei möglichst schnell und reibungslos an die Front gelangen. Allein im Eisenbahndirektionsbezirk Köln wurden während der ersten 19 Mobilmachungstage über fünf Rheinbrücken westabwärts etwa 26000 Militärzüge aus allen Gegenden des Kaiserreichs befördert. Diese Züge schafften fast zwei Millionen Soldaten und Offiziere sowie die zu ihnen gehörigen Geschütze, das Pferdematerial, Bagage, Feldbäckereien, Munition, Proviant usw. zur Grenze.
Stadt und Bahnhof Trier erfuhren in den ersten Aufmarschtagen eine besondere Bedeutung für die (völkerwidrige) Besetzung des Großherzogtums Luxemburg, mit Stoßrichtung auf das neutrale Belgien und den „Erbfeind“ Frankreich. Luxemburg bildete einen wichtigen Durchmarschweg für das deutsche Heer, um über die Maas unterhalb von Verdun hinter die französische „Sperrfortlinie“ zu gelangen und die Verbindung nach rechts hin mit den durch Belgien vorgehenden deutschen Truppen aufzunehmen. Auch im Verlauf des Krieges blieb Trier wegen der wichtigen strategischen Lage ein Drehkreuz der deutschen Frontlogistik.
Ein Militärzug traf Anfang August auf dem Weg zur 4. Armee von Koblenz her in Trier ein: „Von weit her erschien ein Lichtmeer, Ehrang, dann Trier. Es war 11 Uhr 30 Minuten. Die Verladerampe war zu kurz, für die Fahrzeuge reichte sie. Die Mannschaften mussten größtenteils eine Böschung herunter. Die Kompanien versammelten sich, die Furiere wollten die Quartierbillette austeilen, aber bei der Dunkelheit, die auf dem Güterbahnhofe herrschte, war es unmöglich, und so zog ich, nachdem der Bataillonsführer die Kompanien entlassen hatte, in eine benachbarte Straße, wo beim Schein einer Straßenlaterne die Quartiere verteilt wurden.
Der (nächste) Vormittag verging, ich sah mir Trier an, Truppen über Truppen marschierten durch. Es herrschte eine furchtbare Hitze. Mittags kam der Befehl, das Bataillon marschiert 4 Uhr 30 Minuten nach Echternach.“
Die lange Fahrt der Züge von Schlesien, Sachsen oder Mecklenburg an die Westfront von 2 bis zu 4 Tagen verlief über weite Strecken langsam und beinahe gespenstisch. Der Militärfahrplan schrieb in der Zeit des Hauptaufmarsches eine reduzierte Grundgeschwindigkeit von 30 km/h auf den Hauptbahnen und 25 km/h auf den Nebenbahnen vor und die Züge wurden auf den Hauptstrecken im 30-Minutentakt von den Garnisonsorten abgelassen. Die gedrosselte und gleichmäßige Geschwindigkeit der Züge bot die Gewähr für einen reibungslosen Verlauf des Bahnverkehrs. So konnten mögliche Zwischenfälle, wie Zugverspätungen, rasch wettgemacht und etwaige Unfälle vermieden werden. Unterwegs waren auf größeren Bahnhöfen Halte eingeplant, die Lokomotiven brauchten Kohlen- und Wassernachschub und die Soldaten und Tiere Verpflegung. Darauf richteten sich die Gemeinden mit ihren Sanitätskolonnen ein und der Hauptetappenort (Ziel) war nur dem Kommandeur bekannt, die Soldaten wussten erst genauer am Rhein oder nach den Schwarzwaldbergen, wohin die Fahrt letztendlich ging. An den Waggons zeigten Kreideschriften der enthusiastischen jungen Männer, wohin der Zug rollen sollte: „Auf nach Paris“, „Immer feste drauf“, „Jeder Tritt, ein Britt, Jeder Stoß - ein Franzos, Jeder Schuß - ein Ruß“ u. a. Auf einem Wagen eines Militärzuges in Trier standen die Zeilen: „Wir sind 2, ihr seid acht, wir hauen Euch, dass die Schwarte kracht“. Viele junge Soldaten sprühten vor Enthusiasmus, einige waren gar voller Übermut, bis sie aus den Zügen stiegen.